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Software wird zu einem bestimmenden Faktor

Betriebssystem sorgt für das Zusammenspiel der Komponenten
Software wird zu einem bestimmenden Faktor

Der PC und die darauf dominierenden Betriebssysteme Windows CE/NT/2000 von Microsoft bestimmen zunehmend den Trend in vielen Automationsbereichen. Dort verdrängen reine Software-Lösungen herkömmliche SPS- und NC-Steuerungen.

Von unserem Redaktionsmitglied Werner Möller

Die Situation in der Automatisierung erinnert an die Situation bei den PC in Büros vor 15 Jahren. Damals gab es zahlreiche unterschiedliche Computer, Betriebssysteme und Netzwerke mit einer Vielzahl inkompatibler Applikationen. Technologiebrüche waren vorprogrammiert. Erst Großunternehmen – beispielsweise aus der Automobilindustrie – haben ihre Scheu vor der Welt PC-basierter Maschinensteuerungen aufgegeben und somit Standards gesetzt.
Dazu gehören heute bei den PC Ethernet als Netzwerk, TCP/IP als Netzwerkprotokoll sowie die Übertragungsprotokolle HTTP/HTML des Internet bei den Bedientechniken. Als Betriebssystem hat sich Windows in den unterschiedlichen Ausführungen flächendeckend durchgesetzt.
Die Hinwendung zu Betriebssystemen von Microsoft für Automatisierungsgeräte zeigt, dass sich dort immer stärker auch offene PC-Systeme durchsetzen.
Doch die PC-Technologie, die den Begriff der Echtzeitfähigkeit nicht kennt, musste den neuen Anforderungen angepasst werden. In der Tat handelt es sich beim PC um ein ereignisgesteuertes und objektorientiertes Datenverarbeitungssystem, das Variabilität und Flexibilität zur Maxime erklärt – und nicht die Zeitsynchronität und damit die Echtzeitfähigkeit. Eine Migration von der klassischen Steuerung hin zur PC- oder besser Windows-basierten Technik war deshalb erforderlich.
Inzwischen stehen PC-Systeme zur Verfügung, die auf der Basis von Windows
– ein SPS-Verhalten emulieren,
– das Steuern und Visualisieren vorbereiten und
– Ethernet als Kommunikationsmedium nutzen.
Vielfach wird sogar behauptet, die auf Windows-Betriebssystemen ablaufende Software-SPS würde kurzfristig die klassische SPS ersetzen. Selbst die kurzen Aktionszeiten einer konventionellen SPS werden mittlerweile von Windows-PC deutlich unterschritten. So sind die Zykluszeiten für einen Speicherdurchlauf einer Applikation mit einer Soft-SPS heute um ein Vielfaches schneller als bei einer Hard-SPS. Auch wenn die E/A-Reaktionszeit eher von anderen Faktoren wie Buszyklen und Laufzeiten in der Anschaltung bestimmt wird, ist dies ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur klassischen Hardware-SPS.
Das Vordringen des PC als Industriesteuerung ist längst noch nicht beendet, schon soll – zumindest nach dem Willen von Microsoft – auch der Bereich der kleinen bis mittleren Steuerungstechnik auf Embedded- Systemen mit Windows-Technologie ausgerüstet werden. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Sowohl Anwender als auch Programmierer profitieren von den Anleihen, die etwa Windows CE von dem großen Bruder Windows NT gemacht hat. Treibender Faktor dieser Entwicklung ist die 32-Bit-Welt der Betriebssysteme, auf die inzwischen alle bedeutenden Hersteller von Industriesoftware setzen. Vorteil der Einheit: Die Produkte beinhalten in aller Regel die Standardschnittstellen für den Grafikimport, für den Datenaustausch und für die Integration von Applikationen über OLE (Object Linking and Embedding) und ActiveX. Mittels dieser Schnittstellen lässt sich die Kommunikation zwischen einzelnen Softwareprodukten einfach bewerkstelligen.
