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Weiche Schrauben haben bei Würth keine Chance

Materialprüfung: Würth testet Lieferantenware im eigenen Labor
Weiche Schrauben haben bei Würth keine Chance

Der Schraubenlieferant Würth in Künzelsau sucht sich seine Lieferanten genau aus. Innerhalb eines Probeauftrags wird die angelieferte Ware noch einmal gegengeprüft. Erst wenn das hauseigene Prüflabor grünes Licht gibt, werden vom Einkauf weitere Bestellungen getätigt.

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Böttger – uwe.boettger@konradin.de

Um die Bedeutung der Schraube hervorzuheben, schreckt Reinhold Würth nicht davor zurück, ein apokalyptisches Szenario zu zeichnen: „Wenn es keine Schrauben gäbe, würde die ganze Welt in fünf Minuten zusammenbrechen.“ Eines hat der Vorsitzende des Beirats der Würth-Gruppe bei dieser kernigen Aussage stillschweigend vorausgesetzt: Die Schrauben müssen in Ordnung sein, denn sonst kracht die Welt auch mit ihnen zusammen.
Die Adolf Würth GmbH & Co. KG in Künzelsau steht dafür gerade, dass die Schrauben halten, was der Kunde erwartet. Was mit Material aus einer Würth-Kartonage montiert oder befestigt wurde, soll halten.
Angesichts der Menge von 600 t, die täglich per Lkw in der Zentrale im schwäbischen Künzelsau angeliefert wird, ist das eine organisatorische Spitzenleistung. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Befestigungselemente, vornehmlich Schrauben in allen nur denkbaren Größen und Formen. Bernd Hiller, Leiter der Qualitätssicherung: „Es kommt darauf an, die richtige Menge an Schrauben zur rechten Zeit zu liefern.“
Würth übernimmt für seine Kunden einen Großteil des Lager- und Logistikaufwands. Die Schrauben werden auftragsbezogen an den Ort geliefert, wo sie verbaut werden.
Für die Qualität der Schrauben, die bei Würth eingehen, haftet eigentlich bereits der Hersteller. Das reicht den Schwaben jedoch nicht. Hermann Müller, Mechaniker-Meister und Leiter des akkreditierten Labors: „Der Kunde kennt den Hersteller nicht, der auf dem Schraubenkopf zum Beispiel mit einem C verschlüsselt ist. Aber er kennt uns, von dem er die Schrauben bezieht. Eine fehlerhafte Lieferung fällt immer auf Würth zurück.“
Entsprechend sucht sich die Künzelsauer ihre Lieferanten genau aus. A priori muss ein neuer Partner in der Lage sein, die geforderte Qualität dauerhaft liefern zu können. Ist diese Bedingung erfüllt, erteilt Würth einen Probeauftrag und die angelieferte Ware wird noch einmal gegengeprüft. Müller: „Fällt das Ergebnis positiv aus, werden im Einkauf weitere Bestellungen getätigt. Im anderen Fall ist der Lieferant ungeeignet.“
Für die Gegenprüfungen steht Hermann Müller eine Materialprüfmaschine des Herstellers Wolpert zur Verfügung – Baujahr 1991. Das Alter ist bei solchen Maschinen unwesentlich. In vielen Firmen sind noch Modelle aus den sechziger Jahren und früher erfolgreich im Einsatz. Wichtig ist, dass der Lastrahmen und die Gewindetriebe mit ihren Lagern und Führungen noch in einem guten Zustand sind. Müller: „Solange die jährliche Kalibrierung weiterhin reibungslos verläuft, werden wir noch lange Freude an der Maschine haben.“
Die Software stammt von der UTS Testsysteme GmbH aus Ulm. Das letzte Update liegt inzwischen einige Jahre zurück, doch Hermann Müller ist mit der programmtechnischen Unterstützung nach wie vor zufrieden. Auf die neuesten Software-Entwicklungen, bei denen beispielsweise dem Anwender das Probenhandling per Video-Sequenz am Bildschirm gezeigt wird, ist Müller nicht angewiesen. „Bei der Vielzahl der Artikel, die wir zu prüfen haben, würde uns diese Art Unterstützung kaum helfen“, beschreibt der Laborleiter seinen Prüfalltag. „Bei uns geht laufend die Türe auf und jemand will ein ganz bestimmtes Teil gezogen haben. Da müssen wir schnell sein.“ Um den Überblick zu behalten, kennzeichnet Müller die verschiedenen Spannvorrichtungen farbig und verstaut sie in einer Schublade, die er entsprechend beschriftet. Der klassische Zugversuch ist die Königsdisziplin in dem Würth-Prüflabor. Durch diesen Test muss jede Schraube durch, die als Stichprobe herangezogen wurde. Die Prüfung findet an einer so genannten abgedrehten Probe statt, die Müller mit Hilfe diverser Gerätschaften im Raum nebenan herstellt. Zu seiner Ausrüstung zählen unter anderem Trenngeräte, eine Drehbank und eine Fräsmaschine. Nachdem die so präparierte Probe eingespannt ist, stellt er die Vorlast ein, um das gesamte Gebild spielfrei zu bekommen.
Vor dem Start bringt Müller einen Feindehnungsmesser an, der die Dehnung der Schraube im ersten und entscheidenden Teil des Zugversuchs aufnimmt. Ist das Ende des elastischen Bereichs erreicht, stoppt die Maschine und Müller kann die Zusatz-Messeinrichtung wieder entfernen. Bernd Hiller: “Anhand der Kennlinie am Monitor sehen wir sofort, ob der Prüfling die geforderte Festigkeit besitzt oder nicht.” Ist die Schraube nach der Produktion beim Hersteller nicht durch eine entsprechende Wärmebehandlung vergütet worden, fällt sie beim Test durch. Die Wahrheit kommt durch den Zugversuch ans Licht. Müller: „Man sieht es der Schraube nicht an, ob sie vergütet wurde oder am Wärmeofen vorbei gerutscht ist.“
Nach diesem ersten Teil wird der Versuch weiter in den plastischen Bereich gefahren. Alle Längenmessungen bis zum Bruch laufen jetzt über die Traverse der Prüfmaschine.
Ein weiterer Test bei Würth ist der so genannte Mutternprüfkraft-Versuch. Hierbei wird die Mutter auf einen Prüfdorn aufgedreht. Danach wird die Prüfkraft über einen Zeitraum von 15 s gehalten. Löst sich der Prüfling schließlich ohne Deformation, gilt der Test als bestanden.
Neben diesen Versuchen führt Hermann Müller auch Tests im ungeregelten Bereich durch. Baut der Kunde beispielsweise eine Fassade, dann muss diese durch einen Statiker abgenommen werden. Der wiederum braucht Werte über Zugfestigkeiten und Scherlasten, welche die verwendeten Bauschrauben aushalten können. Auch diese Informationen ermitteln Hermann Müller und seine Kollegen im Künzelsauer Versuchslabor.
Industrieanzeiger
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