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Volles Beschleunigen von Anfang an sorgt für entscheidende Zeitvorteile

Horizontales Bearbeitungszentrum Mori Seiki NH4000 DCG
Volles Beschleunigen von Anfang an sorgt für entscheidende Zeitvorteile

Beim horizontalen Bearbeitungszentrum NH4000 DCG sitzen die Achsantriebe im oder nahe am Schwerpunkt der Linearachsen. Das verbessert das Schwingungsverhalten deutlich. Die Folge sind kürzere Bearbeitungszeiten, höhere Konturpräzision, bessere Werkstückoberflächen und längere Standzeiten der Werkzeuge.

Von unserem Redaktionsmitglied Haider Willrett haider.willrett@konradin.de

„Super steif waren sie schon immer, aber früher fehlte es ihnen im Vergleich zu einigen Wettbewerbern etwas an Dynamik“, sagt Stefan Kempf über die horizontalen Bearbeitungszentren des japanischen Herstellers Mori Seiki. Mit den aktuellen Modellen mit DCG-System sei den Konstrukteuren jedoch ein sehr guter Kompromiss zwischen beiden Aspekten gelungen, fährt der Geschäftsführer der Norbert Kempf CNC-Technik GmbH in St. Ingbert fort. Der saarländische Lohnfertiger bearbeitet mit seinen 50 Mitarbeitern vor allem Teile und Komponenten für Hydraulik- und Pneumatikanwendungen sowie die Fahrzeugindustrie.
DCG steht für „Driven at the Center of Gravity“. Gemeint ist damit der Antrieb einer Linearachse in ihrem Schwerpunkt. Dieses Konzept soll die Bearbeitungszeit verkürzen, die Oberflächen der Werkstücke verbessern und die Präzision der bearbeiteten Kontur steigern. Beim Bearbeiten eines 100-mm-Außendurchmessers aus Aluminium liegt die Rundheitstoleranz laut Mori Seiki bei 1,8 µm. „Das Ziel bei der Entwicklung war, die zu Beginn der Achsbewegung auftretenden Schwingungen zu reduzieren“, sagt Ralf Riedemann. Der Vize-Präsident von Mori Seiki Europa und Leiter der europäischen Engineering-Gruppe, dessen Schreibtisch in Wernau bei Stuttgart steht, beschreibt die Vorteile des Systems so: „Weil nur Schwingungen mit kleinen Amplituden entstehen, die zudem schnell abklingen, können Maschinen mit einem Achsantrieb im Schwerpunkt bereits zu Beginn der Bewegung maximal beschleunigt werden. Bei konventionellen Maschinen treten deutlich stärkere Schwingungen auf, die auch länger anhalten.“ Die Folge sei, dass die Achse allmählich beschleunigt werden müsse, und das führe zu Zeitverlusten
Überall dort, wo sich während dem Bearbeiten die Bewegungsrichtung ändert, und damit teilweise große Beschleunigungen auftreten – etwa bei gekrümmten Oberflächen im Formenbau oder bei Zirkularoperationen –, entstehen extreme Schwingungen. Sie sind um so stärker, je weiter der Antriebspunkt vom Schwerpunkt der Achse entfernt ist. „Es ist einleuchtend, dass bei vergleichsweise starken Vibrationen sowohl die Qualität des Bauteils als auch die Standzeit der Werkzeuge leidet“, ergänzt Riedemann.
Die erste Maschine mit dieser Antriebstechnik war das vertikale Bearbeitungszentrum MV4000. Zur Fertigungstechnik-Weltmesse Emo 2003 in Mailand stellte Mori Seiki das horizontale Bearbeitungszentrum NH4000 DCG erstmals öffentlich vor. Seither wurden rund 760 Maschinen des Typs ausgeliefert. Zur diesjährigen Emo in Hannover präsentierten die Japaner die größere NH8000 DCG für 800er-Paletten. Ihre Verfahrwege in X-, Y- und Z-Richtung liegen bei 1400, 1200 und 1350 mm. Die kleinere Schwester NH4000 DCG begnügt sich hier mit 560, 560 und 630 mm. Die größeren Verfahrwege und bewegten Massen erfordern ein Doppelantriebssystem in allen Linearachsen. Die NH4000 DCG hat dagegen nur in der X-Achse einen Twin-Antrieb. „Bei der kleineren Maschine ist der Abstand zwischen Antriebs- und Schwerpunkt in der Y- und Z-Achse gering. Der Vorteil eines Doppelantriebs wäre hier viel kleiner. Dafür würden jedoch die bewegten Massen im Verhältnis zur Gesamtmasse erheblich stärker wachsen als bei der deutlich schwereren NH8000. Der Nutzen würde kompensiert, und was bliebe, wären nutzlose Mehrkosten“, erläutert Riedemann.
