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Wann automatisiert wird, zeigen gepflegte Tabellen

Fertigung: Forscher empfehlen den Zeitpunkt für eine Investition
Wann automatisiert wird, zeigen gepflegte Tabellen

Einmal planen reicht nicht, wenn sich Fertigung und Montage an wechselnde Stückzahlen anpassen müssen. Eine Berechnungsmethode, die Stuttgarter Forscher entwickelt haben, unterstützt einen Automobilzulieferer bei seinen zukünftigen Entscheidungen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Das ist doch mal eine Aussage: Für eine Fertigungslinie, auf der der Automobilzulieferer Alfmeier Präzision AG in Rottenburg verschiedenste Ventiltypen herstellt, lohnt sich die Investition in die Automatisierung nur im letzten Moment. Die vorhandenen Anlagen so lange wie möglich zu nutzen und zunächst bei der Zahl der Werker und Schichten zu variieren, rieten Mitarbeiter des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) dem Zulieferer.
Dass dieser Rat sogar für einen längeren Zeitraum Gültigkeit hat, konnten sie anhand ihrer Berechnungen belegen, die die Auswirkungen einer Entscheidung auf mehrere Jahre berücksichtigen.
„Die Aussage, möglichst spät zu automatisieren, darf man natürlich keinesfalls verallgemeinern oder einfach auf andere Unternehmen übertragen“, mahnt IPA-Mitarbeiter Rolf Wössner, der dieses Projekt mit betreut hat. Wann sich die Investition in eine automatisierte oder teilautomatisierte Anlage lohnt, hänge von sehr vielen Faktoren ab. Weil deren Einfluss sich darüber hinaus über die Lebensdauer eines Produktes wandelt, stehe ein Firmenchef oder Fertigungsleiter immer wieder vor einer schwierigen Entscheidung, wenn er die Stückzahlen seines Produktes steigern will.
Hilfe von Beratern setzt laut Wössner üblicherweise an der aktuellen Situation an: Aufgrund einer Analyse des Ist-Zustands empfehlen die Experten, was als nächstes zu tun ist. „In dem Projekt mit Alfmeier haben wir aber versucht, eine bessere Lösung zu finden“, erläutert der Stuttgarter Forscher. „Wir wollten den Verantwortlichen das Rüstzeug für eine ganze Reihe von zukünftigen Entscheidungen an die Hand geben.“
Die Basis für diese längerfristige Planung ist eine Berechnungsmethode, in der die IPA-Mitarbeiter alle Faktoren zusammenfassen, von denen die Wirtschaftlichkeit einer Anschaffung abhängt. So bekommt das Unternehmen als Resultat eine Tabelle – einen Migrationsplan – in die Hand, der seinen Nutzen jedoch nur behält, wenn die Beteiligten im Betrieb am Ball bleiben und die erstellten Daten auch zukünftig aktualisieren.
Dieser Aufwand dürfte sich lohnen, weil sich anhand der Berechnungen die folgenden Fragen beantworten lassen:
  • Wann ist der richtige Moment gekommen, um für eine Produktvariante den Schritt von der manuellen Fertigung zur Automatisierung zu realisieren?
  • Wie groß soll dieser Schritt sein – lohnt sich die Vollautomation oder rechnet sich allenfalls eine Anlage, die den Werkern einzelne Aufgaben abnimmt?
  • Wann wird beispielsweise eine automatische Prüfanlage zum Engpass, wenn immer mehr Werker das gleiche Produkt herstellen und diese eine Anlage benötigen?
Diesen Migrationsplan für den Automobilzulieferer zu erstellen, dauerte gut vier Monate, berichtet Wössner. Die Stuttgarter haben in dieser Zeit Fertigung und Montage analysiert und Konzepte sowohl für manuelle als auch für automatisierte Lösungen erarbeitet. Deren Kombination ist beim Fertigen der Ventile erforderlich: Damit sich der Ausstoß gut an den Bedarf anpassen lässt, sind sie modular aufgebaut. Zwar bestellen die Kunden viele Varianten. Die Ingenieure haben jedoch die Vielfalt auf einen kundenspezifischen Anschlussflansch begrenzt. Den montieren die Mitarbeiter auf einen stets gleichen Ventilgrundkörper. Die Strategie dahinter ist klar: Was in großen Stückzahlen anfällt, eignet sich von Anfang an für eine automatisierte Fertigung, Exoten lassen sich in Handarbeit fertigen.
Weil die Stuttgarter jeden der Fertigungsschritte daraufhin untersucht haben, wie gut er sich automatisieren lässt, konnten sie erkennen, wo sich bei steigenden Stückzahlen eventuell mehrere Alternativen für die Fertigung boten. Darüber hinaus haben sie weitere Zwischenschritte definiert, die den kontinuierlichen Übergang vom manuellen zum automatisierten Stadium erleichtern sollen.
Weil letztlich die Entscheidung an den Investitionskosten für eine neue oder erweiterte Anlage hängt, haben die IPA-Mitarbeiter auch bei einer Reihe von Anlagenbauern Richtangebote für die Berechnungen eingeholt. „Wie schnell die Anlagenbauer reagieren, beeinflusst natürlich die Dauer eines Projektes“, räumt Wössner ein. Dieser Aufwand falle jedoch nur zu Beginn eines Projektes an. „Wenn ein Unternehmen eine Fertigungslinie automatisiert, fällt ja auch die Entscheidung darüber, wer die Anlage dafür baut“, sagt Automatisierungsexperte Wössner.
Um den Migrationsplan als Entscheidungsgrundlage zu nutzen, müssen also auf lange Sicht nur die Daten des ausgewählten Anbieters aktualisiert werden. Damit erhält der Anwender auch auf mittelfristige Sicht ein Konzept, das Entscheidungshilfen für die Automatisierung zur Verfügung stellt.
Analyse zeigt, wo Alternativen in Frage kommen
Nur zu Beginn eines Projektes ist der Aufwand hoch

Pharmabranche macht den schrittweisen Wechsel vor
Drei Fragen, die für die Fertigung generell relevant sind, beantworten die IPA-Experten mit ihren Berechnungen:
  • Wie lässt sich die Fertigung über mehrere Jahre kontinuierlich von manueller zu automatisierter Fertigung führen?
  • Welche Ressourcen und welche Technologien sind zu den verschiedenen Terminen wirtschaftlich?
  • Wie lassen sich Produkte, die heute nicht einmal auf dem Papier existieren, später in die Fertigung integrieren?
Die Grundlagen für das Bewertungsverfahren stammen aus Projekten, die die IPA-Mitarbeiter mit Biotechnologie-, Pharma- oder Medizintechnikunternehmen durchgeführt haben. Beim kontinuierlichen Übergang vom Labor zum höchsten Ausstoß tauchen dieselben Fragen auf wie in der industriellen Fertigung. In der Zwischenzeit haben die Stuttgarter einige Projekte aus dem industriellen Bereich betreut, dabei ihre Erfahrungen eingebracht und Mitarbeiter in den Unternehmen bei der systematischen Planung entlastet.
Kontakt: Rolf Wössner, IPA,
Tel. (0711) 9701259
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