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Trotz Auftragszuwächsen den Lagerbestand halbiert

EDI-Datenautobahn mit ERP-System gekoppelt
Trotz Auftragszuwächsen den Lagerbestand halbiert

In den neunziger Jahren musste sich der Bereich Technische Kunststoffteile der BP-Chemicals Plas-Tec GmbH näher am Markt orientieren. Mit der Einführung eines ERP-Systems wurden die Lagerbestände nahezu halbiert und die Durchlaufzeiten der Produkte teilweise um bis zu 30 % verringert.

Paul Vermeehren ist freier Journalist in Karlsruhe

Als sehr gut bezeichnet Manfred Aierstock die Auftragslage. Für den Manager IT und Logistik im Geschäftsbereich Technische Kunststoffteile der BP-Chemicals Plas-Tec GmbH gilt dies nicht nur für den in Rottenacker ansässigen Teil, sondern für alle Bereiche innerhalb der BP-Chemicals GmbH. Die Plas-Tec GmbH gehört zur weltweit agierenden BP-Amoco.
Auch der Geschäftsbereich Technische Kunststoffteile bildet eine technisch eigenständige Einheit, die einen großen Markt an Gebrauchsartikeln aus Kunststoff bedient. In Rottenacker befasst man sich vorwiegend mit der Herstellung von Zulieferartikeln für die Haushaltsgeräte- und Automobilindustrie. Die oft sehr komplexen Produkte werden in Serie im Blas- oder Extrusionsverfahren produziert. Nach dem Spritzen werden die Vorprodukte spanend oder spanlos nachbearbeitet und zu kompletten Baugruppen zusammengefügt.
„Bis vor etwa zehn Jahren verwendeten lediglich die kaufmännische Auftragsbearbeitung sowie die Lohn- und Zeiterfassung Rechner, die über ein Novell-Netzwerk an einer Micro-VAX 2 angeschlossen waren“, erinnert sich IT-Manager Aierstock. „Die Fertigung des rund 500 Artikel umfassenden Produktprogramms steuerten wir jedoch noch manuell mittels einer Plantafel.“ Doch dann expandierte das Unternehmen in den neunziger Jahren. Der Bereich Technische Kunststoffteile benötigte ein moderneres System für das Enterprise Resource Planning (ERP), um die Planungsgeschwindigkeit und -genauigkeit in der Fertigung zu erhöhen und allgemein den Betrieb marktorientiert zu führen.
„Eines unserer Hauptkriterien bei der Suche nach einem geeigneten Anbieter“, erläutert Manfred Aierstock, „war die Integration aller Unternehmensbereiche in einem System und die damit verbundene Datendurchgängigkeit. Viele Softwareanbieter, darunter Dataring und Matras, fielen durch das Raster.“ Die geeignete Lösung fand er schließlich beim Friedrichsthaler Softwareunternehmen Infor Business Solutions AG. Deren ERP-System beinhaltete alle Funktionen vom Einkauf über die Fertigungsplanung und -steuerung bis hin zum Vertrieb. Daneben bot Infor auch Lösungen für die Finanzbuchhaltung und das Qualitätsmanagement von kooperierenden Softwareanbietern an. Diese arbeiten schon seit längerer Zeit mit den Friedrichsthalern zusammen, und für die Software sind ausgetestete Schnittstellen vorhanden.
BP-Chemicals in Rottenacker führte 1990 die damalige Dos-Version des heutigen Infor:NT ein. Im Laufe der Jahre wurden immer wieder Releasewechsel vorgenommen und das Netz ausgebaut, bis das Unternehmen schließlich Ende 1998 mit Infor:NT 5.3 in die Windows-NT-Welt umstieg. Die Ersteinführung bedeutete für den Anwender eine gewaltige Anstrengung. Da keinerlei Stammdaten vorhanden waren, musste alles Schritt für Schritt eingegeben werden. Innerhalb eines halben Jahres nahm das Unternehmen, von Infor unterstützt, die Software nacheinander in Betrieb. Lediglich das Einkaufsmodul arbeitet bis heute nur zum Teil, da das Gros der Rohstoffe und Einbauteile über einen Einkaufspool bezogen wird, der die gesamte BP-Chemicals Plas-Tec GmbH versorgt.
„Neu für uns ist EDI, also Electronic Data Interchange, das wir parallel mit der Einführung von Infor:NT an das ERP-System koppelten“, sagt Manfred Aierstock. Dies sei eine notwendige Entscheidung gewesen. Zulieferbetriebe und Hersteller, vor allem in der Automobilindustrie, tauschen ihre Daten schon seit vielen Jahren über solche Schnittstellen aus. Die Hersteller steuern dabei indirekt die Produktion und die Abläufe der Zulieferer. Das eingesetzte ERP-System muss in der Lage sein, die über EDI eingehenden Daten automatisch in die Fertigungsplanung einfließen zu lassen.
