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Sonne und Raps halten den Betrieb am Laufen

Regenerative Energien sind auch für die Industrie interessant
Sonne und Raps halten den Betrieb am Laufen

Steigende Kosten für konventionelle Energieformen machen erneuerbare Quellen für Unternehmen immer interessanter. Konsequent auf das jeweilige Gebäude und dessen Umgebung abgestimmt, sind sie nicht nur umweltfreundlich, sondern auch wirtschaftlich.

Prof. Dr. Wilfried Zörner ist Leiter des Kompetenzzentrum Solartechnik an der Fachhochschule Ingolstadt

Es gibt zwar schon die eine oder andere publikumswirksame Nullemissionsfabrik, die Verbreitung regenerativer Energieformen im industriellen Umfeld wird dem Potenzial der Technik jedoch bei Weitem noch nicht gerecht. Dabei geht es bei der Nutzung erneuerbarer Energien nicht nur ums Einspeisen von Solarstrom, sondern vielmehr ums Erzeugen von Wärme für die verschiedensten Produktionsprozesse. Auch solcher, die bislang – energetisch eher sinnlos und teuer – mit Strom betrieben wurden.
Gerade in Zeiten ständig steigender Energiekosten sind erneuerbare Energiequellen nicht nur eine umweltfreundliche, sondern zunehmend auch eine wirtschaftlich interessante Lösung. Das gilt umso mehr, wenn man die verschiedenen Fördermöglichkeiten berücksichtigt, die der Staat anbietet.
Regenerative Systeme folgen immer dem gleichen Grundprinzip: Die Energie wird dezentral erzeugt, beispielsweise durch eine Solaranlage auf dem Dach, Wärmepumpen in der Heizzentrale oder eine Photovoltaikanlage in der Fassade. Die Anlagen nutzen lokale Energiequellen, etwa den Erdboden, den Wald in der Nähe oder den am Gebäude vorbei fließenden Bach.
Im Gegensatz zu konventioneller Gebäudetechnik, erfordert der Einsatz regenerativer Energien eine intensive, ganzheitliche Planungsphase, in die sowohl der Bauherr und der Architekt als auch der Energie- und der Gebäudetechnik-Planer einbezogen sein müssen. Ist das der Fall, entstehen Lösungen wie die nachfolgend beschriebene. Die Aufgabe lautete hier, Wärme für ein Temperaturniveau von bis zu 80 °C – etwa zum Reinigen von Behältern, zum Trocknen oder Temperieren – sowie Kälte zum Kühlen von Maschinen zu erzeugen. Die Wärme-Grundlast übernimmt in diesem Fall ein Blockheizkraftwerk (BHKW), das mit Rapsöl betrieben wird. Neben der erforderlichen Wärme produziert es Strom, der selbst verbraucht oder in das öffentliche Netz eingespeist werden kann. Der Vorteil dieser Kraft-Wärme-Kopplung liegt in der maximalen Ausnutzung des jeweiligen Brennstoffs.
Ein solches System lässt sich im Falle von Kältebedarf weiter ausbauen und optimieren: Ein Teil der vom BHKW produzierten Wärme wird dabei zum Betrieb einer so genannten thermischen Kältemaschine verwendet. Ein Großteil des Stroms, der für die herkömmliche Kälteerzeugung erforderlich wäre, wird so eingespart. Dadurch erhöht sich die Effizienz des Energieeinsatzes nochmals. Die Kombination mit einer thermischen Solaranlage bringt weitere Vorteile: Bei ausreichend Sonnenschein wird die Kältemaschine direkt von der Solaranlage versorgt. Ist der Kältebedarf gering, so steht die Solaranlage auch als Wärmelieferant zur Verfügung.
Ein weiteres, gelunges Beispiel ist die vor Kurzem eröffnete Halle J des Güterverkehrszentrum Ingolstadt. Neben dem Service Training Center der Audi AG sind in dem Gebäude, das eine Bruttogrundrissfläche von etwa 10 000 m² hat, Büroräume und ein Hotel untergebracht. Von Beginn an hat das Ingolstädter Architektur- und Planungsbüro PBB gemeinsam mit dem Bauherren, der IFG Ingolstadt GmbH, und dem Kompetenzzentrum Solartechnik an der Fachhochschule Ingolstadt innovative Gebäudetechnik vorgesehen.
Die aus insgesamt fünf Wärmepumpen bestehende Anlage mit einer Wärmeleistung von rund 320 kW und einer Kälteleistung von etwa 240 kW versorgt das Gebäude mit der nötigen Energie zum Heizen und Erwärmen des Brauchwassers. Die Wärmepumpen beziehen die notwendige Verdampferenergie aus der 50 cm dicken Bodenplatte, die ein rund 12 km langes Rohrregister enthält, oder alternativ aus 72 Erdsonden. Letztere sind 40 m tief in den Boden eingelassen. Im Falle ausreichender Sonneneinstrahlung versorgen die auf dem Flachdach des Gebäudes installierten knapp 300 m2 Flachkollektoren die Wärmepumpen oder den Wärmespeicher direkt. Überschussenergie wird in der Bodenplatte eingelagert. In den Decken des Gebäudes ist ein Netzwerk aus 45 km Kunststoffrohr verbaut, mit dessen Hilfe der Baukörper auf einer konstanten Temperatur gehalten wird. Dadurch verringern sich die Kühl- und die Heizlast.
Im Gebäude sorgen zwei Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung jeweils für einen Luftdurchsatz von rund 8000 m³/h. Die Kühlung erfolgt über solarunterstützte DEC-Anlagen. DEC steht für Dessicant and Evaporative Cooling. Dabei wird die Kälte über die Kombination von Lufttrocknung (Sorption) und anschließender Verdunstungskühlung erzeugt. Für die Regeneration (Desorption) des Generators nutzt das System die Wärme, die mit Hilfe der Solarkollektoren gewonnen wird. Dass sich hohe Sonneneinstrahlung und hoher Kühlbedarf zeitlich decken, wirkt sich positiv auf die Stromkosten aus. Der Grund dafür: Elektrische Energie ist lediglich für den Antrieb der Ventilatoren erforderlich. Konventionelle Kompressionskältemaschinen gewinnen dagegen die komplette Kälteleistung aus teurer elektrischer Energie. Der um etwa 50 % reduzierte Stromverbrauch bedeutet eine Primärenergieeinsparung von rund 150 000 kWh im Jahr, was einen um 40 t geringeren CO2-Ausstoß zur Folge hat. Darüber hinaus reduziert die Solaranlage die Betriebskosten für Heizung und Warmwasser um etwa 30 %. Um die Auslegung der Anlage beurteilen zu können und um Unsicherheiten bei der Planung zukünftiger Anlagen zu beseitigen, erfasst umfangreiche Messtechnik das Betriebsverhalten.
Informationen über Förderprogramme: www.bmwa.bund.de
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