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Wer nicht dokumentiert, der diskriminiert

Antidiskriminierungsgesetz: Viele Pflichten für Unternehmer
Wer nicht dokumentiert, der diskriminiert

Mitte dieses Jahres soll ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG) in Kraft treten. Das Gesetz legt dem Unternehmer zahlreiche Pflichten auf.

Sigrid Hintzen ist Rechtsanwältin beim Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) in Berlin

Mit dem Antidiskriminierungsgesetz sollen vier europäische Richtlinien in deutsches Recht übertragen werden. Das Gesetz gilt in Fachkreisen als zu weitgehend. Denn bestehende Schutzgesetze verhindern Benachteiligungen, und das Toleranzniveau steigt ständig. Der pragmatischen Anwendung des Gesetzes stehen zudem umständliche und unklare Formulierungen entgegen, die ausufernde und missverständliche Interpretationen hervorrufen können. Umfangreiche Dokumentationspflichten werden den Unternehmen nicht erspart, wenn sie sich für den Streitfall absichern wollen.
Das Gesetz legt für zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Verträge ein umfassendes Verbot von Benachteiligungen fest (§ 1 ADG), wegen
  • der Rasse,
  • ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters oder
  • der sexuellen Identität.
Sämtliche Waren- und Dienstleistungsverträge müssen zwingend benachteiligungsfrei abgeschlossen werden, soweit sie als Massengeschäfte anzusehen sind (§ 20 ADG). Bei Verstößen muss der Unternehmer mit den Benachteiligten einen Vertrag abschließen. Nur wenn andere Gründe gegen den Vertragsabschluss sprechen, kann sich der Unternehmer einen anderen Partner suchen. Ausnahmen erlaubt das Gesetz für familien- und erbrechtliche Verträge sowie für Vereinbarungen mit einem besonderen Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Vertragspartner, etwa bei Mietverhältnissen.
Der Benachteiligte hat grundsätzlich Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung. Wird das Diskriminierungsverbot schuldhaft verletzt, führt dies zum Schadenersatz. Bei immateriellen Schäden kann ein Diskriminierter eine Geldentschädigung fordern. Der Unternehmer trägt die Beweislast.
Im Betrieb sollen Diskriminierungen in allen Bereichen unzulässig sein: von der Bewerbung über die Vertrags- und Arbeitsbedingungen, die Berufsausbildung, die Umschulung, die Mitgliedschaft in Betriebsräten, den Sozialschutz, den beruflichen Aufstieg bis hin zur Berufsbeendigung.
Der Arbeitgeber muss erforderliche – auch vorbeugende – Maßnahmen ergreifen, um Diskriminierungen zu verhindern. Er wird ausdrücklich verpflichtet einzuschreiten, wenn jemand eingeschüchtert, angefeindet oder sexuell belästigt wird. Verstößen muss er zum Beispiel mit Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen begegnen. Dass Beschäftigte durch Dritte benachteiligt werden, ist ebenfalls zu unterbinden.
Den benachteiligten Arbeitnehmern wird ausdrücklich eingeräumt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, wenn Diskriminierungen nicht abgestellt werden. Ansprüche auf Geldentschädigung an den Arbeitgeber sind verschuldensunabhängig. Diese Ansprüche muss der Diskriminierte innerhalb von sechs Monaten geltend machen. Ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung besteht aber nicht.
Außerdem können der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft bei Pflichtverstößen des Arbeitgebers arbeitsgerichtlich vorgehen. Antidiskriminierungs-Verbände erhalten ebenfalls Sonderrechte. Diese Klagerechte können für Unternehmen zu einer ernsthaften Belastung und zu einem Kostenfaktor werden. Das Bundesfamilienministerium richtet zudem eine Antidiskriminierungsstelle ein.
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