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Verfügbarkeit zählt viel mehr als der Preis

Pneumatik: Wonach Praktiker ihre Komponenten auswählen
Verfügbarkeit zählt viel mehr als der Preis

Wenn ein Anwender „alles aus einer Hand“ haben möchte, muss der Anlagenbauer auch für eingebaute Komponenten geradestehen. Was bei der Auswahl pneumatischer Zylinder oder Ventile zählt, zeigt das Beispiel eines Herstellers von Montageanlagen.

Bernhard Foitzik ist Fachjournalist in Neustadt an der Weinstraße

„Für eine einfache Bewegung von A nach B ist eine pneumatische Lösung die kostengünstigere. Auch wenn es noch so schick ist, darf man hier keine elektrischen Servoantriebe anbieten“, sagt Ernst Kieninger, Geschäftsführender Gesellschafter der Grässlin Automationssysteme GmbH, St. Georgen. In seinem Unternehmen bauen heute 30 Mitarbeiter Montageanlagen, mit Schwerpunkt bei Palettierstationen.
Das Gerangel um Preise in diesem Markt lässt keinen Spielraum für Experimente. „Wir verkaufen eigentlich nur Systemlösungen“, sagt Kieninger. Diese Aussage sei allerdings nicht als Credo für Einzelanfertigungen zu verstehen: Standardzellen werden von Fall zu Fall kundenspezifisch modifiziert. Für ideal hält der Montageanlagenhersteller ein Verhältnis von 90 % Standard zu 10 % Anpassung, wobei in der Anpassung ein großer Teil der Wertschöpfung entstehe.
Wie die meisten Hersteller hat auch Grässlin eine Hausmarke für seinen Bedarf an Pneumatik, und an die Produkte dieses Herstellers sind die Anschlussmaße der Standardzellen angepasst. Jedoch ist jeder Kunde frei bei der Auswahl bestimmter Komponenten gemäß seiner Betriebsmittelvorschrift – gegen Mehrpreis.
Den Service der Pneumatik-Hersteller, der Anpassungen erleichtert, lobt Engelbert Nagel, Leiter Engineering, grundsätzlich: „Die Branche hat erkannt, dass nur bleibt, wer technische Beratung anbietet.“ Hilfreich seien die mittlerweile gängigen CAD-Kataloge. Während ein Teil der Pneumatik-Hersteller aber lediglich Abmessungen von Produkten auf elektronischem Weg bereitstellt, sind andere schon viel weiter, bis hin zu unterstützenden Engineering-Tools. Nagel: „Für mich als Konstrukteur ist das ein wichtiges Kriterium, einen Hersteller zu bevorzugen.“ Mächtige Tools reduzieren seinen Routineaufwand beträchtlich. Die gesparte Zeit steckt er in die Konzeption und Ausarbeitung des Gesamtkonzeptes für einen Auftrag. Besonders elegant findet es Nagel, in den Katalogen direkt nach Lösungsvorschlägen suchen zu lassen.
Nicht immer stehen bei einem CAD-Katalog aber tatsächlich alle Engineering-Funktionen zur Verfügung, denn die Zahl der CAD-Programme ist stark gewachsen. Da nicht jeder Pneumatik-Katalog die rund zwei Dutzend CAD-Programme unterstützen kann, bleibt der eine oder andere Hersteller schon deswegen außen vor.
Differenziert sieht Nagel den Trend, komplette pneumatische Subsysteme anzubieten. Im Prinzip sei das brauchbar – eine Formulierung, die erkennen lässt, dass er für die Grässlin-Zellen kaum solche Fertigprodukte einsetzen kann. Denn vorgefertigte Systeme, etwa Handlingeinheiten, decken die Aufgabenstellung nicht immer optimal ab. „Wenn der Kunde eine kostenoptimierte Lösung haben will, muss man auf herkömmliche Produkte zurückgreifen“, sagt Nagel.
Im Übrigen seien diese Subsysteme mit einem Design überzogen, das in der Praxis manchmal hinderlich sei. Instandhalter erleichterten sich ihre Arbeit beispielsweise dadurch, dass sie die in der Form gefälligen, aber entbehrlichen Abdeckungen dauerhaft demontieren, um leichter an einen häufiger auszutauschenden Sensor zu kommen. Nagel gesteht allerdings ein, dass für einen Betriebsmittelbauer, der nur gelegentlich pneumatische Aufgaben realisiert, fertige Handlingeinheiten durchaus ein Gewinn sein können.
Bei Ventilinseln sieht Nagel eine wesentliche Entwicklung im Lauf der vergangenen Jahre. Erst die Einführung individuell konfigurierbarer Ventilinseln habe diese Elemente wirklich interessant gemacht. Komplett konfektionierte Inseln seien nur sinnvoll, wenn ein Konstrukteur die endgültige Lösung für seine Anlage oder Station gefunden hat. Wenn jedoch abzusehen ist, dass eine Montagezelle beispielsweise aufgrund von Produktmodifikationen angepasst werden muss, geht es nur mit konfigurierbaren Inseln voran. Und bei der Busanbindung sollte man laut Engel wirklich rechnen, ab welcher Ventilzahl sich dieses Vorgehen lohne.
Bewährte Lösungen bevorzugt der Grässlin-Konstrukteur. Das will er jedoch nicht nur auf die Komponente bezogen wissen, sondern auf die gesamte Funktion einer Zelle. „Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Wartungsfreundlichkeit sind für unsere Kunden – und damit für uns – wesentlich “, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter Ernst Kieninger. „Qualität und Verfügbarkeit haben absoluten Vorrang vor dem Einkauf zu günstigen Konditionen.“
Da die von Grässlin gebauten Palettierstationen und Montagezellen nicht im Bereich der High-Speed-Automatisierung angesiedelt sind, können die Ingenieure handelsübliche Produkte einsetzen, was auch das Beschaffen von Ersatzteilen erleichtert. Mikropneumatik ist für Grässlin kein Thema, obwohl kleine Baugrößen in der Konstruktion durchaus ihren Reiz hätten. „Solange es bezahlbar und technisch gerechtfertigt ist“, berichtet allerdings Nagel, „wählen wir eher eine größere Komponente.“ Seiner Erfahrung nach seien Minikomponenten empfindlicher. „Da kann es sein, dass man in der Anwendung Probleme bekommt.“
Fehlende Zuverlässigkeit falle aber in erster Linie auf den Anlagenbauer zurück und nicht auf den Komponentenhersteller. Jedenfalls sehen sich die Schwarzwälder in der Gesamtverantwortung, wie Kieninger ausdrücklich festhält. Damit verteidige Grässlin auch das Image der Komponentenlieferanten. „Wir stehen für die gesamte Anlage gerade. Wir identifizieren uns damit.“
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