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Schlechte Zeiten für Dubletten

Maschinenbauer Trumpf klassifiziert seine Datenbasis
Schlechte Zeiten für Dubletten

Mit Hilfe von Software-Tools können Unternehmen ihre Datenbestände durch Merk- male beschreiben und automatisch klassifizieren. Lagerbestände lassen sich auf diese Weise reduzieren und die Wiederverwendungsrate von Bauteilen erhöhen.

Christa Weil ist Fachjournalistin in Trebur

Auslöser für das Projekt „Klassifikation Norm- und Zukaufteile“ bei dem Maschinenbauer Trumpf GmbH + Co. KG in Ditzingen war die unternehmensübergreifende Nutzung von SAP und die Einführung des CAD-Systems Solidworks. Viele der ursprünglich eigenständigen oder zu anderen Unternehmen gehörenden Trumpf-Tochtergesellschaften hatten früher andere ERP- und CAD-Systeme. Die „Daten-Unordnung“, die zwangsläufig durch die Einbindung dieser Unternehmen in die Trumpf-Gruppe entstand, sollte schnell und schmerzlos beseitigt werden.
Vor allem bei den mechanischen Verbindungselementen gab es durch die Zusammenführung der unterschiedlichen ERP-Systeme die meisten Überschneidungen. So war zum Beispiel ein und dieselbe Sechskantschraube unter nicht weniger als fünf verschiedenen Materialnummern zu finden. Diese Mehrfachbelegungen zogen sich in ähnlichen Größenordnungen durch den gesamten Datenbestand aller Norm- und Kaufteile.
Die Sichtung, Analyse und manuelle Vereinheitlichung und Klassifizierung des Materialstamms ist bei der Unternehmensgröße von Trumpf völlig unmöglich. Dafür gibt es auf dem Markt Softwaretools, die diese Arbeit automatisiert durchführen können. Die Projektverantwortlichen bei Trumpf stießen schnell auf die Software Simus Classmate der Simus Systems GmbH in Karlsruhe. „Als Test für die Leistungsfähigkeit der Software haben wir einfach unseren Materialstamm ausgeleitet, eine Excel-Tabelle daraus generiert und zur Analyse an Simus geschickt,“ erklärt Izidor Tomaži, Gruppenleiter Technische Information bei Trumpf und zuständig für die Bereiche Stammdatenverwaltung, Normenwesen und Kundenvorschriften. „Die Trefferquote für Dubletten oder Mehrfachbelegungen war sehr gut, auch die Schnelligkeit und die Verfügbarkeit der Fachleute bei Simus hat uns beeindruckt.“ Dies gab den Ausschlag für die Zusammenarbeit.
Zu dem Software-Paket gehören die Produktlinien Classmate Data zur automatischen Klassifikation von Stammdaten und Classmate CAD zur automatischen Klassifikation von 3D-CAD-Modellen selbst konstruierter Bauteile und Baugruppen. Mit Classmate Data werden die Materialstammdaten analysiert, durch Merkmale beschrieben und anschließend zuvor definierten Klassen zugeordnet. Das Programm ist als Standard-, Professional- oder Enterprise-Edition erhältlich, abgestimmt auf die Anforderungen im Unternehmen. Bei Trumpf kommt die Produktlinie Classmate Data in der Professional-Version zum Einsatz, die als Datenquellen auch Produktkataloge oder Normenblätter mit einbezieht. Wenn beispielsweise im vorhandenen Materialstamm als Information für eine bestimmte Verschraubung nur die Zulieferfirma und die dort gültige Bestellnummer eingetragen ist, dann ist die Software in der Lage, die Merkmalsausprägung aus dem Produktkatalog des Lieferanten zu extrahieren und in die Sachmerkmalleiste bei Trumpf zu übertragen. Analog funktioniert das mit Normteilen aus Normenblättern.
Grundvoraussetzung für die automatische Klassifikation ist die Definition der Klassen. Simus Systems liefert mit dem Programm-Paket eine Referenzhierarchie, die die wichtigsten Klassen aus Sicht des Maschinenbaus abbildet. In der Regel wird diese auf die Anforderungen des Kunden angepasst. Bei Trumpf wurde hierfür ein achtköpfiges Klassifikationsteam zusammengestellt, bestehend aus Mitarbeitern verschiedener Abteilungen und Standorte. Das Team definiert die für Trumpf relevanten Klassen und leitet diese an eine Mitarbeiterin weiter, die zentral in Ditzingen die Klassen und die zugehörigen Sachmerkmalsleisten für alle Niederlassungen in Classmate Data anlegt und verwaltet.
Ist diese Vorarbeit abgeschlossen, durchforstet das Programm die im ERP-System vorhandenen Materialstammdaten in Auszügen oder auch komplett, ordnet die Materialstämme in die Klassenstruktur ein und prägt die entsprechenden Sachmerkmale aus. Die Datenmenge, die automatisch klassifiziert werden kann, ist unbegrenzt. Nur steigt natürlich der Zeitaufwand entsprechend.
Die Ergebnisse werden vom Klassifikationsteam geprüft. Gegebenenfalls werden Konkretisierungen oder Änderungswünsche an die Software weitergeleitet. Die möglichen Iterationszyklen sind in der Regel kurz, und das neue Ergebnis kann schnell per Knopfdruck angezeigt werden. Das Programm weist immer darauf hin, wenn Daten fehlen oder Merkmale nicht ausgeprägt sind, so dass ein Produkt nicht klassifiziert werden konnte. Die Klassifikation ist kein abgeschlossener, sondern ein kontinuierlicher Prozess, da immer wieder neue Norm- und Kaufteile hinzukommen. Diese Neuzugänge werden bei Trumpf einmal pro Wochen analysiert, automatisch klassifiziert und auf Dubletten oder Mehrfachnennungen überprüft. Die gefundenen Dubletten werden in der Ergebnisliste in Gruppen zusammengestellt und farblich markiert.
Bei Trumpf wurden bis September 2005 für alle Norm- und Kaufteile etwa 200 Klassen definiert, die in einem kontinuierlichen Prozess mit Datensätzen gefüllt werden. Damit ist jeder Konstrukteur bei Trumpf in der Lage, ein bestimmtes Bauteil im SAP-System zu finden – unabhängig davon, an welchem Standort des Unternehmens er beschäftigt ist. Mehrbeschaffungskosten werden durch die neue Datenhaltung ebenfalls vermieden. Auch sind die Zeiten vorbei, in denen gleiche Teile mit unterschiedlichen Materialnummern im Lager waren. Im zentralen Einkauf werden dadurch erhebliche Einsparungen möglich. Schließlich hat sich die Wiederverwendbarkeit von Bauteilen erhöht. Vorhandene Zylinderschrauben in verschiedenen Festigkeitsklassen werden zum Beispiel auf eine Festigkeitsklasse reduziert. Dadurch wird die einzelne Schraube vielleicht um 2 Cent teurer. Doch über höhere Bestellmengen lassen sich die Beschaffungskosten drücken.
Achtköpfiges Team definierte bei Trumpf die Klassen
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