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„Vom Maschinenhersteller zum Systemanbieter“

WZL-Direktor Professor Christian Brecher zu künftigen Entwicklungen im Werkzeugmaschinenbau
„Vom Maschinenhersteller zum Systemanbieter“

„Vom Maschinenhersteller zum Systemanbieter“
„Hersteller müssen künftig noch mehr als heute verstehen, auf eine bestimmte Fertigungsaufgabe zugeschnittene Lösungspakete anzubieten.“
Mit welchen Konzepten können deutsche Hersteller ihre führende Position behaupten? Antworten gibt Professor Christian Brecher, Inhaber des Lehrstuhls für Werkzeugmaschinen am WZL der RWTH Aachen und Direktoriums-Mitglied des Fraunhofer Instituts für Produktionstechnik IPT.

Herr Professor Brecher, die Emo hat sich zu der Innovationsmesse für die Metallbearbeitung entwickelt. Mit welchen Innovationen ist zur Emo 2007 zu rechnen?

Neben der Steigerung der Effektivität der Einzelmaschinen wird allgemein der Trend zu sehen sein, dass Maschinen mit einem optimalen Preis-Leistungs-Verhältnis auf verschiedene Bearbeitungsaufgaben angepasst werden können. Die Verfahrensintegration in Fertigungseinrichtungen sowie die Komplettbearbeitung in einer Maschine bieten in diesem Zusammenhang die Chance für eine effektive und wirtschaftlich profitable Produktion.
Deutsche Werkzeugmaschinen sind weltweit gefragter denn je. Was müssen die deutschen Hersteller tun, um ihre Position bei zunehmendem Wettbewerb mit den aufstrebenden Schwellenländern wie China und Indien zu behaupten?
Nach wie vor sind deutsche Werkzeugmaschinenhersteller vielen Wettbewerbern aus den aufstrebenden Schwellenländern technologisch und qualitativ überlegen. Um diesen Vorsprung auch zukünftig zu sichern und auszubauen, muss der am Standort Deutschland vorhandene hohe Ausbildungsstand von Facharbeitern, Technikern und Ingenieuren gefördert und effektiv für die zukünftigen Entwicklungen genutzt werden. Ferner wird auch die Wandlung vom reinen Maschinenhersteller zum Systemanbieter weiter voranschreiten. Hierbei müssen es Hersteller zukünftig noch mehr als heute verstehen, auf eine bestimmte Fertigungsaufgabe zugeschnittene Lösungspakete anzubieten, bei denen Aspekte der Maschinentechnik, der Fertigungstechnologie und des Service zusammenspielen. Moderne Simulationsmethoden sind hier nur ein Beispiel, wie Produkte im Vorfeld zielgerichtet optimiert werden können.
Wie können Werkzeugmaschinen künftig kundenproblembezogen gebaut und konfiguriert werden und dabei kostenmäßig wettbewerbsfähig sein?
Die Nutzung von Maschinenplattformen in Kombination mit Baukastensystemen kann eine effektive und kostengünstige Anpassung von Maschinen an die kundenspezifischen Anforderungen ermöglichen. Neben der heute meist gelösten Fragestellung der mechanischen Schnittstellen ist vor allem die Realisierung geeigneter Softwareschnittstellen zukünftig von großer Bedeutung, um eine wirtschaftliche und fehlersichere Inbetriebnahme und Konfiguration zu gewährleisten.
Wie bewerten Sie für die Zukunft die Integration unterschiedlicher Fertigungsverfahren in einer Maschine? Kann die zunehmende Komplexität noch vernünftig beherrscht werden?
