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Wenn die Maschine selbst den Service ruft

Fertigungstechnik: Vernetzte Maschinen und Prozesse sorgen für sichere und transparente Abläufe
Wenn die Maschine selbst den Service ruft

Flexibilität, Just-in-time-Lieferungen und extrem kurze Lieferzeiten – zwei Praktiker sagen, wie Fertigungstechnik zukünftig aussehen muss, damit Zerspaner die steigenden Anforderungen meistern können.

„Hallo Leitstand. Hier Maschine 6. Spüre leichte Vibrationen im Hauptlager von Spindel 1. Prüfen Sie bitte, wann ein Wartungseinsatz in unseren Produktionsplan passt, und informieren Sie einen Servicetechniker.“ Die Maschinen-Selbstdiagnose hält Ralf Beutner, Leiter Engineering und Teilefertigung bei der DaimlerChrysler AG in Stuttgart, für eines der spannendsten Zukunftsthemen in der Fertigungstechnik. Es gebe bereits seit einiger Zeit vielversprechende Ansätze – Schwingungsaufnehmer und Temperatursensoren beispielsweise, die sensible Komponenten überwachen und außerhalb der Toleranz liegende Werte melden, oder Ferndiagnosesysteme, wie sie einige Maschinenhersteller anbieten. Was sich Beutner vorstellt, geht jedoch weiter. „Gerade in der Massenfertigung müssen selbst kleinste Abnormitäten frühzeitig erkannt werden, lange bevor sie zu einem Problem führen.“ Nur so lassen sich erforderliche Serviceeinsätze in produktionsfreien Zeiten einplanen und Ersatzteile, die womöglich erst bei Bedarf hergestellt werden, rechtzeitig ordern. Um den Prozess zu vereinfachen und zu automatisieren, wäre es ideal, wenn sich eine Maschine vollständig und zuverlässig selbst überwachen und Probleme präzise einkreisen könnte. Nach ihrer Meldung an den Leitstand würde dieser die erforderlichen Teile und – falls notwendig – einen Servicetechniker anfordern sowie die Termine koordinieren – alles vollautomatisch.

Doch nicht nur hinsischtlich der Selbstdiagnose von Anlagen oder der Dienstleistungen rund um die Fertigung – etwa der Wartung, der Instandhaltung oder des Tool Managements –, erkennt Beutner noch einiges Entwicklungspotenzial. „Immer engere Toleranzen in der Serienfertigung von Motoren- und Getriebeteilen erfordern hochpräzise Maschinen und Werkzeuge. Mit Standardprodukten ist das kaum zu bewältigen.“ Hier sieht der Diplom-Ingenieur eine große Chance für die heimischen Anbieter: „Kurze Wege sind dabei ein enormer Vorteil. Denn bei Bedarf muss der Ausrüster extrem schnell reagieren und Hilfestellung leisten können.“
Zunehmend strenger werden auch die Vorgaben hinsichtlich der zulässigen Restverschmutzung. Bearbeitungsmaschinen sollten deshalb so konzipiert sein, dass die Werkstücke möglichst sauber aus dem Arbeitsraum kommen. Ein perfekter Spänefall und trockenes Zerspanen sind hier Ansätze. Dazu kommen effiziente und wirtschaftliche Reinigungsanlagen und -verfahren.
Mit revolutionären Entwicklungen rechnet Beutner derzeit nicht. „Die Prozesskette wird sich eher evolutionär entwickeln. Gleichwohl kann es in einzelnen Bereichen durchaus größere Sprünge geben.“
Franz Mack, Gründer und Geschäftsführer der Mack CNC-Technik GmbH in Dornstadt, hält Revolutionen gar nicht für notwendig: „Die Technik, die wir brauchen, ist grundsätzlich bereits verfügbar. Wichtig ist, dass sie noch zuverlässiger wird und absolut prozesssicher funktioniert – gerade auch in mannlosen Schichten.“ Sein Personal solle im Idealfall von 7 bis 15 Uhr arbeiten, danach müssten die Maschinen alleine klar kommen. Um das zu erreichen, wäre der Schwabe auch gerne bereit, auf das letzte Quäntchen Performance zu verzichten.
Neben einem passenden, hochmodernen Maschinenpark und effizienten Abläufen seien hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg, betont Franz Mack. „Wir brauchen sehr gute Leute. Mit ihnen steht und fällt das Unternehmen.“ Der Maschinenbediener der Zukunft sei eher Ingenieur als Hilfsarbeiter. „Deshalb bilden wir verstärkt aus, und deshalb nutzen wir in der Ausbildung nur die modernste Technik.“
Mack, der seinen Betrieb vor 20 Jahren in der heimischen Garage gegründet hat, leitet das Unternehmen heute gemeinsam mit seinem Sohn Alexander. Mehr als 60 Mitarbeiter bearbeiten und fertigen Bauteile und Komponenten – unter anderem für die Automobilindustrie und den Motorsport, für die Luft- und Raumfahrt und die Medizintechnik oder den Maschinenbau. „Pro Woche fertigen wir 600 verschiedene Bauteile“, sagt der Unternehmer. Das sei nur möglich, weil alle Prozesse komplett vernetzt sind. Angebotswesen, Konstruktion, Materialwirtschaft, Arbeitsvorbereitung und Maschinenprogrammierung – alles läuft über ein System. Nur so seien alle Abläufe schnell und effizient planbar, transparent und jederzeit nachvollziehbar. Und das sei nicht nur die Basis für eine hohe Auslastung und zuverlässige Qualitätssicherung, sondern auch die Voraussetzung, um schnell und flexibel auf Kundenanfragen reagieren zu können. Extrem kurze Lieferzeiten und Just-in-time-Versorgung der Abnehmer seien entscheidende Verkaufsargumente. „Wenn uns das gelingt, ist es für den Auftraggeber uninteressant, im Ausland fertigen zu lassen“, sagt Mack.
Flexibilität – sowohl seitens der Mitarbeiter und Lieferanten, vor allem aber auch bei den Fertigungsmitteln – ist auch für Ralf Beutner eine Grundvoraussetzung für zukünftigen Erfolg. „Die Produktlebenszyklen werden immer kürzer, die konjunkturellen Schwankungen ausgeprägter. Hinzu kommt, dass die Nachfrage nach einem Modell bei der Markteinführung deutlich größer ist als kurz vor dem Auslauf. Auf diese Schwankungen müssen wir schnell reagieren. Dazu brauchen wir einerseits flexible Arbeitszeitmodelle, andererseits – gerade in der Massenfertigung – Maschinen und Anlagen, die sich schnell umrüsten lassen.“
Einig sind sich die beiden Fertigungstechniker darin, dass Maschinenhersteller eng mit ihren Kunden zusammenarbeiten sollten, um nicht am Markt vorbei zu entwickeln. Immer wieder würden technisch hervorragende Produkte ersonnen, die den Anforderungen der Praxis jedoch nur bedingt, manchmal gar nicht gerecht werden.
Vernetzte Prozesse schaffen Flexibilität in der Planung
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