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Selbst eingeklemmte Späne fegt die Wasserkanone weg

Research & Technology: Innovationen für produzierende Unternehmen
Selbst eingeklemmte Späne fegt die Wasserkanone weg

Auf die Messe brachten Forscher praxisorientierte Lösungen mit. Sie entwickelten Möglichkeiten für die Teilereinigung, Sensorlager, testen die RFID-Technik und bieten Software, die Konstrukteuren oder Produktionern die Arbeit erleichtert.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Auf einer Ebene und im Tageslicht präsentierten sich die Forscher auf der Hannover Messe in diesem Jahr erstmalig in der Halle 2. Neben exotischen und innovativen Ergebnissen waren jedoch auch am neuen Standort handfeste Verbesserungen für den Alltag in produzierenden Unternehmen zu sehen.
Vollkommen schmutzfreie Motoren- und Getriebeteile, an denen nicht mal eingeklemmte Späne eine Chance haben – das verspricht beispielsweise ein Reinigungsmodul, das Mitarbeiter der Fachhochschule Aachen zusammen mit der Aachener Valiant Cleaning Technology GmbH entwickelt haben. Ihre „Aqua Cannon“ arbeitet mit Wasserhochdruck und fegt den Schmutz binnen 4 s vom Werkstück. Nach Auskunft der Entwickler kommt sie ohne massiven Einsatz von Reinigungsmitteln aus, weil das Medium durch ein Rohrleitungs- und Düsensystem beschleunigt wird und mit einer Geschwindigkeit von 45 m/s auf das Werkstück trifft. Der Druck, der dabei entsteht, löst und verformt die Späne, die von der Flüssigkeit weggespült werden.
Zu sehen war diese Entwicklung am Gemeinschaftsstand Forschungsland NRW, wo sich auch das Forschungszentrum Jülich mit einem Vorschlag zu Sauberkeit, Umweltschutz und Kostenreduktion präsentierte: Zusammen mit Forschern der Uni Köln haben es die Jülicher geschafft, Tenside effizienter zu machen. Sie mixen die Schmutzlöser und Emulsionsbildner mit Blockcopolymeren und können die erforderliche Tensidmenge so um 90 % reduzieren.
Nicht mit Schmutz, aber auch mit der Oberfläche haben sich Wissenschaftler des Braunschweiger Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik (IST) befasst und einen neuen Weg gefunden, um die Temperatur von Wälzlagern zu erfassen. Mit Sensoren in Dünnschichttechnologie messen sie diese direkt an der Lauffläche der Wälzkörper. Mit den bisher zu diesem Zweck eingesetzten Thermoelementen war das nicht möglich. „Mit dieser Lösung ist erstmals sogar eine örtlich aufgelöste Messung direkt im Wälzkontakt möglich“, berichtet Holger Lüthje, Leiter der Gruppe Mikro- und Sensortechnologie am IST. Die Forscher wählten das multifunktionale Sensormaterial Diaforce aus. Es reagiert auf Kraft, Druck und Temperatur, wobei sich Veränderungen über den elektrischen Widerstand der Schicht erfassen lassen. Für rotierende Lager wurde in einem BMBF-Projekt bereits ein funkbasiertes telemetrisches System entwickelt, so dass Daten ohne Kabelverbindungen weitergegeben werden können.
Ohne Kabel und fast von allein sollen in Zukunft Warenströme mit der RFID-Technik überwacht werden. Jedes Werkstück oder jede Palette braucht dafür einen Transponder, der die zugehörigen Daten enthält. Grundlagen und Leistungsfähigkeit dieser Tags untersuchen Forscher der Universität Dortmund im logistischen Indentifikationslabor, dem Log-ID-Lab. Mit Tests an ihren Geräten und Demonstratoren wollen sie dazu beitragen, Produktions-, Transport- und Lagerprozesse zu optimieren, und haben ihre Möglichkeiten in Hannover vorgestellt.
Dass Software-Tools Verbesserungspotenziale für die produzierende Industrie aufspüren können, zeigen die folgenden drei Beispiele. Einen technischen und wirtschaftlichen Vergleich spanender und spanloser Bearbeitungsverfahren ermöglicht das Programm Speed&Feed, das Wissenschaftler der Fachhochschule Kaiserslautern entwickelten. Es vergleicht Stückkosten- und Zeitkalkulationen und soll die Investitionsplanung erleichtern, weil es zeigt, wo Rationalisierungpotenziale liegen.
Spezialisten der TU Dresden haben ihr Werkstoff-Know-how computerverträglich gespeichert. Um ihre Software „Werkstoffauswahl nach Belastung“ zu nutzen, muss der Ingenieur lediglich Informationen über Kräfte, Druck und Biegung seiner Anwendung eingeben. Geeignete Materialien schlägt das System binnen Sekunden vor und berücksichtigt auch Anfoderungen an Temperatur, Umweltverträglichkeit und Korrosion sowie Einschränkungen bei Masse oder Größe des Bauteils. Darüber hinaus haben die Entwickler verfügbare Profile und Lieferanten eingespeist. Acht Zulieferunternehmen arbeiten bereits mit dieser Software-Unterstützung.
Ebenfalls als Hilfe für den Konstrukteur haben Wissenschaftler des Instituts für Konstruktions- und Antriebstechnik der TU Chemnitz die Software Pressfit angelegt. Damit lassen sich Pressverbindungen sicher dimensionieren, denn das Programm berücksichtigt sowohl
Forschungserkenntnisse zur Gestaltfestigkeit von Pressverbindungen als auch die aktuelle Normung. Selbst hochdynamische Belastungen, wie sie an Windkraftanlagen auftreten, bewältigt die Software nach Auskunft der Entwickler. Einen Einblick gibt das Internet unter
Zusatz senkt Tensidbedarf um 90 %

Titan wird Großserien-tauglich

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Titanlegierungen sind wegen ihrer hohen Festigkeit und ihres geringen Gewichts das Traummaterial des Konstrukteurs. Nur einen Nachteil haben sie: Sie lassen sich schlecht zerspanen. Das könnte sich jetzt mit einer neuen Legierung ändern, der die Forscher vom Institut für Werkstoffe (IfW) der TU Braunschweig eine glänzende Industriekarriere prophezeien: Durch die Zugabe von Lanthan erreichen sie, dass anstelle des üblichen Wirrspans ein kurzer, unproblematischer Bröckelspan entsteht.
Die Braunschweiger analysierten zunächst die Ursachen der Wirrspanbildung: Beispielsweise TiAl6V4 lädt sich in der Scherzone in einem sehr schmalen Bereich (< 10 µm) mit Temperaturen über 1000 °C auf, fließt dort plastisch und bildet den Endlosspan aus. „Noch eher geht das Werkzeug kaputt als der Span“, beschreibt Carsten Siemers das Problem.
Der Braunschweiger Trick besteht nun darin, Lanthan einzulegieren, das bei 918 °C schmilzt und somit den Span im Keim in sich zerfallen lässt. „Nach diesem Legierungselement haben wir lange gesucht“, meint Siemers. Das Ergebnis ist ein „Automatentitan“ mit nur geringfügig verschlechterten mechanischen Titan-Eigenschaften. os
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