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Wie gut montiert wird, hängt von der Logistik ab

Blick von außen zeigt schnell, wo die Schwächen im Prozess liegen
Wie gut montiert wird, hängt von der Logistik ab

Binnen weniger Wochen deckt ein Quick Check die Schwächen im Montageprozess auf. Zentraler Ansatzpunkt, um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Logistik im Betrieb. Und Praktiker raten dazu, lieber ein Mal mehr die Möbel zu rücken.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Automatisierung, modulare Systeme, direkte Anlieferung von Teilen in die Kiste des Monteurs? An Ideen mangelt es nicht, wenn es um das Optimieren von Montageprozessen geht. Und wenn Eberhard Schmauch berichtet, wie sich bei der Lust Antriebstechik GmbH die Montage von Frequenzumrichtern und Servoreglern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hat, gibt es kein Jahr ohne größere Veränderungen.
„Wenn wir kundenspezifische Geräte in 1000 Varianten zu akzeptablen Preisen fertigen wollen, müssen wir bei der Montage immer am Ball bleiben“, sagt Schmauch, der bei den Lahnauern als Bereichsleiter Produktion tätig ist. Mit Gruppenarbeit fing es 1994 an. Heute sind Lieferant und Kunde zusammen mit dem Antriebshersteller in einer Lieferkette verbunden: Blechteile beispielsweise stellt der Zulieferer dem Monteur bei Lust in einer Kiste direkt an den Arbeitsplatz, defekte Teile bleiben einfach in der Kiste liegen – was jeweils einen kompletten Reklamationsvorgang für 80 Euro ersetzt. Für einen Kunden, der pro Woche etwa 80 Umrichter braucht, wurde sogar ein Transportsystem entwickelt, das ein Verpacken überflüssig macht.
„An der Logistik und der Gesamtorganisation der Prozesse muss man ansetzen, um die Montage effizienter zu machen“, betont denn auch Schmauch. „Ich kann Ihnen zwar nicht vorrechnen, wieviel wir über die zehn Jahre eingespart haben – dazu haben sich die Produkte viel zu stark verändert.“ Aber allein die Gruppenarbeit habe die Effizienz um 15 % gesteigert, und ein internes Kanban-System habe die Lieferzeiten für alle Varianten reduziert.
Solche Veränderungen herbeizuführen, ist allerdings kein Kinderspiel. „Wir haben ein Jahr gebraucht, um unseren Lieferanten von dem neuen Konzept zu überzeugen, und ein weiteres, um das Kreislaufsystem zum Laufen zu bringen.“ Dass sich solche Mühe lohnt, ist für den Lahnauer aber keine Frage. Daher wird Ende des Jahres die Hälfte der Montage-Abteilung umgestaltet, auch wenn der letzte komplette Umbau gerade mal eineinhalb Jahre zurückliegt.
Dass ein Unternehmen solche Veränderungen ganz allein bewältigt, kann Schmauch sich „kaum vorstellen“. Lust Antriebstechnik hat sich das Know-how aus Projekten mit dem Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Uni Erlangen-Nürnberg geholt und davon profitiert, dass die Experten „die Abläufe kanalisierten“. Die finanzielle Förderung sei „völlig zweitrangig“ gewesen. Besonders den Austausch mit anderen Unternehmen lobt Schmauch: Der habe ihm eine Menge gebracht,beispielsweise Ideen für die strukturierte Mitarbeiterqualifizierung. Und die nächsten Projekte hat er schon auf dem Schreibtisch: ein besseres Kennzeichnungssystem, eine Organisationsform, die den Mitarbeitern mehr Verantwortung überträgt, und Vorschläge für die Montage neuer Produkte. „Es hindert uns ja niemand daran, besser zu werden“, sagt Schmauch.
Schließlich schläft der Wettbewerb nicht, weder in der Antriebstechnik noch in anderen Branchen. Bei einem Textilmaschinenhersteller beispielsweise hatten die Bereichsleiter den „Eindruck“, dass die Fließmontage produktiver und flexibler sein müsste, um mit anderen Anbietern mitzuhalten. Auf der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten wandten sie sich an Montage-Experten der RWTH Aachen. Dort bieten Mitarbeiter des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) einen Quick Check für die Montage an.
„Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen sind die Chefs stark ins Alltagsgeschäft eingebunden und haben meist kleine Planungsstäbe“, sagt WZL-Mitarbeiter Roland König. Mit der Analyse eines so komplexen Prozesses wie der Montage seien solche Planer zumeist über einen längeren Zeitraum beschäftigt.
König und seine Mitstreiter hingegen greifen auf jahrelange Erfahrung mit Montageprojekten zurück, deren Daten sie ausgewertet und für ein Benchmarking strukturiert haben. „So stellen wir die richtigen Fragen und brauchen nur ein bis zwei Wochen, um die wichtigsten Kennzahlen aufzunehmen“, erläutert König. Die Geschwindigkeit sei vor allem darauf zurückzuführen, dass nicht alle Abläufe und Strukturen im Detail beleuchtet würden, sondern dass sich die Aachener auf Schlüsselindikatoren beschränken.
Als Beispiel nennt er – wie Eberhard Schmauch – die Logistik im Betrieb. Was passiert mit angelieferten Teilen, wie werden sie gelagert und komissioniert? Wer diese Prozesse nicht ausreichend abstimmt, verschenkt Potenzial, sagen die Aachener. Daher interviewen sie die Mitarbeiter und analysieren die im Betrieb vorliegenden Daten. Das ermöglicht den Experten schließlich Aussagen
  • zur allgemeinen Kostenstruktur im Betrieb sowie
  • zum Aufwand, der für Montage und Logistik bislang betrieben wurde, und den daraus entstehenden Kosten.
Bisher haben laut König vor allem „größere und experimentierfreudige Unternehmen“ den Quick Check genutzt. Aber auch für kleine Betriebe sei das interessant, da man „mit relativ wenig Aufwand zu guten Hinweisen“ kommt. Beim Umsetzen dieser Tipps beraten die Aachener das Unternehmen auf Wunsch auch weiter. Oftmals führten auch kleine Veränderungen wie verlagerte Schnittstellen oder geeignetere Hilfsmittel zu mehr Effizienz.
Dass mitunter jeder Handgriff zählt, hat auch Eberhard Schmauch im Montagebereich bei Lust festgestellt: „Beim Produktwechsel können wir es uns nicht leisten, am alten Montagearbeitsplatz einfach ein paar Handgriffe mehr unterzubringen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, rücken wir lieber ein Mal mehr die Möbel.“

Wann sich der Quick Check lohnt
Manchmal sagt dem Chef das Bauchgefühl, dass mit der Montage nicht alles zum Besten steht. Abgesehen davon gibt es eindeutige Anzeichen dafür, dass sich ein Quick-Check-Verfahren lohnen würde:
  • Ansteigen der Montagezeiten, die in der betriebseigenen Erfassung zurückgemeldet werden
  • Gleichbleibender oder steigender Bedarf an Mitarbeitern trotz sinkender Stückzahlen
  • Deckungsbeiträge der Produkte bleiben unter den Erwartungen
Weitere Informationen zum Quick Check geben WZL-Mitarbeiter.
Kontakt:
Roland König, WZL, Tel. (0241) 80-28198
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
Ausgabe
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