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Wenn das Geschäft unter Baulärm leidet

Sanierung von Gewerberäumen
Wenn das Geschäft unter Baulärm leidet

Vielerorts wird in Deutschland gehämmert und gebohrt; zahlreiche Gebäude werden saniert oder gleich ganze Häuserblocks neu errichtet. Betroffene Gewerbetreibende leiden oft unter Kundenschwund. Für einen finanziellen Ausgleich gelten enge rechtliche Grenzen.

Quelle: D.A.S.

Deutschland ist derzeit eine große Baustelle. An allen Ecken und Enden werden Straßen saniert, Gebäude gedämmt, Dächer erneuert und neue Häuser errichtet. Ist ein gewerblich genutztes Objekt Gegenstand solcher Arbeiten, bringt dies für den Mieter oft große Probleme mit sich: Denn kaum etwas vertreibt so effektiv die Kunden wie Baulärm, Staub und Dreck. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung stellt drei Gerichtsurteile zu den mietrechtlichen Folgen von Sanierungsmaßnahmen bei Geschäftsräumen vor.
Fall 1: Unzumutbare Modernisierung berechtigt zur fristlosen Kündigung
Grundsätzlich müssen Mieter Modernisierungsmaßnahmen an ihrem Mietobjekt dulden. Dies gilt nicht nur für Mietwohnungen, sondern auch für Gewerbeobjekte. Allerdings gibt es Ausnahmen: Bedeutet die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter eine unzumutbare Härte, muss er sie nicht dulden. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein solcher Härtefall vorliegt, werden auch die Interessen des Vermieters berücksichtigt. Ein Vermieter hatte angekündigt, dass er über mindestens neun Monate umfassende Sanierungsarbeiten mit einem Umfang von mehreren Millionen Euro an einem Gebäude vornehmen wollte. Einer der Mieter betrieb eine Praxis für Neurologie und Psychiatrie. Der Mieter suchte sich neue Räume und kündigte den befristeten Mietvertrag fristlos. Er könne wegen der zu erwartenden Lärm- und Staubbelastung sowie Erschütterungen des Gebäudes seinen Praxisbetrieb nicht fortsetzen. Der Mieter sah seine Existenz als gefährdet an. Er verlangte Schadenersatz (Ersatz der Umzugs- und Renovierungskosten und Erstattung der Mietdifferenz für die Restlaufzeit des Mietvertrages). Der Bundesgerichtshof gab ihm Recht. Auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Vermieters müsse der Mieter keine Arbeiten dulden, die dazu führen könnten, dass er seine Tätigkeit so lange Zeit nicht mehr ausüben könne. Der Mieter habe fristlos und ohne Abmahnung kündigen dürfen. Er habe Anspruch auf Schadenersatz.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. Oktober 2012, Az. XII ZR 126/11
Fall 2: Ausschluss der Mietminderung?
In Wohnraummietverträgen ist ein Ausschluss des Rechts des Mieters auf Mietminderung unwirksam. Bei Gewerbemietverträgen können Ausschlussklauseln vereinbart werden. Der Bundesgerichtshof hat allerdings klargestellt, dass dem Grenzen gesetzt sind. Ein Vermieter hatte das Recht auf Mietminderung vertraglich ausgeschlossen, wenn die Nutzbarkeit der Gewerberäume durch Faktoren außerhalb seiner Verantwortung beeinflusst würde. Nun wurde das Nachbargebäude abgerissen; es entstanden erhebliche Belästigungen durch Lärm und Erschütterungen. Ein Mieter – ein Physiotherapie-Zentrum – minderte nun trotz vertraglichem Ausschluss die Miete. Der Bundesgerichtshof entschied, dass ein vollständiger Ausschluss des Mietminderungsrechts auch im Gewerbemietvertrag nicht möglich sei. Zumindest müsse dem Mieter die Möglichkeit bleiben, zu viel gezahlte Miete nachträglich als „ungerechtfertigte Bereicherung“ zurückzufordern. Auch dies schließe die verwendete Vertragsklausel jedoch aus. Diese benachteilige den Mieter unangemessen und sei unwirksam.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. April 2008, Az. XII ZR 62/06
Fall 3: Pächter hat keinen Anspruch auf Kostenersatz
Der Pächter eines Cafés mit Außenbereich hatte ebenfalls unter Bauarbeiten zu leiden: Der Verpächter ließ am Haus umfassende Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten durchführen. Das Lokal musste im Monat August schließen, das Personal wurde nach Hause geschickt. Allerdings liefen Personal- und andere Kosten weiter. Den entstandenen Schaden wollte sich der Cafébetreiber vom Verpächter zurückholen. Vor Gericht kam er damit jedoch nicht durch: Das Oberlandesgericht Saarbrücken sah es nicht als ausreichend an, dass der Schaden durch die vom Verpächter veranlassten Arbeiten entstanden war. Vielmehr müsse der Verpächter auch eine Pflichtverletzung begangen haben, wie etwa eine mangelhafte oder verspätete Durchführung der Arbeiten. Es habe sich hier um zu duldende Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten gehandelt (Abdichtung gegen eindringendes Wasser, Energieeinsparung). Eine Pflichtverletzung konnte das Gericht nicht feststellen.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 20. Dezember 2010, Az. 8 U 507/09–132
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