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Sparen bei Druckluft, Motor und Pumpe

Energieeffizienz: Gut für die Wettbewerbsfähigkeit
Sparen bei Druckluft, Motor und Pumpe

Die effizientere Nutzung von Energie wird mit steigenden Preisen zu einem Wirtschaftsfaktor für Industrieunternehmen. Technisch ausgereifte Systeme, die sparen helfen, gibt es schon. Institutionen wie der ZVEI und der VDMA, aber auch Hersteller weisen auf deren Möglichkeiten hin und bieten Beratung an.

Rund 70 % des Stroms in der Industrie werden für elektrische Antriebe benötigt. Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Anlagen veraltet, fehlerhaft ausgelegt oder unzureichend gewartet sind. Allein durch Verbesserungen elektrischer Antriebstechnik ließen sich nach Einschätzung des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. (ZVEI) rund 20 Terawattstunden (TWh) Strom oder 1,5 Mrd. Euro pro Jahr einsparen.

Den technisch realisierbaren wie auch ökonomisch sinnvollen Potenzialen steht aber eine nur sehr geringe Zahl an tatsächlich umgesetzten Maßnahmen zum Reduzieren des Energieverbrauchs gegenüber. Das enorme Einsparpotenzial – es liegt zurzeit in den meisten Industriebranchen zwischen 25 und 35 %, in der Textilbranche werden gar 48 % angenommen – wird wohl schlicht unterschätzt.
Der teuerste Energieträger in der Industrie ist nach wie vor die Druckluft. Experten schätzen das Einsparpotenzial bei der industriellen Anwendung allein in Deutschland auf rund 276 Mio. Euro. „Die Ausschöpfung dieser Potenziale wäre der Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen zuträglich“, sagt Prof. Dr. Norbert Hüttenhölscher, Leiter der Energieagentur NRW in Wuppertal. Lecks in Rohrleitungen führen dazu, dass große Mengen des teuren Energieträgers entweichen.
Um die Energie- und Kosteneffizienz von Pumpensystemen zu steigern, sind die Systemstellen mit den größten Effizienzpotenzialen zu identifizieren. Hierzu gehören zum Beispiel das Anpassen von Pumpe, Antrieb und Rohrleitung an die hydraulische Nutzleistung, die maximal benötigt wird, sowie das Regeln der Aggregate. Besonders bei Anlagen mit schwankender Last lohnt es sich, drehzahlgeregelte Pumpen einzusetzen. Diese verbrauchen wesentlich weniger Energie als Systeme, die durch eine mechanische Drossel geregelt sind.
Meist aber werden Antriebe für Industrie- und Infrastrukturprojekte bei der Projektierung überdimensioniert – einerseits, weil die genauen Betriebsbedingungen nicht feststehen, andererseits, weil von Hause aus mit einem höheren Sicherheitszuschlag gearbeitet wird. Damit laufen die meisten Antriebe in Arbeitspunkten, die energetisch ungünstig sind oder weit unterhalb ihres Optimums liegen. Meist werden dann noch Strömungsmaschinen wie Pumpen, Lüfter und Kompressoren nach traditionell bewährten, mechanisch-orientierten Regelverfahren mittels Drosselklappen oder Bypass gesteuert. Dies hat zur Folge, dass sich Veränderungen im Medienbedarf nur durch Verschieben der Anlagenkennlinie ausregeln lassen. Die Leistungsaufnahme des Motors reduziert das nur unwesentlich. Die nicht nutzbare hydraulische Leistung fällt als Zusatzverlust an und verursacht auch noch betriebliche Probleme, wie beispielsweise ein häufig unerwünschtes Erwärmen des Mediums. Erfahrungen zeigen, dass für 30 % dieser Antriebe ein drehzahlvariabler Betrieb technisch möglich und sinnvoll ist, denn im Gegensatz zur Drosselung verändert der drehzahlvariable Betrieb mit einem Frequenzumrichter nicht die Anlagenkennlinie, sondern die Pumpenkennlinie.
Da Pumpen und Lüfter einen quadratischen Drehmomentverlauf haben, ist das Verhältnis zwischen Drehzahl und Leistung kubisch. Halbiert man also beispielsweise die Drehzahl, so benötigt der Antrieb nur noch ein Achtel der ursprünglichen Leistung. Drehzahlveränderbare Antriebe können nun die Pumpenkennlinie dorthin legen, wo sie der Prozess benötigt. Dies bringt sofort Energieeinsparungen bis zu 50%.
