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Synthetischer Diamant schützt vor Verschleiß

Diamantbeschichtung erlaubt stundenlanges Trockenlaufen
Synthetischer Diamant schützt vor Verschleiß

Synthetischer Diamant schützt vor Verschleiß
Während der CVD-Diamantschichtung wachsen die einzelnen Diamantkristalle zu einer Schicht zusammen (Bild: WTM)
Als härtestes Material überhaupt ist Diamant der bestmögliche Verschleißschutz. Häufig verhindern jedoch Haftungsprobleme den industriellen Einsatz. Gelöst sind sie zum Beispiel bei Hartmetallwerkzeugen oder Titanbauteilen.

Dr. Stefan Rosiwal leitet die Geschäftsstelle des Forschungsverbundes Forob am Lehrstuhl Werkstoffkunde und Technologie der Metalle der Universität Erlangen-Nürnberg, Sprecher: Professor Robert Singer

Diamant (griechisch adamadas = der Unbezwingbare) besitzt einzigartige Eigenschaften. Er weist von allen Werkstoffen die höchste Härte und Wärmeleitfähigkeit auf. Sein hoher Brechungsindex und seine optische Transparenz ließen ihn schon im Altertum zu einem begehrten Schmuckstein werden. Die Inertheit gegen aggressive Chemikalien und die niedrigen Reibwerte prädestinieren ihn als extrem gute Verschleißschutzschicht. Diese außergewöhnlichen Eigenschaften beruhen auf den starken, rein kovalenten Bindungen der Kohlenstoffatome in der Diamantgitterstruktur.
Mitte des 20. Jahrhunderts gelang es, durch Simulation der vulkanischen Diamantentstehung kleine Diamanten im Labor künstlich aus Graphit herzustellen (HTHP-Verfahren: High Temperature High Pressure). Die extrem hohe Härte kann seither für die Produktion von Diamantwerkzeugen (PKD, Polykristalliner Diamant), Schleifscheiben oder Pasten genutzt werden.
Vor etwa 20 Jahren wurde damit begonnen, Diamant aus der Gasphase bei Unterdruck in einem CVD-Prozess abzuscheiden (Chemical Vapour Depositon). Als Ausgangsprodukte benötigt man Wasserstoff und Methan als Kohlenstoffquelle im Verhältnis von 99:1. Zufuhr von Energie regt diese Gasmischung an, sodass Kohlenstoffspezies entstehen und sich auf den kälteren Substratoberflächen als Diamant und Graphit niederschlagen. Da der angeregte Wasserstoff die Graphitabscheidungen sofort wieder wegätzt, lassen sich Bauteile mit einer zwischen 1 und 100 µm dicken Diamantschicht überziehen.
Dieses einfache Beschichtungsprinzip regte viele Forschungsaktivitäten an. Die Einsatzbereiche reichen von der Leis0tungselektronik über Elektronen-Emitter in Flachbildschirmen bis zu Verschleißschutzschichten. Hartmetallwerkzeuge werden seit Anfang der 90er Jahre kommerziell mit Diamant beschichtet, beispielsweise um Graphit zu zerspanen. Damit lässt sich die Lebensdauer der eingesetzten Werkzeuge bis auf das 100fache verlängern. Zudem sind bestimmte Bearbeitungsaufgaben wie das Fräsen langer, schmaler Nuten in graphitfaserverstärkten Epoxyrohren nur mit diamantbeschichteten Werkzeugen lösbar.
Ein weiterer großer Anwendungsbereich für Diamantwerkzeuge wird zukünftig die Bearbeitung von Aluminiumwerkstoffen sein. Da Diamant kaum zu Adhäsion neigt, verhindert er das Bilden von Aluminium-Aufbauschneiden und schützt zugleich gegen abrasive Silizide und andere Härtephasen.
Ein großes Problem beim Beschichten mit Diamant ist die Haftfestigkeit. In industriellem Rahmen lassen sich Stähle zurzeit nicht mit Diamant veredeln. Denn bei den Beschichtungstemperaturen von 800 bis 900 °C zerfallen Eisenkarbide und bilden Graphit-Zwischenschichten, die eine Haftung der Diamantschicht verhindern. Eine ähnliche Problematik tritt beim Diamantbeschichten von Hartmetallen durch die Kobaltbindephase auf, die jedoch durch geeignete Vorbehandlung der Bauteiloberfläche gelöst wird. Neben der problematischen Haftung müssen die Druckeigenspannungen berücksichtigt werden. Sie entstehen in der Diamantschicht beim Abkühlen aufgrund der abweichenden Ausdehnungskoeffizienten von metallischem Substrat und Schicht. In 2 µm dicken Diamantschichten auf Titan treten beispielsweise Druckeigenspannungen von bis zu 6 GPa auf. Sie begrenzen die mögliche Diamantschichtdicke nach oben.
Der Lehrstuhl Werkstoffkunde und Technologie der Metalle (WTM) an der Universität Erlangen-Nürnberg untersucht im Rahmen des Bayerischen Forschungsverbundes für Oberflächentechnik (Forob) seit etwa fünf Jahren die Diamantbeschichtung von Titan und seinen Legierungen. Die dabei entwickelte Technologie ermöglicht es, die hochfesten aber verschleißanfälligen Titanbauteile mit haftfesten Diamantschichten zu versehen. So können Titan-Verdichterschaufeln vor Erosions- oder Reibverschleiß geschützt werden. Auch wird versucht, Titan-Hüftgelenkschäfte komplett zu beschichten, um ihre Langzeitstabilität im menschlichen Körper zu erhöhen. Ein weiteres vielversprechendes Anwendungsgebiet ist der Schutz von Siliziumkarbid-Gleitringdichtungen gegen Verschleiß beim Trockenlaufen von Pumpen. Fehlt eine Schmierung, senkt eine Diamantschutzschicht den Reibkoeffizient von 0,6 auf 0,2 und verlängert somit die Zeit des zerstörungsfreien Trockenlaufs von einigen Sekunden auf über eine Stunde.
Industrieanzeiger
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