In X, Y und Z beschleunigt die NH4000 DCG mit 6,0, 8,3 und 6,3 m/s2. Optional sind auch Achsen mit Beschleunigungswerten von 11,1, 11,7 und 10,4 m/s2 erhältlich. Im Eilgang verfahren alle drei Linearachsen mit bis zu 50 m/min. Die Spindel beschleunigt in 1,43 s von 0 auf 14 000 min-1 und bremst in 1,35 s wieder auf 0 ab. Neben der 14 000-min-1-Spindel gibt´s als Option auch eine, die mit bis zu 20 000 min-1 rotiert.
Die Überlegungen, die zum DCG-Konzept führten, beschreibt der Vize-Präsident so: „Nachdem seit Mitte der 80er-Jahre hinsichtlich Präzision und Dynamik der Maschinen große Fortschritte erzielt wurden, ist die Entwicklung in den letzten Jahren etwas ins Stocken geraten. Selbst mit höheren Geschwindigkeiten ließen sich die Bearbeitungszeiten nicht wesentlich reduzieren. Zudem musste mit Blick auf Präzision und Qualität der Werkstücke die Geschwindigkeit häufig wieder reduziert werden.“ Das Ziel bei der Entwicklung sei gewesen, die Bearbeitungsqualität zu verbessern, alle Prozess- und Nebenzeiten zu verkürzen, und die bewegten Massen zu reduzieren.
Zur Grundausstattung der NH4000 DCG gehört ein Drehtisch mit zwei Stationen und ein Werkzeugmagazin in Form eines 40-Stationen-Kettenladers. Optional kann der Kunde Kettenlader für 60 oder 120 Tools sowie Regalmagazine mit 180 oder 240 Stationen ordern. Bei Bedarf stehen verschiedene Automatisierungssysteme zur Verfügung. Sie reichen von mehrstöckigen, linearen Palettenmagazinen über Roboter bis hin zum Portallader, der mehrere Anlagen zu einer vollautomatischen Fertigungsstraße verbindet. „Während alle Maschinen in Japan gebaut werden, erfolgt das kundenspezifische Engineering der Peripherie in den einzelnen Niederlassungen“, grenzt Riedemann die Zuständigkeiten ab.
Starke Seiten zeigt die NH4000 DCG auch in Sachen Wartung. Um den Service zu erleichtern, sind alle wesentlichen Komponenten zentral auf einer Seite der Maschine angeordnet. Die Spindeleinheit ist kassettenartig aufgebaut und lässt sich in 90 min austauschen. Komponenten wie der Drehtisch sind aus erheblich weniger Teilen aufgebaut als beim Vorgängermodell. Für Bedienerfreundlichkeit sorgt das Hochleistungs-Betriebssystem Mapps II. Dessen Oberfläche ist bei allen horizontalen und vertikalen Bearbeitungszentren von Mori Seiki gleich. Eine Möglichkeit zur Dialogprogrammierung durch den Bediener, eine 3D-Visualisierung der Bearbeitung sowie umfangreiche Editierfunktionen gehören zur Ausstattung. Die Fernwartungsfunktion, die in Japan von 90 % der Kunden genutzt werde, habe sich in Deutschland noch nicht durchgesetzt, sagt Riedemann. Die Anwender hätten noch zu große Vorbehalte hinsichtlich der Sicherheit ihrer Daten.
Die Steuerung war eines der Argumente, die Stefan Kempf zum Kauf von inzwischen drei NH4000 DCG veranlasste. „Unsere Bediener kannten und schätzten sie bereits von den Vorgängermodellen SH-403.“ Die neuen Maschinen seien aufgestellt worden, und seine Mitarbeiter hätten sofort produktiv arbeiten können. Kempf setzt die Zentren fürs universelle Bearbeiten von Stahl- und Gussteilen ein, vorwiegend für Hydraulik- und Pneumatikanwendungen. Die hohe Zuverlässigkeit, die bereits die Vorgänger gezeigt hätten, ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das in Ordnung sei, und vor allem die Dynamik sowie die hohe Stabilität bei großen Zerspanraten waren weitere Kriterien für die Kaufentscheidung. Kempf schätzt, dass die Produktivität – je nach Bearbeitungsaufgabe – zwischen 5 und 10 % besser sei als bei der SH-403.
Einen kurzen Einblick in die Zukunftspläne seines Hauses im Bereich der Horizontalzentren gibt Ralf Riedemann mit der Ankündigung der NH5000 DCG für Mitte 2006. Die Maschine für 500 mm x 500 mm große Paletten ist derzeit die einzige der Baureihe, die noch ohne DCG-Technik auskommen muss. Und in zwei Jahren könnte auf der Emo eine NH mit Direktantrieben zu sehen sein. „Aber ganz sicher nur dort, wo´s Sinn macht“, betont der Manager.
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