Die Integration unterschiedlicher Fertigungsverfahren ist kein Selbstzweck. Sie bietet vielmehr die Möglichkeit zur Produktivitätssteigerung moderner Werkzeugmaschinen und kann zu einer deutlichen Verkürzung von Prozessketten führen, bei denen sich die Verfahrensintegration prozessbedingt anbietet. Die steigende Komplexität der Anlagen stellt sicherlich hohe Anforderungen an die maschinenseitige Integration. Diese Technikintegration wird allerdings heute von den Herstellern auf Grund ihrer hohen Kompetenz beherrscht. Für Hersteller des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus stellt das technologische Fachwissen in Kombination mit hervorragendem Systemverständnis einen deutlichen Vorsprung im internationalen Wettbewerb dar. Ein weiterer wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Nutzbarkeit durch den Anwender. Hier bieten zukünftig Simulationsmethoden Potential, um sowohl die Anlagenplanung als auch die Programmierung der komplexen Bearbeitungsaufgabe bestmöglich zu validieren.
Zulieferer und Lohnfertiger müssen immer flexibler auf Anforderungen reagieren. Mit welchen Konzepten können die Maschinenhersteller Hilfe bieten?
Die bereits angesprochene Verfahrensintegration sowie die Modularisierung von Werkzeugmaschinen stellen Ansätze dar, die es erlauben, flexibel auf sich schnell ändernde Anforderungen zu reagieren. Zukünftig werden Servicemodelle des Maschinenherstellers an Bedeutung gewinnen, die die Maschinenverfügbarkeit beim Anwender sicherstellen. Die zustandsorientierte Instandhaltung mit neuen Diagnoseverfahren wird dazu führen, dass ungeplante Stillstandszeiten zukünftig deutlich verringert werden können. Das Auftreten von Schäden wird im Vorfeld erkannt und die nötigen Wartungsarbeiten können geplant werden, was die Produktivität der Fertigung effizient steigert.
Welchen Beitrag müssen die Steuerungshersteller leisten, wenn Flexibilität, Planung und Prozessoptimierung bestmögliche Unterstützung finden sollen?
Zukünftiges Ziel bei der Modularisierung von Fertigungseinrichtungen muss die Nutzung konfigurierbarer und modularer Steuerungskonzepte sein. Dies beinhaltet auch die Nutzung von Plug&Play Mechanismen für Sensorik der Maschinen- und Prozessüberwachung, wodurch eine Vereinfachung des Engineerings erreicht werden kann. Weitere zukünftige Trends liegen in einer verbesserten Integration von NC und SPS in Bezug auf Programmierung und Engineering. Eine fehlertolerante Steuerung sowie Ansätze zur Kognition werden zurzeit intensiv in der Forschung beleuchtet. Wachsende Bedeutung wird zukünftig auch die engere Kopplung der Steuerung mit dem CAM-/Simulationssystem auf Basis durchgängiger, konsistenter Datenhaltung in Kombination mit geeigneten Schnittstellen zur Unterstützung eines Prozessdatenrückflusses in die Planungsebene haben.
Welche Bedeutung kommt der Simulation in Zukunft zu und mit welcher Entwicklung ist hier zu rechnen?
Die Simulationstechnik bietet die Möglichkeit, Produkte mit Hilfe virtueller Prototypen im Hinblick auf die geforderte Leistungsfähigkeit hin zu optimieren. Hierbei ist der Nutzen der Ergebnisse in starkem Maße von der Kenntnis der genauen Systemzusammenhänge sowie der Randbedingungen abhängig. Zur abgesicherten Aussage über die Leistungsfähigkeit einer Werkzeugmaschine auf Basis von Simulationen ist die disziplinübergreifende Betrachtung des Gesamtsystems erforderlich. Nicht berücksichtigte Effekte führen vielfach zu falschen Ergebnissen, wodurch der Nutzen und die sich ergebenden Chancen der Simulationstechnik im Werkzeugmaschinenbau heute oft noch nicht erkannt werden. Neben der weiteren Verbesserung der Maschinensimulation rückt heute die Berücksichtigung des Fertigungsprozesses bei den Simulationen mehr und mehr in den Vordergrund. Nach wie vor ist jedoch die Validierung der Simulation anhand von Messungen oder Probebearbeitungen erforderlich.
Dr. Rolf Langbein Journalist in Rottenburg
Simulationsmethoden steigern die Nutzbarkeit
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