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Ungleichförmig, aber geschmeidig bewegen

Präzise Kurvenscheiben passen in moderne Anlagen
Ungleichförmig, aber geschmeidig bewegen

Häufig wiederholte, ungleichförmige Bewegungen lassen sich sehr gut mit mechanischen Kurvenscheiben ausführen. Allerdings muss beim Auslegen das entsprechende Know-how einfließen.

Dipl.-Ing. Frank Brüstle ist Produktgruppenleiter bei der Karlsruher ZZ Antriebe GmbH

Automatisierung gleich Elektronik – nach dieser Formel boomte lange ein Trend, der neben anderen Entwicklungen dem deutschen Maschinenbau den Ruf des „Overengineering“ einbrachte. Um Schritt- und Pendelbewegungen zu erzeugen, galt der elektronisch angesteuerte Servoantrieb als Ei des Kolumbus. Heute suchen und finden viele Konstrukteure in der Automatisierungstechnik auch andere Antworten auf die Frage, wie sich Leistung und Wirtschaftlichkeit miteinander vereinbaren lassen. Mechanische Schrittgetriebe beispielsweise erhalten eine neue Dynamik, seit sie durch den Fortschritt in der Fertigungstechnik mit hochgenauen Schleifmaschinen hergestellt werden können. Solche Kurvengetriebe in moderner Ausführung bieten dem Anlagenbauer mannigfaltige Möglichkeiten: Mit ihnen lassen sich eine Vielzahl von Bewegungen ausführen, sie sind kompakt konstruiert, benötigen nur relativ wenig Bauraum und erreichen eine lange Lebensdauer.
Durch ihren konstanten Antrieb, der keine Brems- oder Anfahrverluste verursacht, minimieren mechanische Schritt- oder Pendelgetriebe darüber hinaus den Energieverbrauch für periodische Bewegungen. Konstruktionsbedingt wird bei kontinuierlichem Betrieb Energie zwischengespeichert und so die tatsächliche Leistungsaufnahme reduziert. Nicht zuletzt entfällt der Aufwand für Steuerungen und Verkabelungsarbeiten, der beim Einsatz elektronischer Antriebselemente zusätzlich erforderlich wäre.
„Eingebaute Intelligenz“ haben moderne Kurvengetriebe auch ohne integrierte Chips zu bieten. Diese ist in der Form der Kurven enthalten und ermöglicht gleichbleibende Bewegungen, die sich stetig wiederholen.
Je nachdem, was der Konstrukteur über ihre Form vorgibt, übersetzen sie beim Automatisieren von Fertigungs-, Montage- und Transportabläufen hocheffizient ungleichförmige Bewegungen. Wie diese im einzelnen ablaufen, lässt sich mit dem entsprechenden Know-how an die Anforderung anpassen. Dabei erreichen sie eine Positioniergenauigkeit, die kaum zu übertreffen ist. Ihre Teilungsgenauigkeit hängt vor allem von der Qualität ab, die beim Fertigen der Kurvenrollbohrungen zu erreichen ist. Bei Seriengetrieben liegt die Genauigkeit, abhängig von Funktion und Achsabstand, zwischen 25 und 80 Winkelsekunden. Ohne hohen Aufwand ermöglicht die Kurvenmechanik auch sehr gute Werte bei Zuverlässigkeit und Wirkungsgrad, der je nach Bewegungsfunktion und Lastfall unter 95 % liegt.
Eingebaute Intelligenz steckt in der Form der Kurvenscheibe
Durch das geringe Eigenträgheitsmoment sind darüber hinaus kurze Positionierzeiten und Taktfolgen zu erzielen. Die Rollreibungswerte sind günstig, was sowohl eine sehr gute Kraftübertragung sowie wartungsarmen Betrieb ermöglicht.
Um die gewünschten Funktionen des Abtriebs umzusetzen, wenden die Konstrukteure mathematisch exakt berechenbare Bewegungsgesetze anwenden. Mit den in Zahlen ausgedrückten Bewegungsabläufen lassen sich die Möglichkeiten der CAD-/CAM-Fertigung effizient und hochpräzise nutzen. Praktisch jede Bewegungsaufgabe, mit der sich technische Prozesse steuern lassen, können formschlüssige Kurvengetriebe daher bewältigen. Ob Globoid-, Trommel-, Zylinder- oder Scheibenkurve – wenn die Geometrien an den Einsatz angepasst sind, sorgen selbst auf den ersten Blick ungewöhnlich geformte Strukturen für ruck- und stoßfreie Bewegungen.
Ein aktuelles Praxisbespiel zeigt, wie sich die mechanischen Elemente auch in modernen Maschinen nutzen lassen. Im Bereich von Zuführeinrichtungen lautete die Aufgabe, Werkstücke aus einer Vorrichtung anzuheben, um 180° zu schwenken und in einen anderen Träger wieder abzulegen. Die Bewegungsabläufe waren so aufeinander abzustimmen, dass in bestimmten Bereichen reine Hub-, reine Dreh- und reine Senkbewegungen ablaufen. In Zwischenphasen, in denen sich beide Bewegungen überlagern, musste aus Kollisionsgründen ein Profil abgefahren werden. Darüber hinaus sollte die Taktbewegung mit möglichst kleinen Beschleunigungen auskommen.
Mit einem geeigneten Kurvengetriebe ließ sich diese Aufgabe lösen. Spezielle Software half dabei, die einzelnen Bewegungsverläufe an die Randbedingungen anzupassen. Um die aufeinander folgenden Abschnitte zu optimieren, sind die Konstrukteure iterativ vorgegangen: Vor- und Nachteile von veränderten Werten für Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmomente mussten jeweils mit den Anforderungen abgestimmt werden. Trotz ausladender Massen, hoher dynamischer Kräfte und kurzer Taktzeiten positioniert das mechanische Getriebe zuverlässig, formschlüssig und ohne jegliches Nachschwingen.
Dieses Beispiel verdeutlicht, dass Kurvengetriebe an kundenspezifische Anforderungen angepasst werden können. Auch die erfreuliche Tatsache, dass Kurvengetriebe im laufenden Betrieb fast wartungsfrei ihre Funktion erfüllen, prädestiniert sie als Lösung für viele Schalt- und Bewegungsaufgaben.
Abgesehen von den Vorteilen, die moderne Fertigungsverfahren mit sich bringen, verbessern neue Werkstoffe und Wälzlager mit höherer Tragfähigkeit die Lebensdauer von Kurvengetrieben. Durchgehärtete und geschliffene Kurvenkörper beispielsweise stellen sicher, dass alle am Eingriff beteiligten Getriebeglieder exakt geführt werden. Moderne synthetische Schmiermittel reduzieren die Reibung und verringern weiter die Verlustleistung. Langsam laufende Getriebe sind mit einer Fließfett-Lebensdauerfüllung versehen, während bei höheren Drehzahlen spezielle Öle verwendet werden.
Wie die optimale Form des Kurvengetriebes für die jeweilige Anwendung aussieht, muss der Anwender nicht allein berechnen und festlegen. Ausgestattet mit modernen Konstruktionsprogrammen bieten Hersteller ihre Unterstützung und ihr Wissen an, damit die Bewegungen in der Anlage schließlich genau den Vorgaben entsprechen.
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