Es gibt mehr als 600 deutsche Firmen mit über 1500 Tochterunternehmen in Kanada. Trotzdem, wird über den Wirtschaftsstandort Kanada gesprochen, erscheint er vielmals wie ein Geheimtipp.
Von unserem Redaktionsmitglied Iris Frick
Baguettes wie in Frankreich, Cowboys wie im Wilden Westen, Skylines wie in USA, Berge wie in … solche Berge gibt es nur in den Rocky Mountains. Und alles zusammen gibt es nur in Kanada.
Zumindest ist es das, woran die meisten denken, wenn sie an diesen Teil Nordamerikas denken. Selbst ausgebuffte Investoren vergessen tatsächlich häufig das geografisch zweitgrößte Land der Erde, wenn Sie auf Standortsuche gehen. Ganz zu schweigen von den Veranstaltungen zum Thema „Investieren in den Vereinigten Staaten“. Oft genug wird versäumt einen kanadischen Referenten einzuladen.
Differenzierte Wirtschaftsförderung hilft bei Standortwahl
Dabei gilt Kanadas Wirtschaft als eine der stabilsten der Welt. Als Handelsmacht voll integriert in das Weltwirtschaftsystem, nimmt das Land unter den marktwirtschaftlich orientierten Industrienationen beim Außenhandel Platz acht ein. Auch als Investitionspartner ist Kanada international anerkannt. Mit seiner Kaufkraft rangiert Kanada unter den Mitgliedsländern der sogenannten G-7, der Gruppe der wichtigsten Industrieländer, hinter den USA an zweiter Stelle. Nach Prognosen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird Kanada mit seinem Wirtschaftswachstum alle andere Industrienationen überholen. Das Exportvolumen stieg beispielsweise 1997 im Vergleich zum Vorjahr um 9 % auf 301 Mrd. US-$. Unter dem Einfluss des Nafta-Abkommens haben sich die Handelsbeziehungen zunehmend auf die USA konzentriert. Eine nicht ganz so drastische Entwicklung ist auf Seite der Importe zu erkennen. Zum einen spielt hier sicherlich die Verteuerung von US-Importen durch den starken US-Dollar eine Rolle, zum anderen verbirgt sich dahinter eine gezielte Politik der Regierung. Sie will das südliche Kanada als idealen Standort für europäische Firmen etablieren, um von hier aus USA zu beliefern. Gerade deutsche Unternehmen nutzen verstärkt die südlich gelegenen Provinzen, wie beispielsweise Ontario, um von dort unter Ausnutzung der Kostenvorteile, insbesondere bei den Gehältern, sowohl den kanadischen als auch den US-Markt zu beliefern. So kündigte der Daimler-Chrysler-Konzern an, in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten im kanadischen Windsor (direkt gegenüber der Autostadt Detroit gelegen), fast 1 Mrd. US-$ zu investieren.
Da auch andere kanadische Provinzen wie beispielsweise Alberta, Quebec und Nova Scotia (siehe ab Seite 50 in dieser Ausgabe ) gezielt europäische und insbesondere deutsche Unternehmen auf die Vorteile des Standorts innerhalb der Nafta hinweisen, dürfte sich die im vergangenen Jahr einsetzende Entwicklung sinkender Importe aus USA bei gleichzeitig steigenden Exporten nach USA fortsetzen. Ein weiterer Grund für die zunehmende Europa-Orientierung ist sicherlich auch, dass die Abhängigkeit von einzelnen Branchen (Land- und Forstwirtschaft oder Erdölindustrie) verringert werden soll.
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