Schlaue Steuerung schiebt Nebenzeiten gegen Null

Von Chefreporter Wolfgang Fili chefreporter@fili.net

Was an jeder Werkzeugmaschine am schnellsten veralte, sei die Elektronik, erklärt Michael Czudaj. Deshalb habe Tornos bei der Entwicklung seiner patentierten Langdreher- Steuerung ganz auf Software statt auf die Rechnertechnik gesetzt. High-Tech-Automaten wie die Deco 20a seien dadurch theoretisch sogar noch auf Basis betagter 8-Bit-CNC leistungsfähig und der Kunde weitgehend unabhängig von den Trends der Hardwarebranche – ein Umstand, den der Markt zunehmend honoriere.

Czudaj führt die Geschäfte der Pforzheimer Tornos Technologies GmbH, der deutschen Tochter des Schweizer Werkzeugmaschinenbauers Tornos S.A. in Moutier. Der Langdreher Deco 20a gehört zu den Rennern in seinem Sortiment. 1997 in der Ursprungsversion Deco 20 entwickelt und ein Jahr später auf den Markt gebracht, konnte die Maschine sich gegen Nobelfabrikate wie Citizen, Index oder Star erfolgreich positionieren und wurde bis dato über 300 Mal verkauft. Rechnet man die größere, im wesentlichen jedoch baugleiche Schwester Deco 26a hinzu, sind es gar 750 Einheiten.

Als Grund sieht Michael Czudaj die Produktivität, Vielseitigkeit und die sprichwörtliche Zuverlässigkeit der Maschinen. Zwar dürfte dies auch jeder seiner Wettbewerber für sich behaupten, jedoch kann der Tornos-Deutschland-Chef sein Statement durch harte Zahlen glaubhaft machen: Wie nachkalkulierte Vergleichsbearbeitungen ergaben, fertigt die Deco tatsächlich bis zu 25 % günstiger und auch schneller als der Durchschnitt der langdrehenden Branche, denn durch geschicktes Anordnen der einzelnen Arbeitsschritte werden vor allem die unproduktiven Nebenzeiten gekappt. Außerdem ist die Maschine derart durchdacht konstruiert und sorgfältig verarbeitet, dass der Hersteller ohne Bauchschmerzen 95 % technische Verfügbarkeit für die fünfachsige Ausführung gewährleistet sowie 90 % für die 10-Achsen-Version. Die Kundschaft – Unternehmen aus der Automobilbranche, Medizintechnik, Elektronik und seit kurzem auch vermehrt der Hydraulik-Industrie – weiß dies offenbar zu schätzen und vertraut der Deco zunehmend komplexe und auch teure Teile an wie Ventile, künstliche Hüftgelenke oder ähnliche Werkstücke. Czudaj wundert dies wenig: Schließlich sei man in Deutschland Marktführer.

Tatsächlich gehört die Deco zu den Maschinen, die die Grenzen der alten Kurvensteuerung Mitte der 90er Jahre durchbrochen und deren hohen Ausstoß mit der Flexibilität der NC-Technik kombiniert haben. Dazu nutzt sie ein Wechselspiel zwischen der parallelen numerischen Steuerung PNC-Deco und der Programmiersoftware TB-Deco.

Mit der patentierten PNC wird die traditionelle Steuerungskurve durch eine gespeicherte Berechnung ersetzt. Damit ist auch die Einschränkung auf 360 Kurven-Grade überwunden. Die Maßeinheit dieser elektronischen Kurve ist ein Tausendstel Winkelsekunde – in Graden wird bei der Deco nicht mehr gerechnet. Hier entspricht die Gesamtzeit aller Operationen dem Umlauf der Kurve sowie letztlich einer unendlichen Zahl von Graden. Die PNC ermöglicht jedoch weiterhin den Vorschub von Hand, so wie man ihn von der klassischen Handkurbel her kennt. Das ebenfalls patentierte Programmiersystem TB-Deco arbeitet unter Windows und nutzt damit die recht passable Bedienbarkeit dieser Oberfläche.

Tornos hat die Software ausschließlich für die Fertigung auf Drehautomaten entwickelt und ermöglicht damit die logische Programmierung und Simulation aller Bewegungsabläufe. Ist das Teileprogramm erstellt, muss es lediglich an die PNC-Steuerung übertragen werden. Die eingegebenen Operationen werden dort automatisch ausgeführt.

Programmiert werden kann sowohl innerhalb der Werkstatt, als auch in der Arbeitsvorbereitung. Dazu reicht ein handelsüblicher Windows-Rechner mit der Mindestkonfiguration Pentium 400 und 64 MB RAM. Die elektronische Verbindung erfolgt dann über einen mobilen Rechner und Kabel oder direkt ab Programmierplatz, soweit eine On-line-Verbindung über Memory-Card besteht. Die Leistungsfähigkeit der Drehmaschine hängt also in erster Linie von der Programmiertechnik ab, und erst nachrangig von der Performance der Steuerung. Dadurch lässt die Maschine sich nahezu unbeschränkt updaten.

