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Verluste bei Materialstau werden abgeschafft

Förderband: Institut zeigt Vorteile moderner Antriebe
Verluste bei Materialstau werden abgeschafft

An einem Molkerei-Förderband sind Sparpotenziale erkennbar, die in vielen Bereichen der Produktion versteckt sind: Geregelte Antriebe verbrauchen bis zu 60 % weniger Energie als konventionelle Lösungen mit Schneckengetriebemotoren.

Gerald Scheffels ist Fachjournalist in Wuppertal

Messen, planen, optimieren, sparen – unterstützt von einem unabhängigen Institut hat eine dänische Molkerei die Antriebe ihrer Palettenförderanlage verbessert und seither die Betriebskosten erheblich reduziert.
Als Berater war in diesem Fall das DEFU a.m.b.a tätig, ein unabhängiges Institut in Lyngby, das dem Dänischen Verband der Energieerzeuger angegliedert ist. Wie sich Energie in der Industrie sparen lässt, hatten die Mitarbeiter dort bereits häufig untersucht. In der Molkerei war ihr erster Ansatzpunkt ein Förderband. Es transportiert in Kartons abgepackte und aufgestapelte Milch und übergibt sie als Beschickungsband an eine zentrale Förderanlage. Wie in zahllosen anderen Fällen in der Industrie war das Band zum Zeitpunkt der ersten Messung mit Paletten- und Stückgutförderern ausgestattet, die von ungeregelten Schneckengetriebemotoren angetrieben wurden.
Das ist zwar eine gängige und platzsparende Lösung, die aber unter energetischen Gesichtspunkten nicht optimal ist. Denn kostengünstige Schneckengetriebe weisen Wirkungsgrade von nur 50 % auf. Der Wirkungsgrad von Stirnrad- und Kegelradgetrieben kann hingegen bis zu 98 % betragen. In der Betriebskostenrechnung macht sich dieser Unterschied schnell bemerkbar. Obwohl der Vergleich nicht ganz so krass ausfällt, wenn sich der Anwender für hochwertige Schneckengetriebe mit Wirkungsgraden bis zu 90 % entscheidet, gilt generell: Besonders beim Anlaufverhalten bleibt der Wirkungsgrad von Schneckengetrieben unter dem gleichwertiger Kegelrad- oder Stirnradgetriebe. Daher lohnt es sich bei der Auswahl von Bandantrieben, sowohl Bauart und als auch Qualität der Getriebe zu berücksichtigen.
In der ursprünglichen Konstruktion lief das Band kontinuierlich, unabhängig vom Beladungszustand. Noch stärker als der Verbrauch des leeren Bandes schlug dabei die Energie zu Buche, die bei Materialstau verschwendet wurde. Hin und wieder stauen sich in der Anlage die Milch-Kartons, und das Band rutschte dann mit den unvermeidlichen Reibungsverlusten unter ihnen durch. Auf diese Weise verursachte der Motor im Schnitt Energiekosten von 13,6 Oere oder rund 3,5 Pfennig pro Stunde.
Im ersten Schritt hat die Molkerei auf Anraten der DEFU-Mitarbeiter den bis-herigen 0,75-kW-Antrieb durch einen 0,37-kW-Asynchronmotor in Kombination mit einem Kegelradgetriebe ersetzt. Der kleinere Motor war ausreichend, weil Wirkungsgrad und Anlaufverhalten des verwendeten Getriebes günstiger sind als vorher.
Das Ergebnis: Unter denselben Betriebsbedingungen – und mit einem nach wie vor ungeregelten Antrieb – ergab sich ein um 37 % geringerer Energieverbrauch. Zudem sanken die Servicekosten deutlich, weil das Getriebe weniger Wartungsaufwand verursacht. Daneben wirken sich auch die längeren Ölstandzeiten positiv aus – ein Faktor, der vor allem dann wichtig ist, wenn Spezialschmierstoffe für sensible Bereiche, etwa für die Lebensmittelindustrie, zum Einsatz kommen.
Teureres Getriebe und Umrichter amortisieren sich nach drei Jahren
In einem zweiten Schritt wurden die optimale Bandgeschwindigkeit ermittelt und die Lösung um einen entsprechend programmierten Frequenzumrichter ergänzt. Da der Umrichter registriert, ob sich Transportgut auf dem Band befindet, kann er die Geschwindigkeit bei Leerfahrt auf ein Minimum reduzieren – ganz stehenbleiben soll der Förderer nicht, um die Verluste beim Wiederanfahren zu vermeiden. Bei geringer Geschwindigkeit erfolgt auch das Beladen des Bandes, während das Transportgut dann mit hoher Geschwindigkeit befördert wird.
Bei dieser Antriebsregelung haben die Dänen einen robusten und kompakten inkrementalen Drehgeber verwendet, der in einen Flansch integriert und zwischen Motor und Getriebe angebracht ist. Er übermittelt der Steuerung die Signale über Drehrichtung und -geschwindigkeit der Antriebswelle.
Durch den derart geregelten Antrieb ließ sich der Energieverbrauch um weitere 43 % senken, so dass sich insgesamt 64 % ergeben. Anders ausgedrückt: Der Bandantrieb braucht nur noch etwas mehr als ein Drittel der Energie. Bei diesen Einsparungen amortisieren sich die Umrüstungsmaßnahmen in gut drei Jahren.
Die Molkerei wurde mit Transporteurantrieben und Umrichtern der Ströter Antriebstechnik GmbH, Düsseldorf, ausgestattet. Vergleichbare Projekte, mit Energieeinsparungen in ähnlicher Größenordnung, haben die Düsseldorfer zum Beispiel auch beim Modernisieren von Förderanlagen einer großen deutschen Brauerei erzielt – das hier dargestellte Beispiel ist also kein Einzelfall, sondern dürfte auf Förderanlagen in verschiedenen Industriebranchen übertragbar sein.
Energiekosten: Betrieb kann teurer sein als gedacht
Wie das Beispiel des Förderbandes in der Molkerei zeigt, lohnt sich insgesamt sowohl ein Wechsel des Getriebetyps als auch das Ergänzen eines Umrichters, um die Betriebskosten zu senken. Dieser Bereich scheint bei Investitionen aber häufig nicht so sehr im Blickfeld zu liegen. Anders ist es nicht zu erklären, dass der ZVEI, Frankfurt/M., bei elektrischen Antrieben Einsparpotenziale in Milliardenhöhe ausgemacht hat. Dabei machen gerade bei Antrieben und Energieerzeugungsanlagen die Betriebskosten den weitaus größeren Anteil in der Life-time-cost-Betrachtung aus.
Industrieanzeiger
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