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Simulationen sichern Investitionen ab

Erfahrungsbericht: Effizienzverbesserung in der Montage
Simulationen sichern Investitionen ab

Die alte Montagelinie modernisieren oder eine neue aufbauen? Eine Simulation der Miele-Elektromotorenfertigung fiel eindeutig zu Gunsten der Modernisierung aus. Segmentleiter Wilfried Fink berichtet über die Evaluation.

Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtsch. Ing. Wilfried Fink ist Leiter Produktion Asynchronmotoren und stellvertretender technischer Leiter des Werks Euskirchen der Miele & Cie. GmbH & Co.

Höhere Lieferanforderungen zwangen die Endmontage im Miele-Elektromotorenwerk, die Kapazitäten zu erweitern. Üblicherweise wird in einer solchen Situation die Lösung zuerst in organisatorischen Veränderungen wie Überstunden, anderen Schichtmodellen oder Schichterweiterungen gesucht. Aufgrund des hohen Frauenanteils in der Montage kam Letzteres nicht für uns in Frage. Wir wollen die Anlage im Zwei-Schichtbetrieb fahren, da das erstens familienfreundlicher ist und uns zweitens mehr Kapazitätsreserven bringt. Daher wurde im ersten Schritt über den Ausbau einer Linie für die Ständerpaketfertigung für Geschirrspülmaschinenpumpen mit neuen Maschinen nachgedacht. Die versteckten Leistungsreserven an bestehenden Anlagen zu erspüren, ist sehr schwierig, da sich die komplex miteinander korrespondierenden Funktionen und Einheiten gegenseitig beeinflussen.
Um die Entscheidung abzusichern, wurden umfangreiche Untersuchungen vorgeschaltet. Diese offenbarten Leistungseinbußen, die durch nicht harmonisierte Kapazitäten, unzureichende Zwischenpuffer, das unterschiedliche Störverhalten einzelner Maschinen, Transportzeiten und ablaufbedingte Wartezeiten enstehen. Diese Schwachstellen wirken sich unterschiedlich stark auf die Ausbringung aus. Ihre gegenseitige Beeinflussung führt oft erst über längere Betriebszeiten zu Problemen. Die Ursachen sind dann meist nicht mehr klar erkennbar. Beobachtungen und Multimomentaufnahmen können immer nur für begrenzte Zeitabschnitte und für einen begrenzten Bereich Aussagen liefern.
Um zu genaueren Aussagen zu gelangen, baten wir das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart um Hilfe. Dessen Forscher haben das Simulationsmodell Simple++ enwickelt, mit dem sich bereits im Planungsstadium genauere Leistungsaussagen treffen lassen.
Mit diesem Programm lässt sich das Gesamtverhalten einer Anlage über eine längere Betriebszeit hin simulieren. Dabei zeigt sich auch, wo sich Kleinigkeiten summieren und zu einem Problem werden. Alle wichtigen, vorher festgelegten Funktionen lassen sich gleichzeitig beobachten und in ihrem Zusammenwirken bewerten. Aus dem Ergebnis eines solchen Testlaufes lassen sich gezielt Veränderungsschritte ableiten. Diese können wiederum simuliert werden, bevor die tatsächliche Anlage verändert wird. So lässt sich ein Maßnahmenkatalog erarbeiten, mit dem in Stufen eine Anlage verbessert werden kann.
Die Zuverlässigkeit und Genauigkeit einer solchen Untersuchung wird durch die Auswahl der Anlagenfunktionen und durch eine sorgfältige Datenaufnahme bestimmt. Hier ist einerseits viel Erfahrung im Umgang mit dem Simulationsmodell erforderlich, und andererseits müssen gute Kenntnisse über die Anlage vorliegen. Nur wenn dieses Know-how zusammenfließt, ist davon auszugehen, dass die theoretisch erarbeiteten Veränderungsmaßnahmen auch später in der Praxis den gewünschten Effekt bringen.
In dem Pilotprojekt ermittelten wir zuerst für einen Teil der Anlage die Auslastung einzelner Stationen. Wenn diese Daten mit den Stillstandszeiten verknüpft werden, lassen sich bereits Ansätze für Verbesserungen erkennen. Zieht man von dieser Auslastung noch den Blockieranteil ab – also jene Zeiten, in denen die Station darauf wartet, ein fertiges Teil weiterzugeben – erhält man den Arbeitsanteil. Auch dabei zeigten sich große Unterschiede zwischen den Stationen. Immer wieder gibt es große Zeiträume, in denen keine Wertschöpfung erbracht wird. Welche Gründe für die Stillstandszeiten verantwortlich sind, wurde in weiteren Schritten ermittelt. Es zeigt sich sehr deutlich, dass mit dem Simulationsmodell ein Werkzeug vorliegt, mit dem jeder Veränderungsschritt an einer komplexen Anlage in seiner Auswirkung vorbestimmt werden kann.
Wir haben jedoch erkannt, dass sich für ein mittelständisches Unternehmen das „Selbstbetreiben“ eines solchen komplexen Simulationsmodells nicht lohnt. Die dazu nötige Erfahrung ist nur durch ein ständiges Arbeiten mit dem Programm zu erreichen und zu erhalten. Hinzu kommt, dass durch Forschung und ständige Verbesserung diese Technik einem schnellen Veränderungsprozess unterliegt und ein mittelständisches Unternehmen diesen Erneuerungen nicht folgen kann. Nach den Erfahrungen dieses Projektes wollen wir uns jedoch auch weiterhin dieses Werkzeuges mit Unterstützung von externen Fachleuten bedienen, um komplexe Fertigungsprozesse zu optimieren.
Die Vorgehensweise vor der Simulation
Bevor Beobachtungen an der Anlage selbst durchgeführt und Messwerte aufgenommen werden, müssen alle schon bekannten und bereits festliegenden Daten erfasst und zusammengestellt werden. Dazu gehören:
– die Taktzeiten von Maschinen und Vorrichtungen,
– die Taktzeiten der Transport- und Handhabungsgeräte,
– die durchschnittlichen Arbeits-Taktzeiten der Handarbeitsplätze,
– die ablaufbedingten Unterbrechungszeiten (zum Beispiel Zeiten und Häufigkeiten für den Schweißelektrodenwechsel, den Drahtwechsel, Isolationswechsel und dergleichen) sowie
– der durchschnittliche Aufwand für die Beseitigung von Störungen.
Des weiteren werden Randbedingungen für die Simulation festgelegt:
– Durchschnittliche Produktionsleistung – Anzahl Werker
– Anzahl der verschiedenen Werkstückträger
– Ausschuss
– Störzeiten der Verkettungssysteme – Nacharbeit
– Umrüsthäufigkeit und Umrüstzeiten
Sind diese Werte alle aufbereitet und zusammengestellt, werden Daten an der laufenden Anlage aufgenommen.
Stations- und arbeitsplatzbezogen werden die Auslastung, der Arbeitsanteil, der Warteanteil, der Blockieranteil, der Störanteil und der Pausenanteil erfasst und in Prozentanteilen der Betriebsbereitschaft in das Programm eingegeben.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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6.2024
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