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Wenn Sonderlösungen zum Standard werden

Innovationsmanagement: Kasto bündelt Wissensträger
Wenn Sonderlösungen zum Standard werden

Problemlösungskompetenz zeichnet Marktführer aus. Kasto ist in den Bereichen Industriesägen und Hochregallager ein Beispiel dafür. 80 von 550 Mitarbeitern bilden eine Denkfabrik, die Kundenwünsche realisiert.

Fast täglich erreichen die Kasto GmbH & Co. KG in Achern über die bundesweit 120 Außendienstmitarbeiter und Handelspartner Anfragen zu Sonderlösungen. Da will ein Kunde Stillstandszeiten während Wartungsarbeiten vermeiden; ein anderer möchte schneller sägen können, weshalb seine Maschine einen stärkeren Antrieb benötigt; der nächste möchte die Metallspäne unmittelbar abgesaugt wissen oder braucht für sein Hochregallager eine 50%ige Traglasterhöhung und will erfahren, welche Komponenten hierfür verstärkt werden müssen.

Die Kommunikationswege bei Kasto sind standardisiert, damit der Kunde binnen Tagen die bestmögliche Antwort erhält. So fixiert der Vertrieb die Kundenanfrage schriftlich und gibt sie je nach Thema an die Kollegen in Konstruktion, Steuerungstechnik oder Software weiter. Der jeweils Produktverantwortliche prüft die Anfrage auf ihre Machbarkeit hin. Ist die Frage von hoher Aktualität, zieht er die Disposition wegen der Lieferfähigkeit bereits in diesem frühen Stadium der Anfrage hinzu.
Erfahrungsgemäß wird ein Fünftel aller Anfragen verworfen, weil sie physikalisch nicht realisierbar oder finanziell zu aufwendig sind. Manches passt auch produktstrategisch nicht ins Kasto-Portfolio. Eine solche Erstprüfung dauert in der Regel 2 bis 8 h und umfasst auch die Kalkulation des Lösungsaufwandes. So kann der geschätzte Konstruktionsaufwand für eine Sonderlösung in der Mechanik 80 h umfassen, für die Steuerung bei 60 h liegen und bei der Software sich auf 60 min beschränken, weil ein Programm nur um ein, zwei Parameter adaptiert werden muss.
Sind diese Fakten erhoben, werden die Verkaufschancen einer solchen Lösung hochgerechnet, um Aussagen über Kosten und Rentabilität für den Konstruktions- und Produktionsaufwand treffen zu können. Vertrieb und Konstruktion legen diese entscheidungsreifen Fakten dann der Geschäftsleitung vor. Technikchef Dr. Fritz Heydt: „In unserem mittelständischen Unternehmen sind die Geschäftsführer Armin und Hans-Jürgen Stolzer persönlich so dicht am Markt und in unzähligen Kundengesprächen, dass sie das punktgenau einschätzen können.“
70 % aller Anfragen, so die Erfahrung bei den Badenern, sind Sonderlösungen mit Bagatellaufwand, bei denen binnen Stunden beispielsweise ein Softwareprogramm umgeschrieben werden kann, um dem Wunsch des Kunden zu entsprechen. Dazu zählen andere Fachaufteilungen, Abweichungen von geometrischen Standardmaßen oder höhere Belastungen im Hochregallager. Um Standardmaße nicht verlassen zu müssen, versuchen die Entwickler zunächst, über Toleranzen eine Lösung zu finden. „Wenn wir in den Rastern bleiben, hat dies auch Vorteile von der Komplexität der Bedienung über die Wartung bis hin zur Verfügbarkeit von Ersatzteilen“, wirbt Heydt um Verständnis für die Plattformstrategie seines Hauses, die allen Beteiligten eine höhere Transparenz in der Kooperation ermögliche.
Nicht selten geben räumliche Vorgaben den Ausschlag für Zwischenmaße, um eine komplexe Industriesäge oder ein Hallenlager noch unterbringen zu können. Wo eine Maschine etwa unmittelbar an der Wand steht, kann der vorgeschriebene Sicherheitszaun entfallen, was Kosten spart, nennt der Technikchef ein Beispiel dafür, inwiefern auch das bauliche Umfeld auf den Wunsch nach Sonderlösungen Einfluss hat. In den Stücklisten der SAP-Software werden solche Spezifika hinterlegt, um bereits in der Phase der Angebotserstellung dank standardisierter Prozesse den Aufwand trotz steigender Komplexität zu minimieren oder beherrschbar zu halten.
Einmal pro Monat resultiert aus der Vielzahl der Anfragen und Sonderwünsche sowie der erkannten Problemlagen eine echte technische Innovation, die das Kasto-Team in konsequenter Kooperation aller Wissensträger hervorbringt. Das können neue Sägen- oder Lagertypen sein oder wesentliche Eingriffe in die Peripherie der Maschinen und Anlagen, etwa bei Ein- und Ausgabe des Materials oder der Entsorgung von Abschnitten. Ein Beispiel: Wenn die Vorgabe lautet, ohne Lärm und Beschädigung zu sägen und die Abschnitte zugleich transportsicher zu stapeln, dann mündet die Kasto-Antwort in einen Roboter, um den die Säge aufgerüstet wird.
„Unsere regelmäßigen Verkäuferschulungen sind die besten Seismographen, die Impulse der Kunden zu messen und den Nerv des Marktes zu treffen“, sagt Heydt. Denn wenn ein Mitarbeiter ein Problem nenne, das fünf Kollegen aus anderen Gesprächen kennen, dann stecke in dessen Lösung meist die naheliegendste Innovation. Mehr als 120 Patente, die bis zu 20 Jahre gelten und sich meist auf Europa, die USA und Japan erstrecken, belegen die Kreativität der Badener, die jährlich fünf bis zehn neue Patente anmelden. Typische Innovationen der jüngeren Vergangenheit kennen meist zwei Richtungen: Die Verschmelzung mehrerer Einzellösungen, zum Beispiel Lager für Paletten, Bleche und Langgut, zu einem komplexen Logistiksystem, oder die Differenzierung in Produktbaureihen mit ständig erweiterten Baugrößen sowie alternativ die Übertragung vorhandener Kompetenz auf neue Anwendungen und Branchen, also Spezialisierung. Parallel zu beiden Wegen geht es immer auch um höhere Leistung und Präzision bei modularisierten Baugruppen.
Leonhard Fromm Journalist in Göppingen
Einmal pro Monat eine echte technische Innovation

