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Web-Briefkasten bringt Lieferanten in Schwung

E-Procurement: Lufthansa installiert Web-Briefkasten für Sonderbedarfe und spezialanfertigungen
Web-Briefkasten bringt Lieferanten in Schwung

Vorbild Geheimagent: Bei der Lufthansa werden Sonderanfragen im C-Artikel-Bereich über einen Web-Briefkasten ausgeschrieben. Die enge Kooperation mit sechs Hauptlieferanten ermöglicht es, Einzelprodukte kurzfristig online anzufragen und in den automatisierten Beschaffungs- und Abrechnungsprozess zu übernehmen.

Die Idee, einen Web-Briefkasten zu nutzen, kam den Verantwortlichen der Fluggesellschaft während der täglichen Beschaffung über das Internet, aber auch bei Gesprächen mit den Lieferanten. Gerold Carl, Leiter des weltweiten Bereichs e-purchasing der Lufthansa AG in Frankfurt/M., erläutert: „Während weltweit unsere rund 4000 Anwender den C-Artikel-Einkauf mittels fast 100 Katalogen und einer an das ERP-System angebundenen Plattform praktisch komplett über das Internet abwickelten, erinnerte die Beschaffung von Spezialartikeln stark an alte Zeiten.“ Sollten die rund 10 % von den üblichen Bestellungen abweichenden Artikel, wie Sonderbedarfe, Dienstleistungen, Spezialanfertigungen oder Geschenke für Kunden, geordert werden, mussten nicht nur zuerst die in Frage kommenden Lieferanten selektiert, sondern diese auch telefonisch oder per Fax angefragt werden. Hinzu kamen das Sammeln der zeitlich versetzt eingehenden Angebote, das Auswerten der Preise und die finale Beauftragung. Der Aufwand, der sich daraus ergab, trug nicht zur gewünschten Reduzierung der Prozesskosten bei.

Die Idee, diesen Prozess schlanker und damit kostengünstiger zu gestalten, lieferte 2005 die Geheimdiensttätigkeit. Warum, so der Lufthansa-Einkauf, übertrug man nicht einfach das Prinzip des dort üblichen „toten Briefkastens“ auf die Online-Beschaffung? Wie Agenten diese geheimen Orte regelmäßig auf Informationen eines Auftraggebers oder Mittelmanns kontrollierten, sollten auch Lieferanten in die „Webbriefkästen“ schauen und eigenständig auf die von den Einkaufsverantwortlichen hinterlegten Anfragen reagieren. Carl: „Unser Ansatz war es zudem, Anfragen für Sonderprojekte nicht mehr allen, sondern nur noch ausgewählten Lieferanten zur Verfügung zu stellen und diese dann mit der weiteren Abwicklung des Projektes inklusive der Einkaufsfunktion zu betrauen. Also Rückfragen bei Unklarheiten, Recherche nach passenden Lieferanten, Ermittlung der besten Preise und Organisation der Belieferung.“ Waren alle diese Informationen beisammen, stellte der Hauptlieferant diese wieder in den Web-Briefkasten und schloss damit den Prozess ohne jeglichen Medienbruch ab.
Funktionieren, das war den Verantwortlichen der Lufthansa AG von Anfang an klar, konnte der Ansatz allerdings nur, wenn auf der Lieferanten-Seite erfahrene und innovative Unternehmen vorhanden waren. Dadurch kamen nur Firmen in Frage, die die Lufthansa AG nicht nur seit Jahren als Abnehmer kannten, sondern auch sehr viel Erfahrung im E-Procurement und im Projektmanagement mitbrachten. Zum Beispiel die Kayser GmbH. Deren Geschäftsführer Karl Heinz Kayser erklärt: „Wichtigstes Argument, um als Lieferant für die Lufthansa attraktiv zu sein, war aber, dass wir über ein umfangreiches Sortiment in speziellen Segmenten verfügen mussten, zum Beispiel im Bereich Industriebedarf, Arbeitsschutz und technische Ausrüstung.“ Ausschlag gebend für das Gelingen des Projektes war darüber hinaus eine sehr gute Kundenbetreuung. Carl: „Da nach unserer Vorstellung jeder Anwender, der die E-Procurement-Plattform nutzte, auch Sonderprojekte über den Webbriefkasten anfragen konnte, war natürlich die Gefahr gegeben, unseren eigenen Ansatz der Warenbeschränkung zu torpedieren. Schließlich konnte ein Anwender somit grundsätzlich auch Produkte anfragen, die er in den Standardkatalogen nicht fand.“ Für den Lieferanten und seine Mitarbeiter bedeutete das wiederum: Sie mussten selbstständig erkennen, ob die Anfrage eines Bestellers nur eine Abart des vorhandenen Angebots war oder einen wirklich zu beschaffenden Sonderbedarf darstellte. Auch bezüglich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gab es ein strenges Regelwerk für die ausgewählten Key-Lieferanten. So war von ihnen stets ein Bestpreis-Angebot einzuholen und anzubieten. Und es galt die Regel, dass spätestens 24 Stunden nach Hinterlegung der Anfrage im Webbriefkasten vom Lieferanten ein adäquates Angebot eingestellt werden sollte.
Unmittelbar, nachdem die Anforderungen geklärt und vertraglich fixiert waren, begann die Lufthansa Systems AG den Web-Briefkasten einzurichten. Als Bestellsystem diente dazu die vorhandene Plattform der Firma IBX, an die „Quick Demand“ mittels einer Standardschnittstelle angedockt wurde. Benötigt heute ein Besteller einen bestimmten Sonderbedarf von einem der Key-Lieferanten, so kann er diesen nicht nur in vorhandenen Freitextfeldern umfassend beschreiben, sondern ihn auch über Uploads, Zeichnungen oder sonstige begleitende Informationen eingrenzen. Ein eigener E-Mail-Dienst informiert Anfrager und Anbieter, wenn im Web-Briefkasten ein neues Dokument enthalten ist. Das Format und die Struktur, in dem das Angebot vom Hauptlieferant abgegeben werden muss, ist ebenfalls klar fixiert. Nämlich so, dass es bei Akzeptanz vom Anfrager direkt als Online-Bestellformular genutzt werden kann. Das heißt damit auch, dass bei Überschreiten eines bestimmten Preislimits oder sonstiger vordefinierter Rahmenbedingungen erst eine E-Mail-Freigabe durch den Vorgesetzten eingeholt, oder bei sofortiger Nutzbarkeit die Bestellung mit einer SAP-Nummer versehen und per Mausklick versandt wird. Die Nutzung des bereits etablierten elektronischen Abrechnungsverfahrens für den Lieferanten wird damit zudem ausgelöst. Carl: „Durch das System sind Medienbrüche nun auch bei Sonderprojekten praktisch ausgeschlossen und die Antworten der Lieferanten erfolgen heute in zum Teil nur vier Stunden.“
Jürgen Rönsch Fachjournalist in Münster

Kosteneffizienz
Angesichts des enormen Kostendrucks, unter dem viele Unternehmen stehen, ist es wichtig, die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette effizienter zu gestalten und die Betriebskosten zu senken. Dem Einsatz einer E-Procurement-Lösung und der damit verbundenen Automatisierung sämtlicher Ein- und Verkaufsprozesse kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Die Einsparungen im C-Artikel-Einkauf werden besonders hoch bewertet.
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