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Sprache der Kunden sprechen

Friedrich Scherzinger und Dr. Manfred Stoll von Eichenauer Heizelemente zum Markteintritt
Sprache der Kunden sprechen

Was tun, wenn der angestammte Markt kein Wachstum mehr bietet? Der Einstieg in eine neue Branche erweist sich als schwieriger Weg. Die beiden Geschäftsführer des Zulieferers Eichenauer wissen, wie der Markteintritt gelingt.

Eichenauer hat als Zulieferer der Hausgeräte-Industrie den Einstieg in die Automotive-Branche geschafft. Wie gelingt das?

Friedrich Scherzinger: In den Jahren 1999/2000 haben wir die strategische Entscheidung getroffen, dass wir neben den Bereichen Weiße Ware, Hausgeräte und Industrie auf dem Automobilsektor aktiv werden wollen. Voraussetzung war, dass wir unsere Heiztechnologien anwendungsspezifisch in der anderen Branche adaptieren können. Wir haben von Anfang an Nägel mit Köpfen gemacht, ein neues Team aufgebaut, zusammengesetzt aus bewährten Entwicklern aus unserem Haus und neuen Mitarbeitern, die wir aus der Automobilbranche verpflichtet haben.
Wo liegen die Erfolgsfaktoren?
Scherzinger: Man muss bereit sein, den finanziellen Aufwand zu erbringen. Das Unternehmen muss mehrere Jahre entwickelnund investieren, bevor Geld zurückfließt. Man hat zudem die Schwierigkeit des Markteintritts. Wir mussten zu Beginn feststellen, dass unsere Lösungen oft zu ausgefeilt waren. Zweifel bestanden anfänglich, ob wir als Newcomer überhaupt in der Lage sind, aus dem Stand heraus eine Großserie hinzubekommen: termingerecht, in der Qualität und Menge wie von der Automobilindustrie gefordert. Deshalb gab es Rückschläge; mit denen hatten wir aber gerechnet.
Manfred Stoll: Unser Bekanntheitsgrad im Automotive-Bereich war damals nicht hoch. Mit einem Innenraumheizer hatten wir schließlich das erste erfolgreiche Automobilprodukt. Aber für Anwendungenim Inneren des Motorraums waren wir trotzdem noch nicht bekannt genug. Wir befanden uns schließlich im Wettbewerb zu Unternehmen, die an Position eins und zwei standen. Unser hervorragendes Engineering und die optimale Beratung der Kunden, führten letztlich zum Erfolg.
Wie überzeugen Sie als Neuling die Kunden, dass Sie die Anforderungen erfüllen?
Scherzinger: Wir haben Mitarbeiter aus dem Automobilsektor verpflichtet, weil uns bewusst war, dass wir die Sprache, die Qualitätsnormen und die Rahmenbedingungen in der Automobilbranche nicht genügend kennen. Die Grundanforderungen, die Begrifflichkeiten im Produktentstehungsprozess, all das muss der Entwickler beherrschen. Und: man braucht unbedingt ein Referenzobjekt, um zu überzeugen. Wenn man schließlich mit einer Anwendung in jedem Golf vertreten ist, fällt die restliche Überzeugungsarbeit natürlich leichter.
Bis wann zahlt sich die Investition aus ?
Scherzinger: Die Investition im Automobilsektor zahlt sich schon jetzt voll und ganz aus – wobei wir grundsätzlich aber mit einem F+E-Anteil von über zehn Prozent ständig in Vorleistung treten. Entwicklungszeiten von zwei bis drei Jahren sind eher die Regel als die Ausnahme. Aber das ist ein generelles Problem der Zulieferindustrie und des Mittelstands.
Welche Rolle spielen Partnerschaften?
Stoll: Wir entwickeln und produzieren denelektrischen PTC-Innenraumzuheizer für Pkw in dem mit der Beru AG gegründeten Joint Venture Beru Eichenauer GmbH. Der Erstkunde war Volkswagen mit der Golf- Plattform. Alle anderen Produkte kommen ausschließlich von uns: zum Beispiel Diesel- Vorwärmung, Wischwasserbeheizung, Ventilbeheizung oder Lenkradbeheizung.
Welche Ziele haben Sie in anderen Industrien?
