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Vermeintlich „alte Eisen“ werden immer jünger

Fertigungstechnik aus zweiter Hand moderner denn je
Vermeintlich „alte Eisen“ werden immer jünger

Neu ist treu und in der Regel teuer, aber nicht zwingend Bedingung einer Investition, hatten die Macher der 7. Gebrauchtmaschinenmesse Resale in Nürnberg betont. Und mehr Besucher denn je waren der gleichen Überzeugung. Sie wurden nicht enttäuscht.

Von Chefreporter Wolfgang Filì

Sie sind technisch besser ausgestattet als vor Jahren noch, und sie wechseln schneller von ihrem Abgeber zum Zweit- oder Drittbesitzer. Mehr Umsatz wird mit ihnen heute ebenfalls gemacht. „Der Altersdurchschnitt gebraucht verkaufter Werkzeugmaschinen liegt niedriger denn je“, berichtet der Geschäftsführer des Fachverbands Deutscher Maschinen- und Werkzeuggroßhandel e. V. (FDM) in Bonn, Reiner Rienermann. Denn Ausrüstungen rund um die industrielle Metallbearbeitung – mit 40 % Anteil nach wie vor die größte Angebotsgruppe auf der Gebrauchtmaschinen-Messe Resale – würden nach immer kürzeren Laufzeiten veräußert und seien damit durchweg moderner geworden. So habe eine Stichprobe des FDM ergeben, dass 27,5 % der im Handel angebotenen Maschinen unter zehn Jahre alt sind, 49,2 % zwischen zehn und 20 sowie 23,3 % über 20 Jahre auf dem Buckel haben. Insofern spiegeln sie eins zu eins den Trend des gesamtdeutschen Werkzeugmaschinenparks wieder.
Dessen Alterdurchschnitt ist nach einer Erhebung des Verbandes Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e. V. (VDW) in Frankfurt/M. auf nur mehr 13 Jahre gerutscht. Umgekehrt hat der Anteil der CNC-Werkzeugmaschinen stark zugenommen. Waren Mitte der 80er Jahre lediglich 15 % aller Neuanschaffungen numerisch gesteuert, lag deren Anteil 1995 bereits bei 56 %. Analog ist der Wert je gebrauchter Einheit und damit unter dem Strich auch der Umsatz gestiegen. Letzterer ist nach Rienermanns Schätzung 2000 um 18 % gesprungen, nachdem er im Vorjahr um 7 % geklettert war. Für 2001 rechnen die über 100 in seinem Verband zusammengeschlossenen Händler mit einem weiteren Plus. Die Chancen, die in ihren Lägern bevorrateten 20 000 Werkzeugmaschinen mit einem Verkehrswert von 750 Mio. DM unter das produzierende Volk zu bringen, stehen gut.
Einfachere Technikvor allem im Osten Europas gefragt
So veranschlagt der Bundesverband des Deutschen Exporthandels e. V (BDEx) in Berlin das deutsche Marktvolumen an Secondhand-Ausrüstungen auf derzeit 30 Mrd. DM pro Jahr, was etwa 10 % des Gesamtumsatzes entsprechen soll. Die Kölner Bundesstelle für Außenhandelsinformation (Bfai) schätzt den Gebrauchtmaschinenmarkt für die gesamte Europäische Union gar auf 90 Mrd. DM. Allerdings werde die nachgefragte Technik immer einfacher, je weiter im Osten Europas die Kunden sitzen. Entsprechend ließe sich eine High-Tech-NC-Werkzeugmaschine in Polen im Normalfall leichter absetzen als etwa in der Ukraine. Indes sei die Abwicklung der Geschäfte hüben wie drüben meist problemarm.
BDEx-Geschäftsführer Hans-Jürgen verweist Müller in diesem Zusammenhang auf eine Besonderheit des internationalen Gebrauchtmaschinen-Handels: Immer wieder seien ausländische Regierungen dem Irrglauben unterlegen, über Einfuhrvorschriften für Secondhand-Maschinen und -Anlagen eine Art Qualitätssicherung vornehmen zu können. So seien Vorschriften, die den Import von mehr als drei Jahre alten Gebrauchtmaschinen ausschlössen, in keiner Weise qualitätsförderlich, weil sie den individuelle Nutzen der jeweiligen Technik nicht berücksichtigten. „Ein gebrauchter Computer ist mit drei Jahren sehr alt, eine Metall- oder Holzbearbeitungsmaschine dagegen nach drei Jahren noch sehr jung“, betont Müller. Der Gebrauchswert ließe sich wesentlich leichter sicherstellen über qualitätsbegleitende Maßnahmen von der Überholung der Maschinen bis zum Testat ihres Zustandes durch eine anerkannte Prüfungsgesellschaft oder den ursprünglichen Hersteller selbst – ein Vorschlag, der dem Händlerverband FDM im Grundsatz kaum gegen den Strich geht.
