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Vom Know-how der Großen profitieren

Thyssen-Krupp Bilstein nutzt E-Procurement-Lösung
Vom Know-how der Großen profitieren

600 bis 700 Bestellungen wickelt Thyssen-Krupp Bilstein heute pro Monat über seine neue E-Procurement-Plattform ab. Mit ihrer Hilfe konnte der Automobilzulieferer die Zahl der Lieferanten deutlich senken. Auch Transaktionskosten und Prozesslaufzeiten wurden reduziert.

Yvonne Giebels ist Fachjournalistin in Düsseldorf

Die elektronische Beschaffung über das Internet – so eine Studie des amerikanischen Institute for Supply Management (ISM) und des Marktforschungsunternehmens Forrester Research – ist weltweit auf dem Vormarsch. Inzwischen kaufen die für die Studie befragten Unternehmen bei direkten Gütern rund 13 % ihres Bedarfs über das World Wide Web ein, bei indirekten Gütern liegt der Anteil bei etwa 12 %.
Allerdings – und das ist ein weiteres Ergebnis der Untersuchung – sind es bisher vor allem große Firmen und Konzerne mit einem Einkaufsbudget von jährlich über 500 Mio. US-$, die vom so genannten E-Procurement profitieren. „Diese Unternehmen befinden sich in einer weitaus günstigeren Position, wenn es darum geht, die passenden Lösungen zu realisieren und ihre Zulieferer zur Teilnahme zu motivieren“, nennt Forrester-Analyst Andrew Bartels die Gründe.
Der Automobilzulieferer Thyssen-Krupp Bilstein GmbH in Ennepetal ist deshalb heute noch eher eine Ausnahme. Rund 2200 Mitarbeiter fertigen in den vier Werken des Unternehmens täglich über 40 000 Stoßdämpfer für Kunden wie Daimler-Chrysler, General Motors, Jaguar, Porsche oder Maserati. Zwar gehört der Betrieb zum Thyssen-Krupp-Konzern, doch als eigenständiges Profit-Center ist er für seinen Einkauf selbst verantwortlich.
Vor drei Jahren reorganisierte der Stoßdämpferspezialist mit Hilfe der E-Procurement-Plattform von Thyssen-Krupp die Beschaffung von Hilfs- und Betriebsstoffen. Eine der wesentlichen Herausforderungen des Projekts war, sämtliche Zulieferer des Unternehmens von den Vorteilen einer solchen Plattform zu überzeugen und sie in die Lösung einzubinden.
Vor der Einführung des elektronischen Einkaufs lief die Beschaffung bei Bilstein ähnlich konventionell ab wie bei vielen anderen Mittelständlern auch: Anforderungszettel ausfüllen, genehmigen lassen, an die Einkaufsabteilung weiterleiten, Anfragen tippen, Angebote prüfen, Bestellungen schreiben, abzeichnen. „Am Ende überstiegen die Prozesskosten dann häufig deutlich den Wert der bestellten Waren“, beschreibt Einkaufsleiter Rainer Kochanski den zeitaufwendigen und teuren Ablauf bei der Bestellung von C- und MRO-Teilen. Auf Grund der Vielzahl an manuellen Zwischenschritten fielen pro Beschaffungsvorgang rund 100 Euro an Kosten an.
Heute sind solch komplizierten Vorgänge allerdings Vergangenheit, denn über die neue E-Procurement-Lösung – die von der Krefelder Triaton GmbH, einem Unternehmen von HP, realisiert wurde – erhalten die Bedarfsträger nun unmittelbaren Zugriff auf die verschiedenen Lieferantenkataloge. Die benötigten Waren werden, wie in einem Supermarkt, in einen elektronischen Einkaufskorb gelegt, und die Bestellung lässt sich direkt online an den Lieferanten übermitteln. Überschreitet das Einkaufsvolumen bestimmte Wertgrenzen, findet automatisch die Aktivierung eines maximal zweistufigen Genehmigungsverfahrens statt. Der gesamte Beschaffungsprozess endet dann mit der Bestätigung des Wareneingangs und der Rechnungszahlung.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Innerhalb von 15 Monaten senkte Bilstein die Zahl seiner Zulieferer im C-Güter-Bereich um 20 % und brachte alle 74 Wunschlieferanten dazu, ihre elektronischen Kataloge in das neue System zu integrieren. „Die Transaktionskosten sanken daraufhin um ein Viertel, und die durchschnittlichen Prozesslaufzeiten haben wir mittlerweile von acht auf drei Tage verkürzt, was zu deutlichen Bestandsreduzierungen geführt hat“, berichtet Kochanski. Ein weiterer Vorteil der neuen Lösung: Die Beschaffung von kostengünstigeren Standardartikeln nahm deutlich zu, Off-Contract-Bestellungen finden heute nicht mehr statt. Zusätzlich sind nun im Einkauf personelle Ressourcen für strategische Aufgaben freigeworden und durch die Entlastung von operativen Tätigkeiten können sich die Mitarbeiter dort nun wieder stärker auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.
Die technische Basis für das Content-Management bei der E-Procurement-Plattform ist die Lösung E-Supplier Solutions der Hamburger Poet Software GmbH. Die Zulieferer können damit ihre Kataloge in Eigenregie aktualisieren und die jeweils neueste Version für das Beschaffungssystem zur Verfügung stellen.
Über einen automatisierten Workflow gelangt der erstellte Katalog dann zur Freigabe an den zuständigen Einkäufer. Gleichzeitig unterstützt die Plattform so das konzernweite Lead-Buyer-Konzept von Thyssen-Krupp. In dessen Rahmen wird für jede Bedarfsgruppe – beispielsweise Informationstechnik, Pneumatik- oder Hydraulikkomponenten – von einem so genannten Lead Buyer zentral mit den Lieferanten ein Konzernrahmenvertrag ausgehandelt.
„Die Lead Buyer nehmen dabei strategische Aufgaben für ihre Bedarfsgruppen wahr, entwickeln und implementieren konzernweite Einkaufsstrategien, tragen zur Volumenbündelung bei, definieren in Zusammenarbeit mit den technischen Abteilungen Standards und erheben die konzernweiten Bedarfe“, fasst Toni Faas vom Zentralbereich Materialwirtschaft der Thyssen-Krupp AG das Konzept zusammen. Auf der Basis der ausgehandelten Konzernrahmenverträge werden die elektronischen Produktkataloge auf der Beschaffungs-Plattform zur Verfügung gestellt und sind für das gesamte Unternehmen gültig.
Für fehlerfreies Arbeiten verwenden die Anwender den Enterprise Catalog von Poet, eine Suchmaschine, die den Such- und Bestellvorgang beim Bedarfsträger unterstützt. Über die Schnittstelle SAP OCI 3.0 ist der Enterprise Catalog nahtlos in das Beschaffungssystem integriert. Dessen Komponente Enterprise Buyer Professionals (EBP) ist die webbasierte E-Procurement-Lösung von SAP für den Einkauf, mit der sämtliche webbasierte Aktivitäten der Beschaffung – von Bedarfsanforderungen bis zur Bezahlung von Rechnungen – abgedeckt werden können.
Die Bestellnachricht wird direkt aus dem EBP- oder dem unternehmenseigenen R/3-System über eine leistungsfähige und standardisierte Middleware von SAP an den Lieferanten übermittelt, der die Bestellinformationen somit sofort in sein Auftragsmanagementsystem übernehmen kann. „Und da auch viele Lieferanten ihr Auftragsmanagement mit SAP R/3 realisiert haben, kann eine Anbindung an die webbasierte Bestellabwicklung des Kunden problemlos und ohne Medienbrüche erfolgen“, erläutert Norbert Schulte-Bausenhagen, Operational Unit-Manager des E-Procurement-Competence-Centers der Triaton GmbH, die Vorteile des Systems.
Personelle Ressourcen für strategische Aufgaben werden frei