Bei der Kinematik steht die Deco 20a kurvengesteuerter Maschinen in nichts nach. So ist das gleichzeitige Drehen mit zwei separaten Werkzeugen genauso möglich wie das separat interpolierbare Schruppen und Fertigdrehen. Queroperationen an der Führungsbuchse sind mit vier angetriebenen Werkzeugen möglich, und auch das Mehrkantdrehen von Flächen oder Konturen an der Führungsbuchse ist kein Problem. Eine unabhängige Gegenspindel mit drei numerischen Achsen erlaubt das programmierte Zentrieren der Arbeitsposition. Dabei sind sieben Positionen verfügbar, die sich 100 % hauptzeitparallel optimieren lassen. Die Haupt- und Gegenspindel können jeweils gerichtet gehalten werden und erleichtern damit das Fräsen und weitere Zerspanungs-Operationen. Gewinde lassen sich nach dem Differenzialprinzip ohne Einschränkung schneiden und bohren, genauso ist das gleichzeitige Drehen und axiale Bohren möglich – Vorschübe und Drehzahlen werden dabei bestmöglich verwaltet.

„All diese Merkmale machen aus der Deco 20a ein optimales Werkzeug im Dienste der Produktivität“, unterstreicht Czudaj. Insofern sei nicht erstaunlich, dass die Mehrzahl seiner Kunden die zehnachsige Ausführung der Maschine gegenüber der preisgünstigeren Fünf-, Sieben- und Achtachsen-Version bevorzugten.

Als Modell 20a ist die Deco ein Re-Design des 1998 eingeführten und über dreihundertfach bewährten Langdrehers Deco 20. Die Verbesserungen seien lediglich marginal, nach Gesprächen mit Hunderten von Anwendern jedoch unumgänglich gewesen, erläutert Michael Czudaj. So erleichtere die integrale Abdeckung mit Schiebetür dem Anwender die Einstellarbeiten. Auch die Einheit der drei Schlitten X4/Y4/Z4 sei neu überdacht worden. Dadurch mute der Automat zwar aggressiver an, sei jedoch unter dem Blech ganz der Alte geblieben. Insofern ist man nicht nur im Stammhaus Moutier zufrieden.

Der Service für den deutschen Markt wird von Pforzheim aus organisiert. Zwar gibt es Niederlassungen in Chemnitz, Frank-furt/M. und Göttingen – die Ersatzteile werden dennoch zentral in Baden-Württemberg gehalten. Insgesamt 18 Mitarbeiter stehen dem Kunden zur Verfügung. Da allein in der Bundesrepublik noch über 2000 Tornos-Maschinen unter Span stehen, ist dieser Kader vermutlich nicht zu groß.

Als Gewährleistungsfrist für die neue Deco 20a nennt Czudaj 24 Monate. Ab 2002 ist das europäischer Standard. Über diese Frist hinaus hat das Unternehmen aber noch ein spezielles Bonbon in petto: Hat der Kunde bereits eine Deco 20 oder 26 im Haus, bekommt er beim Kauf einer Neuen gleich weitere 12 Monate Gewährleistung für diese hinzu, ohne dass er dafür zahlen muss. Mit Blick auf die Kundenbindung ist auch dies ziemlich schlau und schiebt sogar mancheBedenken gegen Null.

Beweglicher Spindelstock:(Achse Z1), (C1 als Option)

20 (25,4) mm Stangendurchlass200 mm max. Werkstücklänge mit drehender Führungsbuchse10000 min-1 max. Drehzahl0,1° Indexierungs-Inkrement bei gerichtetem Spindelhalt5,5 kW max. Antriebsleistung

Linearrevolver:(X1/Y1), (X2/Y2)

2 x 5 Werkzeuge (fest/drehend)16 x 16 mm Werkzeugaufnahme4 max. Anzahl an Querbohrern und Querfräsern8000 min-1 max. Drehzahl2,2 kW max. Antriebsleistung

Frontapparat:(X3/Y3)

4 Werkzeuge (fest/drehend)6000 min-1 max. Drehzahl für rotierende Werkzeuge2,2 kW max. Antriebsleistung

Gegenspindel, -operationen:(X4/Y4/Z4), (C4 als Option)

20 (25,4) mm Durchmesser200 mm Standard-Teilelänge10000 min-1 max. Drehzahl0,1° Indexierungs-Inkrement bei gerichtetem Spindelhalt 7 Werkzeugaufnahmen 7 Einheiten (fest/angetrieben)je 8000 min-1 max. Drehzahl2,2 kW max. Antriebsleistung

bearbeitet auf Dreh-Fräs-Zentrum Deco20a

Hauptspindel-Nebenzeiten 34,7 16,3

Hauptspindel-Hauptzeiten 62,3 64,4

Gegenspindel (zeitverdeckt) 71,5 69,0

Stückzeit in Sekunden 97,0 80,7

Anzahl Teile/h 37,0 45,0

Maschinenstundensatz in Euro 55,6 48,7Kosten je Teil in Euro 0,97 0,56