Virtuelle Marktplätze versprechen oft mehr, als sie halten können

Von unserem Redaktionsmitglied Jens-Peter Knauer

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Auch dort, wo neue Marktplätze entstehen. Nach der Gründerwelle der vergangenen Jahre sind die Online-Händler jetzt aufgefordert, ihr Angebot zu vervollkommnen, um den Markt kundengerecht zu bedienen. Denn laut einer Studie der Sterling Commerce GmbH, Düsseldorf, betrachten nur 12 % der Business-Verantwortlichen die Internet-Plattformen als Alternative zum herkömmlichen Handel, 24 % nur mit Abstrichen. Die Skeptiker begründen ihre Zurückhaltung vor allem mit erheblichen Qualitätsmängeln (62 %) und nicht ausreichenden Vorteilen (52 %) der Marktplätze. Entsprechend gering ist der Nutzerkreis: Lediglich 11 % der über 500 befragten Unternehmen wickeln über die Handelsplattformen regelmäßig Geschäfte ab, zwei Drittel nehmen nie Bestellungen per Mausklick vor. Von den aktiven Nutzern erreicht nur jedes zwölfte Unternehmen im Vergleich zum Volumen seines traditionellen Handels eine Quote von über 25 %, bei fast drei Viertel der Teilnehmer liegt sie unter 10 %. Zu den Kritikpunkten gehört vor allem der Informationsgehalt. Er wird von 74 % negativ bewertet. Auch Angebotsbreite, Kosten und Services finden wenig Zustimmung. Wie nahe beieinander ein schwacher Webauftritt und ein gleichzeitig gutes Angebot liegen können, zeigt der Industrieanzeiger-Test.

Angebot: Componet (Industrie), MRO (Büroausstattung, Dienstleistungen…), Telbizz (Telekommunikation), Click Plas-tics (Kunststoffe), Compubizz (IT) und Automotive (Automobilzulieferer)

Informationen: Unternehmensmeldungen, Anbieterverzeichnis, Produktkatalog, Suche, Handelsblatt-News

Kosten: Verschiedene Preismodelle für Käufer und Lieferanten

Service: persönliche Kundenbetreuung, Kundenprofile, Logistik; in Planung: Finanzdienstleistungen

Sprachen: Deutsch, Englisch

Bewertung: Die Startseite von Newtron ist schnörkellos gestaltet und bietet als zusätzlichen Service eine Nachrichtenspur mit Unternehmensmeldungen, an denen jedoch bereits der Zahn der Zeit nagt. Über einen Link gelangt der Nutzer zu den sechs Marktplätzen. Das Portal von Componet überzeugt allerdings nicht. Die Zahl der Werbebuttons geht eindeutig zu Lasten der Übersichtlichkeit und auch der Ladezeiten. Hat man sich einmal zurechtgefunden, ist die Navigation sehr einfach zu bewerkstelligen. Auch die Suchfunktion lässt keine Wünsche offen.

Angebot: Chemische Erzeugnisse, IT und TK, Objektmobiliar, Druck/Papier/ Verpackungsstoffe, Kunststoff, Stahl/ Edelstahl/NE-Metalle, Werkzeuge/ Maschinenteile/ Komponenten, Sonstiges.

Informationen: FAQ, Unternehmensmeldungen, Presse, Suchfunktion fehlt!

Kosten: für Einkäufer 2,25 % des Preises, mindestens 2500 Euro pro Einkauf; alternativ 1,25 % des Preises und mindestens 2500 Euro pro Auktion, wenn monatlich 1480 Euro Nutzungsentgelt gezahlt werden

Service: Logistik, Finanzdienstleistung, Bonitätsprüfung

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Niederländisch

Bewertung: Bei Econia ist der Seitenaufbau durchweg klar gegliedert und gut lesbar. Er erlaubt ein schnelles Erfassen des Informationsangebots, die Orientierung wird dem Nutzer leicht gemacht. Der Registrierfragebogen verzichtet auf überflüssigen Ballast. Die Preisbildung auf den acht verschiedenen Plattformen erfolgt über Reverse Auction. Aktuelle Auktionen sind in einer Extra-Spalte aufgelistet. Negativ fallen der veraltete Pressespiegel und vor allem das Fehlen einer Suchfunktion auf.

Angebot: Metallbe- und -verarbeitung, Dienstleistungen, Kunststoffe, Prüftechnik, Papier, Textil, Verpackung u. a.

Informationen: FAQ, Suchfunktion, Guided Tour

Kosten: Verkäufer und Käufer zahlen jeweils 5 % Provision vom Kaufpreis. Es gelten die Versteigerungsbedingungen der Industrie-Rat Hamburg GmbH

Service: Bewertung, Finanzdienstleistungen, Logistik, Unternehmensprofile

Sprache: Deutsch

Bewertung: Wer bei Indusale zunächst einen Überblick erhalten will, kann sich entweder bei der Saalauktion, der Terminauktion oder auf dem Marktplatz einklinken. Über die übergeordnete, umfangreiche Suchfunktion findet der Kunde heraus, ob das von ihm gewünschte Produkt gerade versteigert oder zum Festpreis angeboten wird. Allerdings scheinen die Anbieter bislang nur wenig Vertrauen in Auktionen zu setzen: Die Suche nach einer x-beliebigen Fräsmaschine ergab jedenfalls kein Angebot bei den Versteigerungen, dafür zehn auf dem Marktplatz.

