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Schlechtes Gefühl trotz guter Erfahrungen

Special Tooler nutzen Netzwerke noch zu wenig
Schlechtes Gefühl trotz guter Erfahrungen

Werkzeugbauer sind Individualisten. Das machte bislang ihre Stärke aus. Im internationalen Geschäft ist jedoch mehr denn je Kooperation und Networking gefragt. Die Erfolge solcher Projekte in anderen Branchen sind viel versprechend.

Dipl.-Ing. Wolfgang Filì ist Journalist in Köln fachjournalist@fili.net

Es „clustert“ und „netzwerkelt“ bei den Zulieferern der Kfz-Branche. Denn Cluster – auf Wirtschaftsdeutsch: Standortverbünde – und der Zusammenschluss fachlich ähnlich orientierter Betriebe in Netzwerken folgen dem simplen Grundsatz, dass Futterneid und Eigenbrötlerei nicht zwingend für volle Mägen sorgt: Wachsender internationaler Wettbewerb und die Vergabe größerer Leistungspakete stellen gerade kleine und mittelgroße Unternehmen vor Probleme.
Insoweit ist das Ziel automobiler Cluster und Netzwerke zum einen, Kundenbeziehungen per Allianz zu pflegen sowie Wissens- und Wertschöpfungsketten zu schaffen. Zum anderen geht es darum, die Flexibilität und Kundennähe gerade der kleineren Betriebe zu erhalten und dabei trotzdem die Ressourcen für Full-Service-Leistungen aufzubauen. Der Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen bleibt dabei erhalten. Denn Kooperation bedeutet nicht Schmusekurs, sondern Schulterschluss und bei großen Projekten auch die Allianz mit der sonst knallharten Konkurrenz.
Das System hat Methode und nachweislich Erfolg: So gehört der 1997 initiierte Automobil-Cluster Styria zu den erfolgreichsten Wirtschaftsprojekten Österreichs und schließt rund 100 Betriebe im Umfeld der Kfz-Industrie zusammen. Der Verbund lebt von der Spannung aus Kooperation und Wettbewerb und gilt als Standort-Vermarktungsmodell von Rang. Waltraut Klasnic, Landeshauptmann der Steiermark, bestätigt denn auch gerne den direkten Zusammenhang zwischen dem Automobil-Cluster und Steiermarks Ruf als Silicon Valley Österreichs. Jedes dritte High-Tech-Produkt mit dem Stempel „Made in Austria“ stammt aus der Region.
Netzwerke wie die Verbundinitiative der Automobilzulieferer Sachsen (AMZ) verknüpfen mittlerweile sogar 600 Zulieferer mit ihren jeweiligen Leistungen. Das von der RKW Sachsen GmbH getragene Projekt informiert seine Mitglieder über die Trends der Automobilbranche, unterstützt sie beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen, bahnt Partnerschaften für Komplettlösungen an und hilft bei der Finanzierung von Verbund- oder Einzelaufträgen. Letztere können sowohl Entwicklungs- als auch Fertigungsleistungen der so genannten 1st-Tier-Supplier – zu Wirtschaftsdeutsch: der Erstzulieferer – und ihrer Wertschöpfungspartner beinhalten.
Laut Projektträger RKW hat der AMZ wesentlich dazu beigetragen, dass allein von 1999 bis 2002 die 750 Teilelieferanten, Dienstleister und Ausrüster ein Umsatzplus von 1,9 Mrd. Euro erwirtschaften konnten. Der durchschnittliche automotive Anteil lag bei 56 %.
Aber genau die Betriebe, die an der Spitze dieser Wertschöpfungsketten stehen, bleiben Clustern und Netzwerken überwiegend fern. Dabei ist ausgerechnet die Automobilbranche ihr Schwerpunktkunde. „Kooperationen im Werkzeugbau“, so bedauert Alfred Graf Zedtwitz vom VDMA Werkzeugbau in Frankfurt/M., „steht oft entgegen, dass die Unternehmen sich schwer tun, über den eigenen Schatten zu springen.“ Zusammenschlüsse – auch in exakt abgezirkelten Funktionsbereichen – widersprächen dem Eigenverständnis der meist familiär geführten Betriebe.
Dass die Branche sich mit individueller und nicht industrieller Wertschöpfung befasst, dürfe das Selbstbild nur schärfer zeichnen. Und bestehe prinzipiell Einsicht in die Notwendigkeit vernetzter Geschäfte, sei die erste Frage meist, wie der Betrieb in solchen Verbünden die Unabhängigkeit behalte.
Tatsächlich ist mit Blick auf kooperativen Einkauf bislang kaum geklärt, wie die Insolvenz eines Unternehmens sich auf die anderen Netzwerker auswirken würde. Gleichwohl überwiegen die Chancen das Risiko. So wären Kooperationen unter den rund 5000 Betriebe der deutschen Branche beispielsweise in der Lage, über einen gebündelten Einkauf mit ihren Energielieferanten auf Augenhöhe zu verhandeln und bessere Konditionen zu verfechten. Außerdem könnten Verwaltungen in Richtung von Dienstleistungs-Pools zusammengelegt werden. Auch die Gründung gemeinsamer Planungs-Gesellschaften wäre ein Weg, die Overhead-Kosten für den einzelnen Werkzeugbauer zu senken.
Im Gegenzug hätten die Partner Zugang zu Ressourcen, Technologien und Märkten sowie die einmalige Chance, sich innerhalb des Verbunds ganz auf die Kernkompetenz konzentrieren und diese weiterentwickeln zu können. Gegenüber den osteuropäischen und asiatischen Anbietern von Standard- und anderen einfacheren Tools wäre dies das entscheidende Alleinstellungsmerkmal.
Auch die Finanzdecken der überwiegend kompakten, in der Masse zwischen zwei und 20 Mitarbeiter starken Betriebe würden im Netzwerk weniger strapaziert. Das sächsische AMZ-Projekt zeigt hier die Möglichkeiten.
„Netzwerke arbeiten dort erfolgreich zusammen, wo sie die Stärken der einzelnen Werkzeugbauer geschickt bündeln“, betont Alfred Zedtwitz. Dies bedeute Arbeitsteilung statt bloßer Kumulierung von Kapazität, die niemandem nütze. Der VDMA bewerte die Leitlinie ‚gemeinsam günstiger’ daher als richtig, könne seinen Mitgliedern dazu aber nur Sachinformation und keine Ratschläge geben.
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