Neben Windows NT setzt Microsoft als Betriebssystem für die mittlere Automatisierungsebene in Zukunft stark auf Windows CE. Dieses Kürzel steht für „Consumer Electronic“ und wurde eigentlich als Betriebssystem für Computer ohne Maus, Bildschirm und Festplatte entwickelt. Selbst klassische SPS-Häuser verpassen derzeit ihren Produkten mit Windows CE eine Frischzellenkur. Und dennoch hatten viele Automatisierer mit CE ein Problem: Ihr NT-basierendes Lösungs-Know-how ließ sich nur mit großem Aufwand auf das neue Betriebssystem portieren. Zudem ist es in der verfügbaren Version 2.0 nicht echtzeitfähig, also für Steuerungsaufgaben nicht tauglich.
Die Anwendungsschwerpunkte von Windows CE liegen dagegen in den Bereichen, wo die harte Echtzeit und Deterministik nicht die entscheidende Forderung darstellen und die Windows NT wegen Größe und Preis verschlossen bleiben. Für den Anwender ist Windows CE nicht wegen seinen Echtzeiteigenschaften attraktiv, sondern hauptsächlich wegen seiner Integration in die Microsoft-Welt mit ihren 32-Bit-Standard-Betriebssystemen. Mit den dazugehörigen Technologien wie OLE, COM (Component Object Model) sowie der Back Office Client/Server-Produktreihe wird es erstmals in der Geschichte der Automatisierungstechnik möglich sein, sämtliche Prozesse eines Unternehmens auf eine gemeinsame Plattform zu stellen.
Windows CE 2.0 eignet sich für Geräte zum Bedienen und Beobachten. Eine echtzeitfähige CE-Variante, Microsoft spricht von 50 µs Reaktionszeit, wird es wohl erst zum Juli 2000 geben. Etliche Anbieter von „soften“ SPS/CNC-Lösungen jedenfalls stehen schon in den Startlöchern, um ihre Spezialsoftware auf die neue Version portieren zu können. Dafür ist im letzten Jahr die Variante „Embedded NT“ zur Windows-Familie gestoßen, die keinen Monitor benötigt und in einen Halbleiterspeicher von allerdings 20 MB passt. Der Hauptspeicherbedarf beträgt 16 MB. Windows CE hingegen kommt mit 40 KB für Haupt- und 256 KB für Massenspeicher aus. Windows CE und Embedded NT ergänzen sich, sie stehen nicht gegeneinander. Anwendungen auf Windows CE zu realisieren, erfordert heute viel Engineering und wird zu einem guten Stück proprietär bleiben, da Fehlendes ergänzt werden muss. CE-Treiber für beispielsweise 100-Megabit-Ethernet seien schwer oder gar nicht beschaffbar, heißt es von Seiten der Industrie. Für eine verkettete Fertigung ist wichtig, dass Windows NT Embedded aufwärts kompatibel ist. Der Anwender kann so eine große Zahl bestehender Treiber einsetzen. Damit steht ihm ein Baukasten zur Verfügung, der mit geringen Hardwareanforderungen die Entwicklung des gewünschten Systems ermöglicht.
Microsoft hat mit Windows NT/NTE/CE und den assoziierten Technologien von OLE bis zu OPC die technologische Basis für kommende Automatisierungsstrukturen geschaffen, zumal alle wesentlichen Anbieter, von Allen-Bradley bis Schneider Automation, auf diese Technologien setzen. Alternativen, wie sie derzeit mit Unix und Linux im Büro bestehen, sind nicht in Sicht.
Durch das Umschwenken von Hardware- auf Software-Lösungen entsteht eine spannende, aber auch schwierige Herausforderung an die Steuerungstechnik. Das betrifft besonders die Hersteller von klassischen Automatisierungssystemen. Sie müssen nicht nur die Entwicklungs-Ressourcen für diesen Wandel zu Verfügung stellen, sondern auch ihre Geschäftsabläufe umgestalten. War bisher durch den Verkauf von Hardware-Komponenten sichergestellt, dass sich diese Leistung in einem angemessenen Umsatz widerspiegelte, so muss nun der Kunde davon überzeugt werden, dass eine adäquate Software-Komponente in Form einer „CD-Rom“ einen gleich großen Wert darstellt. Dieser Substitutionseffekt tritt an allen Fronten auf. Software ersetzt Hardware und Software in gleicher Weise.
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