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Schnell, präzise und effektiv

Spritzgießen auf der Messe K: Sonderverfahren erhöhen die Produktivität
Schnell, präzise und effektiv

Kürzere Zyklen etwa durch tiefkalte Luft oder den Einsatz der Wasserinjektionstechnik, Nachrüstaggregate für die 2-Komponententechnik oder das Expansions-Spritzgießen waren nur einige der Innovationen, die sich auf der K 2001 in Sachen Spritzgießen fanden. Und allesamt versprechen sie dem Spritzgießer mehr Produktivität.

An dem Thema vollelektrische Spritzgießmaschinen oder wenigstens hybride Lösungen nach dem Motto „elektrifiziert wird, was Sinn macht“, kam auf der internationalen Leitmesse der Kunststoff- und Kautschukbranche, der K 2001 in Düsseldorf, kaum ein Spritzgießer vorbei. Darüber wurde schon im Vorfeld der Fachmesse berichtet (siehe Industrieanzeiger 42 vom 15. Oktober). Wichtig sind dem Verarbeiter Verfahrens- und Detailentwicklungen, die ihm mehr Produktivität versprechen oder auch neue Produkte realisieren lassen. Hier gab es eine Reihe interessanter Innovationen zu finden. So verspricht zum Beispiel die Factor GmbH, Hainburg, deutlich reduzierte Zykluszeiten bei gleichzeitig weniger Betriebskosten durch den Einsatz der Wasserinjektionstechnik. „Bis vor kurzem gab es weder ein Servoventil noch ein leistungsfähiges Proportionalventil für Wasserdrücke bis 700 bar“, erläuterte Achim Bernhardt, Geschäftsführer bei Factor. Dieser Engpass sei nun vorbei und ermögliche den Einsatz der geregelten Wasserinjektion in thermoplastischen Kunststoffen.

