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Vakuum – alles andere als „nichts“

An Vakuum geht oft kein Weg vorbei – an zu hohen Kosten aber schon
Vakuum – alles andere als „nichts“

Mit einem Umsatz von weltweit 4 Mrd. US-$ ist die Vakuumtechnik eine übersichtliche Branche. Sie spielt jedoch für unzählige Prozesse eine sehr wichtige Rolle und kann deren Kosten nach oben oder unten treiben – je nach Wahl der Anlagentechnik.

Dr. Monika Mattern-Klosson ist Mitglied der Geschäftsleitung der Leybold Vacuum GmbH, Köln, und zugleich Vorsitzende der Fachabteilung Vakuumtechnik im VDMA

Vakuum ist nicht Vakuum. Das technisch realisierbare Druckspektrum reicht von Atmosphärendruck bis 10-12 mbar. Es gibt daher kein allumfassendes Vakuumpumpsystem, das jedes Druckniveau erzeugen könnte. Wichtig ist, anwendungsbezogene Besonderheiten vorzeitig zu erkennen und zu berücksichtigen. Der Auswahl des Vakuumsystems kommt eine entscheidende Bedeutung zu, sollen die Betriebskosten in Grenzen gehalten werden.
Es ist üblich, das große Druckspektrum zu unterteilen, wobei sich für die Angabe des Druckes das „mbar“ (= 100 Pa) durchgesetzt hat:
  • Grobvakuum 1 – 1013 mbar (Atmosphärendruck)
  • Feinvakuum 10-3 – 1 mbar
  • Hochvakuum 10-7 – 10-3 mbar
  • Ultrahochvakuum 10-12 – 10-7 mbar
Je besser die Qualität des Vakuums sein soll, desto größer ist der technische Aufwand, es zu erzeugen. Doch nicht jeder industrielle Verfahrensschritt benötigt Ultrahochvakuum. Für viele Anwendungen reicht ein geringer Unterdruck. Die folgenden Beispiele zeigen typische Anwendungen mit den dafür in Frage kommenden Vakuumsystemen:
In der Lasertechnik reicht Grobvakuum völlig aus, ebenso wie in der Lebensmittel- und Verpackungstechnik, der Chemie und in der Labortechnik. Bei CO2-Lasern zum Beispiel wälzen Turboradialgebläse das Gasgemisch zur Kühlung um und arbeiten dabei mit Drücken um 120 mbar.
Transport- und Hebeeinrichtungen mit Vakuumsaugern erleichtern das Handhaben großvolumiger Güter. In Labors laufen vielfältige Prozesse unter Grobvakuum ab: zum Beispiel das Sieden, Verdampfen, Destillieren, Trocknen, Entgasen, Imprägnieren oder Separieren.
Typische Aggregate für den Grobvakuumbereich sind Turbo-Radialgebläse, einstufige Drehschieber-Vakuumpumpen sowie Hubkolben-, Membran- und Flüssigkeitsring-Vakuumpumpen.
Feinvakuum benötigen der Automobilbau, die Lampen- und Röhrenfertigung, die Kälte- und Klimatechnik und auch die Fernwärmeversorgung. Die Automobilindustrie erzeugt hochfeste Materialverbindungen mit Hilfe von Laser- und Elektronenstrahlschweißanlagen, die nur unter Vakuumbedingungen arbeiten können. Auch Wabenkörper von Metall-Katalysatoren werden unter Luftabschluss gelötet.
Verschleißschutzschichten, die unter Vakuum aufgetragen werden, erhöhen die Haltbarkeit von Maschinenteilen um ein Vielfaches. Auch die Dichtigkeit von Leichtmetallfelgen wird im luftleeren Raum geprüft.
Aufgrund der Abwesenheit von Materie ist Vakuum ein hervorragender Wärmeisolator. Aus diesem Grund können Fernwärmenetze größere Entfernungen ohne nennenswerte Energieverluste überbrücken.
Aggregate, die Feinvakuum erzeugen können, sind zweistufige Drehschieber- und Sperrschieber-Vakuumpumpen, Kreis- und Wälzkolben-Vakuumpumpen, Schrauben- sowie Dampfstrahl-Vakuumpumpen.
Charakteristische Anwendungen von Hochvakuum finden sich in der Beschichtungstechnik und im Verschleißschutz, in der Metallurgie, Umwelttechnik, Halbleitertechnik und in der Elektronik.
So ermöglicht Hochvakuum das Reinigen von Stählen. Unerwünschte Spurenelemente lassen sich aus der Schmelze entfernen und somit Legierungen nach Maß herstellen.
Die Halbleitertechnik bildet die technische Basis für die Informationsgesellschaft. Unter Vakuumbedingungen werden so genannte Einkristalle „gezüchtet“, die sich durch ihre regelmäßige Atomstruktur von amorphen Kristallgittern unterscheiden. Geschnitten in dünne Scheiben (Wafer), sind sie das Substrat, auf dem elektrisch leitende Dünnfilmschichten der Mikroelektronik (ebenfalls unter Vakuum) aufgetragen werden, bevor sie als Chips in Computern landen.
Viele Verfahren zum Veredeln oder Beschichten von Oberflächen lassen sich nur im Vakuum realisieren – ob nun Werkzeuge verschleißsicher gemacht werden sollen, Lebensmittelverpackungen beständiger oder Folien hochwertiger. Aufdampfen, Zerstäuben, Plasmabeschichten, Aluminisieren und Metallisieren gehören zu diesen Prozessen.
Erzeugt wird Hochvakuum mit Diffusionsejektor-, Adsorptions- und Turbomolekularpumpen.
Auch für Ultrahochvakuum gibt es ein weites Anwendungsfeld. Häufig werden Drücke im Bereich von 10-7 bis 10-12 mbar gewählt, um zu verhindern, dass Restgasanteile die mittlere freie Weglänge einzelner Teilchen zu sehr einschränken oder Prozesse stören. Klassische Einsatzbereiche für Ultrahochvakuum sind die Analysetechnik und die Forschung, aber auch die Luft- und Raumfahrttechnik und die Weltraumsimulation.
Luft- und Raumfahrzeuge müssen unter Weltraumbedingungen getestet werden, bevor sie zum Einsatz kommen. Das gilt für neue Raketenantriebe ebenso wie für Materialgruppierungen, die auf ihre Zuverlässigkeit hin zu prüfen sind.
In der Analysentechnik haben sich Elektronenstrahlmikroskope durchgesetzt, die hochauflösende elektromagnetische Wellen im Vakuum nutzen. Rastertunnelmikroskope bieten heute Auflösungen bis in den atomaren Bereich hinein.
Mit einem einzigen Vakuumpumpentyp lässt sich Ultrahochvakuum nicht herstellen. Deshalb erzeugt zunächst eine vorgeschaltete Pumpe ein Vorvakuum, den Rest erledigen Ultrahochvakuumpumpen, Turbomolekular- und Diffusions-Vakuumpumpen, Sublimations-, Ionenzerstäuber- oder Kryo-Vakuumpumpen.
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