Scherzinger: Wir haben heute vier Geschäftsbereiche: Weiße Ware, Hausgeräte, Industrie/Automobil und den jungen Bereich Luftfahrt/Aerospace. Wir gehen jetzt überall mit der gleichen Strategie wie in der Automobilindustrie vor, also ganz auf die jeweilige Branche konzentriert.
Wie unterschiedlich ticken diese Industriezweige?
Stoll: Ein extremes Beispiel ist die Luftfahrt. Dort ist man noch strenger, was die Qualitätsnormen betrifft, als in der Automobilindustrie. Es benötigt noch mehr Zeit, um in den Markt einzutreten. Es herrschen Langanhaltende, enge Lieferbeziehungen und lange Produktlebenszyklen. und es dauert, bis die Luftfahrtindustrie währte Prozesse ändert.
Welche Umsatzziele verfolgen Sie?
Scherzinger: Bei den Umsätzen macht der Automobilbereich mittlerweile 40 Prozent aus, größte Sparte sind die Hausgeräte mit 55 Prozent. Langfristig wollen wir den Umsatzanteil der Automobilindustrie steigern. Unsere Wachstumsziele sind recht ehrgeizig, und wir können diese erreichen, weil wir mittlerweile international aufgestellt sind.
Welche Wertschöpfung erbringen Sie in Deutschland, welche im Ausland?
Scherzinger: Wir haben aus unserer sozialen Verpflichtung heraus das grundsätzliche Interesse, alles am Heimatstandort zu fertigen. Da dies nicht geht, belassen wir die hoch automatisierten und Hightech-Prozesse in Deutschland, außerdem Prozesse, bei denen es sich nicht lohnt zu verlagern, weil sie hohe Anforderungen an die Güte oder Logistik stellen. Leider kommt von den Kunden oft die formale Anforderung, die Produktion zu verlagern.
Stoll: Die Entscheidung einer Produktionsverlagerung hängt auch von der Stückzahl ab. In industriellen Anwendungen geht es häufig um Stückzahlen von 1 bis 1000. So eine Fertigung zu verlagern ist nicht einfach und rechnet sich in der Regel nicht.
Gibt es weitere Gründe?
Scherzinger: Im Industriesektor ist die Kundennähe entscheidend. Es geht darum schnell zu reagieren und vor Ort zu sein. Die Lohnkosten spielen nicht die große Rolle. Ganz anders ist das in der Großserie. Dort geht es darum, den Prozess sicher darzustellen.
So mancher Zulieferer kommt schon wieder aus Osteuropa zurück …
Scherzinger: Ein Problem ist für Mittelständler naturgemäß die fehlende Management-Kapazität, um den Auslandsstandort zu betreuen. Wir besetzen Management-Positionen mit lokalen Mitarbeitern und trainieren sie so gut, dass sie in der Lage sind, das Werk schließlich selbst zu führen.
Welche Grundsätze verfolgt Eichenauer als Familienunternehmen?
Scherzinger: Die Inhaberfamilie ist bestrebt, die Arbeitsplätze in Deutschland zu halten. Die Familie ist auch bereit zu investieren, die Firma soll wachsen, das ist die klare Botschaft. Das geht nur vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen in Deutschland. An unseren Standorten in Tschechien, China und den USA ist bislang hauptsächlich Produktion angesiedelt, wir müssen uns allerdings auch Gedanken machen, was das Engineering dort angeht.
Tilman Vögele-Ebering

Steckbrief: Eichenauer
Die Eichenauer Heizelemente GmbH & Co. KG entwickelt, produziert seit mehr als 80 Jahren elektrische Heizsysteme. Das Unternehmen aus Hatzenbühl/Pfalz (weltweit mehr als 500 Mitarbeiter, über 45 Mio. Euro Jahresumsatz) erarbeitet Lösungen für
  • Hausgeräte (Weiße Ware/Haushaltskleingeräte),
  • Automotive,
  • Industrie (mit Medizintechnik)
  • Aerospace.
1972 entwickelte Eichenauer als erster PTC-Heizelemente (PTC = Positive Temperature Coefficient), die Heizen auf kleinstem Raum ermöglichen. www.eichenauer.de
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