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Vollgas mit Fusel

Biokraftstoffe: Biodiesel und Ethanol als Alternative
Vollgas mit Fusel

Unter den Biokraftstoffen dürften nur einige eine Zukunft als Treibstoff für Autos haben. Infrastrukturen und Produktions- und Motortechnologien sprechen für Biodiesel und Ethanol. Neue Einspritztechniken sollen das Brennverfahren weiter optimieren und Emissionen verringern.

Wer ökologisch korrekt tankt, zahlt seit Anfang des Jahres wieder mehr. Denn Biokraftstoffe werden nicht mehr steuerlich begünstigt. Doch damit ist das Thema noch lange nicht erledigt. Denn ein Beimischungszwang verhilft den Biokraftstoffen hierzulande weiter zu mehr Absatz.

Ob das viel ändert ist fraglich: So schreibt etwa Volkswagen in einer Broschüre: „Die Markteinführung von zahlreichen alternativen Kraftstoffen, wie Methanol, Ethanol, Erdgas und Wasserstoff, wäre volkswirtschaftlich nicht tragbar.“ Denn dazu wären zu viele neue Produktionstechnologien, Verteilerinfrastrukturen und Motortechnologien erforderlich. Für Biodiesel und Bioalkohole, wie Ethanol, sei eine Beimischung zu den heutigen Kraftstoffen im Rahmen bestehender Kraftstoffnormen zielführender.
Zudem setzt der Konzern auf eine stärkere Nutzung CO2-neutraler Biomasse, die, neben Rohöl und Erdgas, zur Erzeugung flüssiger Kraftstoffe eingesetzt wird. Diese Kraftstoffe ähneln zunächst heutigen Otto- und Dieselkraftstoffen – und wären voll kompatibel mit der derzeitigen Tankstelleninfrastruktur und heutigen Fahrzeugen.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Automobilhersteller heute vorwiegend Biodiesel und Bioethanol meinen, wenn sie von Biokraftstoffen reden. Siehe etwa Renault: In Kürze will man „eine vollständige Palette an Fahrzeugen für Biokraftstoffe“ anbieten, und meint: Bis 2009 soll jeder zweite Benziner Bioethanol und jeder Selbstzünder Sprit mit 30 % Biodiesel-Anteil tanken können.
Erst in einem zweiten Schritt dürften die neuen Herstellungsprozesse dazu genutzt werden, den Kraftstoffen bestimmte Eigenschaften zu verleihen; man spricht von Designerkraftstoffen. Diese werden gemäß der Prognose künftig als konstruktives Element bei der Motorenentwicklung eingesetzt und ermöglichen neue Brennverfahren. Dadurch sinken Verbrauch und Emissionen. Und das ist wichtigste Ziel der Entwickler, ganz unabhängig von den Entscheidungen der Politik.
Eine Revolution sollte man in der Motorenentwicklung daher nicht erwarten: „In 20 Jahren wird der Verbrennungsmotor für das Auto noch immer der Antrieb der ersten Wahl sein“, sagt beispielsweise Dr. Rolf Leonhard, Bereichsvorstand Entwicklung Diesel Systems der Robert Bosch GmbH. 62 % des Umsatzes erzielte die Bosch-Gruppe 2006 mit Kraftfahrzeugtechnik. „Dementsprechend hoch investieren wir in Forschung und Entwicklung für die Antriebstechnik der Zukunft“, versichert Leonhard. Im vergangenen Jahr waren das allein 2,7 Mrd. Euro – rund 10 % des Umsatzes in diesem Unternehmensbereich. Ein Beispiel ist etwa die Anpassung der Einspritzsysteme an Biokraftstoffe.
Auf dem Weg zu emissionsärmeren Motoren seien die Entwicklungspotenziale des Verbrennungsmotors „längst noch nicht ausgeschöpft“, sagt Leonhard. Das gelte für den Diesel- wie für den Ottomotor. Neue Techniken für Verbrennungsmotoren sieht er als die Basis, um alternative Kraftstoffe nutzen zu können – seien es synthetische oder aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellte.
Beim Blick in die Entwicklungskiste nennt der Bosch-Manager vorrangig „gezielte innermotorische Maßnahmen, die das Brennverfahren weiter optimieren“. Dazu gehörten beispielsweise höhere Ladedrücke des Turboladers bei höheren Abgas-Rückführraten in der Teillast, die Steigerung der Einspritzdrücke in der Teillast um mehr als 500 bar oder ein noch flexiblerer Einspritzverlauf. „Diese technischen Lösungen haben sich bei Nutzfahrzeugmotoren bereits hervorragend bewährt“, sagt Leonhard. „Sie senken sowohl die NOx- als auch die Partikelemissionen über alle Lastzustände deutlich ab.“ Und: Bosch werde diese Stärken auch auf den Pkw-Diesel übertragen.
Ein großer Trend – allerdings schon in der Gegenwart zu finden – ist das sogenannte Downsizing: Die Entwickler bauen ihre Motoren immer kleiner, ohne auf Leistung und Drehmoment verzichten zu müssen. „Weniger Hubraum und weniger Zylinder verringern die Reibungsverluste und steigern so den Wirkungsgrad“, erklärt Leonhard. Bei gleichem Drehmoment führten 25 % weniger Hubraum zu rund 10 % weniger Kraftstoffverbrauch.
Einige junge Bosch-Innovationen tragen zu dieser Entwicklung bei, etwa Piezo-Injektoren für Einspritzdrücke bis 2000 bar oder optimierte Magnetventil-Injektoren, die konzeptionell sogar für Einspritzdrücke von über 2000 bar geeignet sind. Für diesen hohen Druckbereich soll noch in diesem Jahr eine neue Pumpe auf den Markt kommen. „Die ist auf höchste hydraulische Wirkungsgrade ausgelegt“, betont der Bosch-Bereichsvorstand. Sie unterstütze Brennverfahren mit sehr hohen Einspritzdrücken bereits bei mittleren Drehzahlen und Lasten. „Viele Diesel-Pkw mit dieser Einspritztechnik werden von 2014 an die Euro-6-Grenzwerte auch ohne NOx-Abgasnachbehandlung einhalten können“, verspricht Leonhard.
Bereits im vergangenen Jahr hat Bosch für den Mercedes CLS 350 CGI ein 200-bar-Piezo-Einspritzventil mit nach außen öffnender Düse präsentiert. Gegenüber konventionellen Saugrohreinspritzern soll es den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen um rund 15 % senken.
„Die Piezo-Technik ist aber aufwendig“, schränkt Manager Leonhard ein. „Deshalb arbeiten unsere Ingenieure bereits an einer anderen Lösung.“ Ziel sei es, das strahlgeführte Brennverfahren sowie einen Flexfuel-Betrieb – also den wechselweisen Betrieb mit Benzin, Alkohol oder Erdgas – auch mit einem magnetventilgesteuerten Mehrloch-Einspritzventil zu realisieren.
Ebenfalls schon erhältlich seien für viele der alternativen Kraftstoffe komplette Einspritztechniken, sagt Leonhard: sei es für Compressed Natural Gas (CNG) oder für Benzin mit hohem Ethanolanteil, etwa E85 oder Flexfuel. In Brasilien würden schon heute in großem Umfang Pkw mit der Bosch-Flexfuel-Einspritztechnik verkauft. Sie liefen sowohl mit Benzin als auch mit Ethanol. Der Verbrennungsmotor mit verbesserten Direkteinspritzsystemen bleibt auf absehbare Zeit der dominierende Antrieb.
Thomas Preuß Journalist in Königswinter
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