Kasto in Kürze
Seit Erfindung der Metallbügelsägemaschine 1948, die erstmals bogenförmige Schnitte erlaubte, hält die Kasto GmbH & Co. KG im badischen Achern die Technologieführerschaft in diesem Marktsegment. Zwar ist das Schlüsselpatent längst ausgelaufen, doch ausgeruht haben sich die Nordbadener, die heute mit 510 Mitarbeitern 85 Mio. Euro Jahresumsatz erwirtschaften, darauf ohnehin nie.
Heute verlassen jährlich rund 800 Band- und Kreissägen, davon 300 Produktionssägen sowie 100 Lagersysteme für Langgut und Bleche, die Werke in Achern und Schalkau. 70 % gehen ins europäische Ausland, Nordamerika und zunehmend Asien. 40 % der Kunden sind Stahl- und Aluhändler, die Stäbe und Bleche kommissionieren oder tonnenschwere Rohware kundenspezifisch zuschneiden. Ein Viertel sind Maschinenbauer, 15 % sonstige Metallverarbeiter, der Rest Automobil- und Werftindustrie, Handwerk und Berufschulen.
15 % des Umsatzes investiert Kasto in seine Innovationskraft, was sich auch in der Belegschaft widerspiegelt: 80 von 510 Mitarbeiter arbeiten in Entwicklung und Konstruktion. Zu 80 % dient dieses Know-how dazu, Kunden in ihren Wettbewerbsanforderungen bezüglich Schnelligkeit, Effizienz oder Verfügbarkeit zu begleiten. Zu 20 % werden über das innovative Image der Marke Neukunden gewonnen, die Anfragen nach Problemlösungen stellen.
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