Weitere Einsparmöglichkeiten ergeben sich durch den Einsatz von Energiesparmotoren der EU-Wirkungsgradklasse Eff1 oder der amerikanischen Norm Epact. Grundsätzlich amortisiert sich ein Energiesparmotor Eff1 schon bei 2000 Betriebsstunden pro Jahr. Bei Stellantrieben oder kürzerer Betriebsdauer rechnet sich auch ein im Wirkungsgrad optimierter Motor nach Eff2. Betreiber sollten deshalb besonders im Reparaturfall nachrechnen, ob nicht der Einsatz eines neuen Energiesparmotors wirtschaftlicher ist als eine Reparatur. Zum einen fallen hohe Reparaturkosten weg, und zum anderen verschlechtert sich bei Neuwicklung des Motors der Wirkungsgrad immer um einige Prozentpunkte.
Positiv bemerkbar macht sich das Umrüsten vorhandener Antriebe auf Frequenzumrichterbetrieb. Auf der Ebene der Prozessautomatisierung können mathematische Optimierungsverfahren die kostengünstigste Kombination zum Beispiel von Pumpen sowie deren Betriebsparametern für einen gegebenen Durchsatz ermitteln. Auf diese Weise fahren drehzahlvariable Pumpenantriebe stets im Bereich ihres optimalen Wirkungsgrades. Wird das genannte Potenzial ausgeschöpft, sinkt nach Angaben des Hamelner Antriebsspezialisten Lenze nicht nur die Stromrechnung insgesamt um mehr als 1 Mrd. Euro, sondern moderne Frequenzumrichter können auch die Produktivität der Betriebe nachhaltig erhöhen, indem Regelungs- und Steuerungsaufgaben direkt vor Ort erledigt werden. Obwohl der Anteil der Frequenzumrichter im Bezug zu den verkauften Drehstrommotoren stetig zunimmt, sind heute aber erst rund 30 % aller verkauften Antriebssysteme drehzahlgeregelt.
Um das Einsparpotenzial beim Einsatz von Energiesparmotoren und Frequenzumrichtern schnell abschätzen zu können, bietet der Geschäftsbereich A&D der Nürnberger Siemens AG das Berechnungsprogramm SinaSave an. Damit können die Energiesparpotenziale von elektrischen Antrieben in der Prozessindustrie jetzt online berechnet werden. Das Berechnungstool steht unter www.siemens.de/energiesparprogramm zum Download bereit. Es berechnet die Einsparung beim Einsatz von Frequenzumrichtern für drehzahlvariable Systeme oder beim Einsatz von Energiesparmotoren für Anwendungen mit fester Drehzahl. Dabei wird nicht der einzelne Antrieb, sondern der komplette Antriebsstrang betrachtet.
Inzwischen kann festgestellt werden, dass sich Contracting als eine Möglichkeit zur Finanzierung von Effizienztechnologie allmählich auf dem Markt etabliert. Der große Vorteil beim Contracting liegt nach Aussagen der Energieagentur NRW darin, dass Anschaffungen zur Effizienzsteigerung ohne große Investitionen durchgeführt werden können.
Hans-Ulrich Tschätsch Fachjournalist in Oberhausen
Geringere Drehzahl senkt Verbrauch um die Hälfte

Contracting: Druckluft zum Festpreis
Um das Thema Energieeffizienz in Druckluftnetzen populärer zu machen, bietet die Energieagentur NRW mehrmals im Jahr Veranstaltungen mit Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen zu Energieeffizienz, Produktivität und Contracting bei der industriellen Druckluftnutzung an. Contractingmodelle sollen es ermöglichen, eine Anlage von einem Partner zum transparenten Festpreis energie- und kosteneffizient betreiben zu lassen. In diesem Zusammenhang spricht sich Joachim Schmid vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für ein kontinuierliches Controlling der Systeme aus: „Druckluftanlagen, die regelmäßig von Experten kontrolliert und dokumentiert werden, sparen nicht nur bare Münze, sondern garantieren auch ein Höchstmaß an Betriebssicherheit.”
Die Veranstaltungen der Energieagentur wenden sich an Betriebsleiter und Betriebsingenieure, Energie- und Umweltbeauftragte sowie Energieberater und finden unter der Überschrift „Dichtung und Wahrheit – Optimierung von Druckluftanlagen” regelmäßig statt.
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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