Der kritische Punkt ist die Schnittstelle zwischen der Außenwelt und dem ERP-System. Um die verschiedenen Standards zu vereinheitlichen, wurde mit der sogenannten DFÜ-Box (Datenfernübertragung) der Brettener Seeburger AG eine Schnittstelle konzipiert, die die Daten in ein Format umsetzt, das von Infor:NT gelesen werden kann. Dabei wandelt diese Box die verschiedenen Übertragungsformate und Feldbelegungen der Kunden-DFÜ in ein einheitliches Datenmodell um.
„Wir nutzen für die Datenübertragung nicht die öffentlichen Netze, sondern gehen mit unseren Kunden über das abgesicherte Mark-III-Netz von General Electric“, erklärt der IT-Manager. „Der Kunde schließt einen Vertrag mit GE und bekommt ein Postfach, in das er seine Daten stellt oder aus dem er sie abholt. Dieses Netz ist unabhängig und damit verhältnismäßig sicher gegen Angriffe von außen.“ Künftig will sich der Bereich Technische Kunststoffteile zusätzlich dem Datenaustausch über das Internet zuwenden, um im Hinblick auf E-Commerce flexibel zu bleiben.
Beendet ist die Einführung des ERP-Systems noch nicht. „Bisher laufen die Finanzbuchhaltung und die Kostenträgerrechnung über das Schwesterwerk in Dietenheim, das zentral für alle Betriebsstätten unserer Gruppe diese Aufgaben übernimmt“, nennt Aierstock den Status. „Der Einkaufspool, Lohn und Gehalt sowie die Finanzbuchhaltung sollen auch weiterhin so abgewickelt werden. Mit der Einführung von Varial, einem Produkt der Infor-Partnerfirma ISB, soll jedoch die Kostenträgerrechnung ins eigene Haus geholt werden, um schneller nachkalkulieren zu können.“
Die Kunden kommen heute schon weit im Vorfeld der eigenen Produktion auf den Bereich Technische Kunststoffteile zu, um zusammen neue Produkte zu entwickeln. Dabei werden auch in den Kunststoff eingebettete Teile berücksichtigt, wie beispielsweise Durchflussmesser oder Sensoren. Die Fertigungsaufträge sind in den meisten Fällen Abrufaufträge, mit einer Vorausschau bis zu einem Jahr. Das heißt, der Abnehmer ordert eine größere Menge der benötigten Produkte, die dann in kleineren Fertigungslosen gefertigt und auf Lager gelegt werden. Von dort wird der Kunde dann bei Bedarf bedient. Die wirtschaftliche Größe, in der die Lose gefertigt werden, wird vom ERP-System berechnet.
Hierbei ist es wichtig, einen optimalen Mix zwischen möglichst geringer Lagerhaltung und schneller Reaktion auf Kundenforderungen zu finden. Ein Kriterium für nicht allzu kleine Losgrößen sind auch die Rüstzeiten der Maschinen, die gerade bei Blas- und Extrusionsmaschinen oft erheblich sind. Dazu kommen noch so genannte Schnellschüsse – Aufträge, die immer wieder unerwartet dazwischengeschoben werden müssen. Trotz dieser vielen Parameter, die bei der wirtschaftlichen Fertigung und Lagerhaltung berücksichtigt werden müssen, hat es das Unternehmen mit Infor:NT geschafft, die Lagerbestände selbst bei gestiegenen Auftragszahlen bis heute beinahe zu halbieren und dennoch in jeder Situation lieferfähig zu sein.
„Mit dem ERP-System kann ich schneller und flexibler auf die Gegebenheiten des Marktes reagieren“, resümiert Manfred Aierstock. Neben der besseren Planung bei der Produktion und der Lagerhaltung der Produkte bringt das System weitere Vorteile: „Wir konnten die Durchlaufzeiten der Aufträge – verglichen mit der Planung von Hand – um bis zu 30 % verkürzen und den Aufwand und die Kosten wesentlich reduzieren,“ betont der Logistikleiter.
Der Anwender
Die BP-Chemicals Plas-Tec GmbH ist Teil des weltweit operierenden Industriekonzerns BP-Amoco. Das in Rottenacker ansässige Unternehmen setzt sich aus mehreren unabhängigen Geschäftsbereichen zusammen, die mit der technischen Unterstützung von BP-Chemicals in vielen Marktsegmenten tätig sind.
– Der Geschäftsbereich Technische Teile entwickelt und fertigt Blas- und Spritzgussteile aus Kunststoff, zum Beispiel mehrachsig verkrümmte Rohre oder Luftführungsteile bis zu einer gestreckten Länge von 1,3 m., die auch zu kompletten Baugruppen verarbeitet werden.
– Als Zulieferbetrieb arbeitet er im wesentlichen für die Haushaltsgeräteindustrie mit etwa 60 % der Produktion und für die Automobilindustrie mit rund 40 %.
– Kunden sind beispielsweise Bosch, Siemens, AEG, Bauknecht, Miele und Volvo, Mann & Hummel sowie Phönix.
– Die 350 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von rund 58 Mio. DM pro Jahr.
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