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Werkzeug zählt mit und gibt das Band frei

Schrauber haben Drehmoment und Zahl der Schrauben unter Kontrolle
Werkzeug zählt mit und gibt das Band frei

Während Atlas Copco Tools zur Motek erstmals Druckluftschrauber mit Digitaltechnik vorstellt, will Bosch mit Funk-Akkuschraubern die Dokumentation von Verschraubungen billiger machen.

Thomas Preuß ist Journalist in Stuttgart

Für die Anbieter industrietauglicher Schraubwerkzeuge hat sich die Sinsheimer Messe Motek als Präsentationsplattform Nummer eins etabliert. Die Essener Atlas Copco Tools Central Europe GmbH beispielsweise stellt in diesem Jahr einige Neuheiten vor (Halle 2, Stand 415): Der digital überwachbare Impulsschrauber Pulsor bietet laut Hersteller eine Prozesssicherheit, wie sie Druckluftwerkzeugen bislang verwehrt war. Er erlaubt
  • drehmomentgenaues Abschalten,
  • ein Überwachen der Bedienung inklusive Zykluskontrolle gegen vergessene Schrauben sowie
  • das Überwachen der Verbindung selbst.
Vier Hallsensoren speisen dazu einen Algorithmus mit den Pulsdaten des Triebwerks, beispielsweise seinem Drehwinkel pro Puls und den Beschleunigungs- und Verzögerungswerten. Auf diese Weise erkennt das Werkzeug fehlende Unterlegscheiben oder defekte Gewinde. Wie weit die Anziehparameter über- oder unterschritten werden, zeigt eine Leuchtdiode am Schrauber. Das Display der Steuerung gibt die Werte in Prozent an. Auf den Schraubfall – hart oder weich – stellt sich der Pulsor von selbst ein; der Monteur braucht nur das Sollmoment einzugeben. Zur Motek werden Modelle mit Drehmomenten von 16 bis 90 Nm zu sehen sein, bis Ende des Jahres soll die Baureihe auf bis zu 120 Nm ausgedehnt werden.
Bei den elektronisch steuerbaren Schraubern erweitern die Essener ihr Portfolio um den Kleinschrauber Tensor SL für Drehmomente von 0,3 bis 12 Nm. Damit lassen sich sicherheits- und funktionskritische Verbindungen dokumentierbar anziehen. Die Digitaltechnik bietet viele frei programmierbare Anziehmethoden, etwa für selbstsichernde und gewindefurchende Schrauben. Auch mehrstufiges Anziehen oder kontrolliertes Lösen sind möglich.
Während derartige Lösungen höchsten Ansprüchen beim Schrauben gerecht werden sollen, will die Leinfeldener Robert Bosch GmbH den Markt mit einer kostengünstigen Lösung aufmischen (Halle 6, Stand 315). Martin Doelfs, verantwortlich für den Produktbereich Industriewerkzeuge, kommentiert: „Wir haben festgestellt, dass in der Automobilindustrie der größte Anteil der Verschraubungen nicht sicherheitsrelevant ist. Dennoch wollen die Hersteller die Anzahl der montierten Schrauben zählen und das dokumentieren. Das ging bislang nur mit teuren gesteuerten Systemen.“ Als günstigere Alternative hat Bosch nun die Akkuschrauber vom Typ Exact weiterentwickelt und mit einer Bluetooth-Funkschnittstelle ausgestattet. Die Informationsübertragung via Bluetooth erleichtert die Qualitätssicherung. Über Funk werden Signale wie i.O. und n.i.O. – „in Ordnung“ oder „nicht in Ordnung“ –, die Anzahl der erledigten Verschraubungen sowie die Schraubzeiten an die Prozess-Steuerung geleitet.
Das System kann auch die Bandfreigabe unterstützen: „Wenn zum Beispiel CW-Verkleidungen unter dem Fahrzeugboden montiert werden sollen“, sagt Martin Doelfs, „und der Werker dazu zehn Schrauben anziehen muss, kann man das System so programmieren, dass nach genau zehn Schrauben ein grünes Licht leuchtet und die Hängebahn die Karosserie weitertransportiert.“ Diese Funktionalität – zählen und Band freigeben – war bislang mit Akkuschraubern nicht möglich.
Abgesehen von den Werkzeugen mit Bluetooth-Platine wird ein so genannter Access-Point benötigt, der die Signale empfängt und weiterleitet. An ihn können Ethernet- oder Can-Bus-Kabel angeschlossen werden, aber auch Barcode-Scanner zur Werkstückidentifikation oder ein Drucker.
Die Reichweite der Funkverbindung liegt bei etwa 10 m. Verlässt der Schrauber den Arbeitsbereich, kann er automatisch gesperrt werden. In der Regel soll damit verhindert werden, dass die Geräte an der falschen Stelle eingesetzt werden. „Ein Kunde nutzt unser System nach den Feldtests allerdings ausschließlich zum Diebstahlschutz“, wundert sich Doelfs. Das rechnet sich wohl nur, weil sieben Schrauber an einen Access-Point gehängt werden können.
Als typische Anwendungen nennt der Manager Verschraubung von Batterie-Pluspol, Airbaghalterungen oder Radlaufverkleidungen. Oder Gehäuse von Kopierern: „Wenn da 140 Schrauben anzuziehen sind, dürfte es nicht selten sein, dass der Werker einige vergisst. Mit den Bluetooth-Schraubern passiert ihm das nicht mehr!“
In der Erprobungsphase stieß Bosch übrigens wegen des Themas Funk bei einzelnen Kunden auf Zurückhaltung. Doelfs sichert aber zu, dass das System kein anderes stört, weil es mit einem „adaptiven Frequenz-Hopping“ arbeitet: Bluetooth-Systeme wechseln in einem definierten Bereich die Frequenz selbsttätig, um keine anderen Funksysteme zu beeinträchtigen.
Auch die Bedenken, eventuell könne ein Werker im Fahrzeuginneren nicht montieren, weil er sich in einem Faradayschen Käfig befinden könnte, wischt der Experte beiseite: „Das Gerät bekommt außerhalb den Befehl, im nächsten Fahrzeug sieben Schrauben zu setzen, und das in einer bestimmten Zeit. Dann kann der Monteur auch ohne Funkkontakt arbeiten, und das Werkzeug speichert die Verschraubungen. Sobald die Funkverbindung wieder steht, werden die Daten an das System übermittelt, ohne dass sich der Werker darum kümmern muss.“
Ein neues System stellt in Sinsheim auch die Maintaler Desoutter GmbH vor (Halle 1, Stand 403): Die Schrauber der Baureihe CVIP haben eine integrierte Steuerung und werden an 220-V-Steckdosen betrieben. Sie sollen die Vorteile von Druckluft- und Elektroschraubern vereinigen. Nach Eingabe des Drehmoments am Werkzeug werden in drei Probeverschraubungen die optimalen Parameter automatisch ermittelt. Die Prozesssicherheit soll über eine Wiederholgenauigkeit von 5 % nach Iso 5393 und eine optionale Drehwinkelkontrolle sichergestellt werden. Der eigens entwickelte Elektroantrieb arbeitet angeblich mit einer bis zu 60 % höheren Drehzahl als vergleichbare Druckluftschrauber.
140 Schrauben – und das Werkzeug hat den Überblick
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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