Besonders bei rohrförmigen Teilen mit Materialanhäufungen bietet die Technologie laut Bernhardt um bis zu 60 % reduzierte Zykluszeiten. Der Grund: Die gegenüber Gas um ein dreifaches höhere Wärmeleitung des Wassers. Zugleich zeichne sich die Wasserinjektionstechnik im Vergleich zum Gasinjektionsverfahren durch niedrige Betriebskosten von rund 0,04 DM/l Wasser gegenüber rund 0,1 DM für Gas aus, auch der Verbrauch ist geringer. Möglich macht das eine automatische Wasserrückführung und -aufbereitung. Das Verfahren wurde bei der Produktion eines 700 mm langen Polyamid-Spritzgussteils für die Automobilindustrie demonstriert. Bei dem Motorenteil ließen sich Zykluszeiten von etwa 30 s realisieren, 45 s weniger als bei konventioneller Fertigung nach dem Gasinnendruckverfahren.
Kürzere Zyklen in der Gasinnendrucktechnik verspricht der Einsatz mit auf -35 oder -45 °C tiefgekühlter Druckluft. Anwender sollen durch den Einsatz von Bekoblizz von Beko Technologies, Neuss, eine effektivere Prozessgestaltung und damit eine erhöhte Produktivität erzielen. Die Technik verzichtet auf den Einsatz teurer Kühlmedien wie Kohlendioxid oder Stickstoff und soll sich ohne großen Aufwand in bestehende Produktionsabläufe integrieren lassen.
Wasserinjektion reduziert Zykluszeit um 60 %
Kostengünstig in die Mehrkomponententechnologie einsteigen können Spritzgießverarbeiter mit den von der Windsor Kunststofftechnologie GmbH, Hanau, entwickelten Nachrüstaggregaten der Reihe PlugXPress. So seien die abgefragten Stückzahlen in der Mehrkomponententechnik oft so klein, dass sich der Kauf einer speziell für diese Technologie ausgelegten Maschine nicht bezahlt machte. „Das PlugXPress-System nimmt diese Hürde und bietet wegen seines modularen Aufbaus eine günstige, flexible und unkomplizierte Möglichkeit, eine vorhandene Standardmaschine jeden Fabrikats innerhalb eines Tages für das Mehrkomponentenspritzgießen nachzurüsten“, so Volker Jährling, Geschäftsführer bei Windsor.
Jedes der Nachrüstaggregate besitzt einen eigenen hydraulischen Antrieb und eine elektronische Steuerung. So lassen sich die Aggregate auch zwischen verschiedenen Maschinen austauschen. Geliefert werden sie als funktionsfähige, betriebsbereite Einheiten.
Dass sich das Nachrüstkonzept nicht auf einfache Anwendungen beschränkt, demonstrierten die Hanauer durch die vollautomatische Produktion eines komplexen Spritzgussartikels für den Pkw-Motorraum, bei dem das Sandwichverfahren in Kombination mit der Gasinnendrucktechnik zum Einsatz kam. Windsor konzipierte dazu gemeinsam mit dem Systemintegrator DAT Automatisierungstechnik GmbH, Pappenheim, eine Fertigungszelle, bei der ein auf der festen Maschinen-Aufspannplatte angeordneter Sechs-Achsen-Knickarmroboter von Kuka, Augsburg, die beim Entformen des asymmetrischen Artikels erforderliche komplexe Bewegung ausführt und das Teil anschließend spanend bearbeitet. Das Herzstück der Zelle war eine 5000-kN-Spritzgießmaschine Typ SNT von Sandretto, Collegno/Italien, nachgerüstet mit dem größten von Windsor angebotenen PlugXPress-Aggregat vom Typ WKT 7 für das Einspritzen der zweiten Komponente.
Mit der Coinjektionstechnik befasst sich auch Twinshot, Rifton/USA. Mit der so genannten Twinshot-Technologie sollen sich vorhandene Standard-Spritzgießmaschinen bei vergleichsweise geringen Kosten ebenfalls zu Coinjektionsmaschinen aufrüsten lassen. Mit einer speziellen Baugruppe aus mehreren Schnecken werden die Maschinen nachgerüstet. Dabei laufen zwei Schnecken ineinander. Ein gewöhnlicher hydraulischer Einspritzkreis genügt, um auf der Standardmaschine Mehrkomponenten-Spritzgussteile zu fertigen.
Interessantes gab es auch bei dem österreichischen Maschinenbauer Engel Vertriebsgesellschaft m.b.H., Schwertberg, zu sehen. „Als leistungsfähiger Maschinenhersteller bieten wir mehr als zuverlässige und effizient arbeitende Spritzgießmaschinen“, so Georg Steinbichler, Bereichsleiter Vorentwicklung und Prozesstechnologie. Ein Beispiel ist die X-Melt-Technologie, eine neue Verfahrenstechnik zum Spritzgießen dünnwandiger Kleinteile bis 50 g und von Mikropräzisionsteilen. Dabei dient die unter hohem Druck stehende Schmelze selbst als Energiespeicher für ein schnelles Einspritzen. Der Vorteil: Ein bisher erforderlicher separater Hydraulikspeicher für die Einspritzeinheit entfällt. Zugleich soll sich die Reproduzierbarkeit verbessern.
Bei dem Verfahren wird der Einspritzvorgang in die zwei getrennten Verfahrensschritte Verdichtung und Expansion aufgeteilt. Dazu muss die Einspritzeinheit oder das Werkzeug mit einer Verschlussdüse ausgestattet werden. Auf das Plastifizieren mit Dosieren des erforderlichen Schmelzevolumens durch Schneckenrücklauf folgt bei verschlossener Düse, also vor dem Einspritzen, der Aufbau eines hohen Schmelzedrucks von bis zu 2000 bar. Zum Einspritzen wird lediglich die Verschlussdüse geöffnet, so dass die Schmelze förmlich in die Kavität hinein „explodiert“. Beim Spritzgießen eines Akkugehäuses für ein Handy aus einem ABS-PC-Blend halbierte sich die Schwankungsbreite des Formteil-Gewichts von ± 0,07 % auf ± 0,03 %.
Innovative Hinterspritztechnologie für die Automobilindustrie fand sich bei der Battenfeld Spritzgießtechnik, Meinerzhagen. Das ICM more genannte System kombiniert die Hinterspritztechnologie, die 2-Komponententechnik und den Dekorbeschnitt in einem Gesamtsystem. Die Technik ist in Serienmaschinen integrierbar. Das Besondere laut Battenfeld: Mit IMC more erhält der Verarbeiter die Möglichkeit, überstehendes Dekormaterial bereits im Werkzeug zu beschneiden. Hierdurch wird in nur einem Arbeitsgang ein textildekoriertes Bauteil ohne Nacharbeit gefertigt. In Düsseldorf wurde eine textilhinterspritzte B-Säule mit angespritzter Dichtlippe produziert.
Von der Schwaiger Demag Ergotech GmbH war ein Verfahren zum Spritzgießen mikrozellulärer Schaumstrukturen zu sehen. Ergocell soll den Materialverbrauch um bis zu 40 % reduzieren und zugleich die Eigenschaften von Spritzgussteilen verbessern. Bei dem Verfahren wird hinter der Plastifiziereinheit flüssiges Kohlendioxid in die bereits homogenisierte Schmelze eingemischt. Durch das Begasen reduziert sich die Viskosität der Schmelze – das Gemisch fließt leichter. Dies erfordert einen geringeren Einspritzdruck, was den Schließkraftbedarf reduziert.
Da die Formteile aus einer kompakten Außenhaut und einem relativ porösen Kern bestehen, verbessert der integrale Aufbau die mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu einem kompakten Spritzgießteil. Durch seine Expansionsneigung trägt das Gas dazu bei, dass vor allem an Stellen mit Materialanhäufungen keine Schwindung eintritt und Einfallstellen vermieden werden.
Mit dekorativen und haltbaren Oberflächen befasst sich die Leonhard Kurz GmbH & Co. KG, Fürth. Die 3D-Dekoration im Inmold- und Insert-Molding-Verfahren verbindet Spritzguss und Dekoration von 3D-Teilen in einem Arbeitsgang – mit Endlos- und Einzelbilddekoren ohne Nachbearbeiten und Nasslack. In Düsseldorf stellte Kurz zum Beispiel ein neues Oberflächen-Lacksystem vor. Das High-Performance Formula 1 genannte abriebfeste System soll neue Maßstäbe in der Oberflächengüte setzen und wurde speziell für IMD-Folien für die Oberschalen/Linsen-Dekoration von Handys entwickelt. bk
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