Typischer Beschaffungsprozess
Ein Bedarfsträger bestellt an seinem Arbeitsplatz über ein browsergestütztes System die Güter, die er für seine Tätigkeit benötigt. Die Plattform stellt ihm zu diesem Zweck einen elektronischen Katalog mit den verschiedenen Produkten zur Verfügung, aus denen er die erforderlichen Teile auswählen kann. Innerhalb des erstellten Warenkorbes stehen verschiedene Kontierungen wie Kostenstelle, Innenauftrag, PSP-Element oder Anlagenkontierung zur Verfügung. Es erfolgt dabei eine direkte Online-Prüfung dieser Kontierungen im ERP-System SAP R/3. Mittels hinterlegtem Workflow stellt das System fest, wie das Genehmigungsverfahren erfolgen muss. Grundlagen dafür sind Wertgrenzen und Organisationsstrukturen. Der entsprechende Genehmiger erhält eine vom System verschickte E-Mail mit einem Link. Nach Aufrufen des entsprechenden Links kann der Genehmiger die Bestellung entweder freigeben oder ablehnen. Wenn die Genehmigungen erfolgt sind, wird die Bestellung an den entsprechenden Lieferanten übermittelt. Nach Lieferung an den Besteller erfasst dieser in seiner Anwendung den Wareneingang. Die entsprechende Verbuchung im zugehörigen Backend-System erfolgt dabei automatisch. Optimal wird der Prozess durch das Gutschriftsverfahren, das die entsprechende Zahlungsanweisung an den Lieferanten ohne Einwirkung von außen nach dem erfolgten Wareneingang anstößt.
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