Angebot: Quioffice, Quienergy, Quiindustry, Quitravel und Quimedia

Information: FAQ, Marktmonitor, Pressespiegel, Quick Check, Guided Tour

Kosten: Anbieter zahlen Transaktionsgebühren gestaffelt von 1 bis 4 %, Einkäufer nur für Dienstleistungen

Service: Prozessmanagement, Katalog- und Lieferantenservice, Reklamationsmanagement, Call Center; Zahlungsabwicklung und Bonitätsprüfung erfolgen über die BW-Bank

Sprachen: Deutsch

Bewertung: Der Webauftritt von Quibiq ist wenig ansprechend. Will der Nutzer beispielsweise nachschauen, was Quiindustry zu bieten hat, bekommt er Probleme, zumindest wenn Netscape benutzt wird. Denn die von Quibiq übermittelten Daten werden verschlüsselt, Netscape erkennt den Unterzeichner des Zertifikats jedoch nicht an. Nach der dann doch recht einfachen Zertifizierung gelangt man auf die Startseite von Quiindustry und steht vor dem nächsten Problem: Ein Login ist erforderlich! Nur mal so schauen geht nicht. Also, erst einmal Informationen anfordern. Doch in diesem Augenblick streikt der Browser, die Anwendung wird geschlossen…

Angebot: Überschüssige Wirtschaftsgüter aus den Bereichen Metallverarbeitung, Bau/Bergbau, Kunststoff/Gummi, Computer, Büroausstattung, komplette Anlagen, Holzverarbeitungsmaschinen, Fördertechnik, Landwirtschaft

Information: FAQ, Suche, Quick Tour

Kosten: vom Verkäufer 8 % Provision, variabel

Service: Kundenbetreuung, Logistik, Inspektion, Finanzdienstleistung, Übersetzung

Sprachen: Deutsch, Englisch, Polnisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Türkisch

Bewertung: Auf der Startseite sind die Kategorien untereinander angeordnet. Eine Kennzahl zeigt an, mit wie vielen Angeboten zu rechnen ist. Über Unterkategorien findet der Nutzer schnell zu den einzelnen Angeboten. Die Registrierung für die Auktions-Plattform erfolgt online und ist kostenlos. Erst bei erfolgreichem Vertragsabschluss sind Provisionen zu zahlen. Irritationen könnte es bei der Produktbeschreibung geben. Da wird deutsches mit englischem Vokabular vermischt oder auch polnisches mit türkischem.

Angebot: Baugewerbe, Büro/EDV, Druck/Papier, Elektro, Fahrzeuge, Flurfördergeräte, Holz, Kunststoff/Verpackung, Metallverarbeitung, Nahrungsmittel, Reinigung/Grundstückspflege, Textilverarbeitung, sonstige Maschinen

Information: FAQ, Suche, Presse, Unternehmensmeldungen, News, Web-Plan

Kosten: Käufer zahlt Provision, gestaffelt von 3 % (Nettoverkaufspreis > 100 000 Euro) bis 6 % ( 25 000 Euro)

Service: Logistik, Finanzdienstleistungen, Bonitätsprüfung, Bewertung, Versicherung, Verzollung, Maschinenaufsteller (mit Inbetriebnahmegarantie!)

Sprachen: Deutsch, Tschechisch, Englisch; Polnisch/Spanisch in Vorbereitung

Bewertung: Auf den ersten Blick erkennt der Anwender auffallend viele Kategorien mit auffallend wenig Angeboten, verglichen mit anderen Marktplätzen. Über wenige Unterpunkte gelangt er schnell zu den angebotenen Produkten und deren Beschreibung. Links bieten sofortigen Zugriff auf die Dienstleistungspartner, die beispielsweise die Logistik übernehmen. Die Gestaltung der Website ist sehr gelungen, und die Newsspur überzeugt schon dadurch, dass sie tatsächlich News enthält.

Angebot: Firmen/Produkte, Dienstleistungen, Gebrauchtmaschinen

Information: FAQ, Suche

Kosten: Provision jeweils 3 % von Käufer und Verkäufer

Service: Logistik, Finanzen, Zubehör, Unterstützung bei Mahnverfahren

Sprachen: Deutsch, Englisch, Italienisch

Bewertung: Die Homepage der Siemens-Tochter Industrialweb benötigt relativ lange Ladezeiten, zudem ist die blassblaue Schrift auf weißem Hintergrund nicht lesefreundlich. Unter der Rubrik Firmen und Produkte werden Firmenadressen und Produkte von Maschinen und Anlagen über Leder und Felle bis hin zu Spielwaren angeboten. Hervorzuheben bei den Dienstleistungen ist, dass der Nutzer auch Unterstützung bei Mahnverfahren gegen säumige Kunden erhält. Sehr gute Suchfunktion.

Angebot: Metall, Bau, Holz, Medizin, Agrar, Kunststoff, Lebensmittel, Nutzfahrzeuge/Logistik/Lager, Automobil, Überschussware, andere Industrien

Information: FAQ, Suche, Unternehmensmeldungen, News

Kosten: Verkäufer zahlt Provision, gestaffelt von 5 % (Kaufpreis > 500 000 Euro) bis 9 % ( 50 000 Euro)

Service: Logistik, Finanzdienstleistungen, Zertifizierung, De-/Remontage

Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Polnisch, Russisch, Türkisch

Bewertung: Die Einstiegsseite von Surplex ist klar strukturiert und verzichtet auf überflüssigen Schnickschnack, was die Navigation erleichtert. Auf den Pressespiegel mit relativ alten Meldungen könnte verzichtet werden. Dafür bestechen die News durch Aktualität. Beeindruckend die Sprachvielfalt. Die AGB sind allerdings nur in Deutsch und Englisch zu lesen.