Zwar seien für die Beschreibung der Maschinenzustände offiziell noch keine Begriffe festgelegt, erklärt Verbands-Chef Reiner Rienermann. Innerhalb der Fachgruppe Gebrauchtmaschinen gelte jedoch seit geraumer Zeit eine Quasi-Norm fein abgestufter Gütegrade. So stehe die Bezeichnung „A“ für eine fabrikneue Maschine mit allen Garantien und Gewährleistungen. „B“ bedeute neu/ungebraucht und noch nicht eingesetzt, jedoch längere Zeit gestanden. „C“ beschreibe einen neuwertigen Zustand bei nur wenigen Stunden Betriebsdauer und „D“, dass alle Funktionen in gutem Zustand, allerdings geringe Abweichungen von den zulässigen Normalwerten möglich seien. „E“ bedeute: Alle Funktionen sind in Ordnung, die Gleit- und Führungsbahnen jedoch leicht verschlissen und Laufgeräusche erhöht. „F“ – die unterste Kategorie – erkläre die Gebrauchsfähigkeit für gröbere Arbeiten mit erkennbarer Abweichung von den Normwerten, Verschleiß an Antriebselementen sowie Führungsbahnen. Schrott dagegen gehöre unter den Fallhammer und in den Hochofen – und sei nicht Sache der FDM-Händler.
Werden Maschinen aus der laufenden Produktion freigestellt, liegen die Gründe in der Tat selten in Funktions- oder Genauigkeitsschwächen. Wesentlich häufiger ist das bislang gefertigte Produkt ausgelaufen, hat das Unternehmen keine weitere Verwendung für die Maschine, ist die Auslastung zu gering und sind die Maschinenkosten damit zu hoch – oder es wurde schlicht fehlinvestiert, und der erwartete Erfolg des Endprodukts trat nicht ein – durchweg also markt- und betriebswirtschaftliche Gründe, aber keinesfalls technische Mängel.
Händler wie der Solinger Maschinenvertrieb Lothar Pausch bestätigen, dass gerade Kunden aus dem Süd- und Ostrand der EU für eine stärkere Nachfrage nach jungen Systemen gesorgt hätten. Die Ansprüche an die Ausstattung seien gewachsen. Anders als die Interessenten aus Indien oder Ägypten – auf den vorangegangenen Veranstaltungen der Resale jeweils stark vertreten – suchten die Messebesucher aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus Ungarn, Rumänien oder Weißrussland gezielt Maschinen mit NC-Steuerung und der Möglichkeit zur Automation.
Resale 2001: Größte Gebrauchtmaschinen-Ausstellung der Welt
– 534 Aussteller, davon kamen 28 % aus dem Ausland
– 10027 Messebesucher, 59 % Ausländeranteil
– Rumänien stellte mit 1301 Besuchern die stärkste Fraktion
– 528 kamen aus der Ukraine
– 330 aus Iran
– 298 aus Staaten des ehemaligen Jugoslawien
Besucherinteressen
– 15 % Metallbearbeitungsmaschinen
– 8,7 % Nahrungsmittelmaschinen und -anlagen
– 8,3 % Kunststoffbe- und -verarbeitung
– 6,4 % Verpackungsmaschinen
– 5 % Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen
Angebot nach Kategorien
– 40 % Metallbearbeitung
– 20 % Kunststoffbe- und -verarbeitung
– 15 % Nahrungsmittelmaschinen und -anlagen
– 13 % Verpackungsmaschinen
– 11 % Druck- und Papierverarbeitungsmaschinen
– 24 Anbieter im Bereich E-Commerce
Nachgefragt: „InternationaleÖffnung war überfällig“
?Seit April firmiert die FDM-Fachgruppe Gebrauchtmaschinen nicht mehr als deutsche, sondern als internationale Händler-Vereinigung. Wer profitiert von der Umbenennung?
!In erster Linie nutzt sie unseren ausländischen Mitgliedern. Deren Anteil nimmt zu. Und über die Plattform www.machinestock.com sind sie weltweit präsent. Ende 2000 haben wir die Website freigeschaltet. Seitdem wurden weit über 40 000 Zugriffe registriert. Insofern war die internationale Öffnung der Fachgruppe überfällig.
?Handels-Plattformen im Internet sind nicht unbedingt ein Novum für den Secondhand-Markt …
!Bei Machinestock.com handelt es sich nicht um einen Kommerz-, sondern vielmehr um einen Verbandsauftritt von Händlern mit Beratungskompetenz und eigenem Bestand. Hier liegt der Unterschied zu den so genannten virtuellen, tatsächlich aber anonymen Marktplätzen. Bei uns erfährt der Interessent, wo die für ihn passende Maschine steht. Er kann sich an Ort und Stelle informieren und sie sich gegebenenfalls vorführen lassen.
?Gleichwohl stellen Sie einen wachsenden Marktanteil der Broker fest?
!Unser eigener Internet-Auftritt ist die direkte Antwort. Und er wird überaus positiv aufgenommen. Hätte uns vor Jahresfrist jemand den enormen Erfolg von Machinestock.com prophezeit, hätten wir wahrscheinlich nur nachsichtig gelächelt.
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