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Wie viel Flexibilität ist erlaubt?

Schichtarbeit
Wie viel Flexibilität ist erlaubt?

Tagschicht, Nachtschicht, Wechselschicht – von sechs Millionen Arbeitnehmern in Deutschland verlangt der Dienst- oder Schichtplan besonders viel Flexibilität. Doch wo liegen die Grenzen? Darf der Arbeitgeber den Dienstplan kurzfristig ändern, spontan Überstunden anordnen oder einen Arbeitnehmer trotz Schicht nach Hause schicken?

Gerade Arbeitnehmer, die im Schichtdienst beschäftigt sind, müssen ihre freie Zeit oft weit vorausplanen, damit das Privatleben nicht zu kurz kommt. Umso ärgerlicher, wenn dann der Chef den Dienstplan kurzfristig umschmeißt: Statt dem heutigen Spätdienst morgen Frühdienst – das kann den Zeitplan gehörig durcheinanderbringen und bedeutet gerade für Familien mit Kindern oder Alleinerziehende oft einen organisatorischen Kraftakt! Doch ist der Dienstplan wirklich in Stein gemeißelt oder kann der Arbeitgeber kurzfristig Änderungen vornehmen? Generell gilt: „Einen einmal aufgestellten Dienstplan darf der Chef nicht ohne konkrete Notlage umwerfen“, so Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung, „denn der Arbeitgeber muss auf das Privatleben der Angestellten Rücksicht nehmen. Dies bedeutet: Ohne eine angemessene Ankündigungsfrist müssen diese keine Umstellungen hinnehmen.“ Laut eines Urteils des Arbeitsgerichts Berlin sind dies in der Regel vier Tage.

Ein privater Termin kann nicht verschoben werden, die Handwerker stehen zu Hause vor der Tür oder das Kind liegt krank im Bett: An manchen Tagen sind spontan angeordnete Überstunden einfach nicht möglich. Sind Arbeitnehmer dennoch zur Mehrarbeit verpflichtet? „Tatsächlich müssen auch Überstunden vom Chef mit einer angemessenen Frist angekündigt werden. Zwei Stunden vor Beginn der Überstunden reichen nicht aus. Sonst kann der Arbeitnehmer seine privaten Verpflichtungen nicht wahrnehmen“, sagt Kronzucker. Die Gerichte orientieren sich hier wie bei Änderungen von Schichtplänen meist an der gesetzlichen Vorwarnfrist für Teilzeitarbeiter, mit denen „Arbeit auf Abruf“ vereinbart ist: Nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz beträgt diese vier Tage. Diese Vorwarnfrist gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag eine generelle Verpflichtung zu Überstunden geregelt ist. Ausnahme sind allerdings echte Notfälle.
Auch ein plötzliches Nach-Hause-Schicken ist nicht erlaubt: Wer zu seinem Schichtdienst antritt, kann nicht ohne Begründung auf eine andere Arbeitszeit vertröstet werden, weil er kurzfristig nicht beschäftigt werden kann. Ausnahme: Es liegt eine betriebliche Notwendigkeit vor. Arbeitet ein Angestellter zum Beispiel an einer Maschine, die kaputt gegangen ist, und kann im Betrieb sonst nicht eingesetzt werden, darf der Chef ihn zwar heimschicken. In der Regel wird er ihm jedoch seine Vergütung weiter zahlen müssen, da der Arbeitgeber das Risiko für derartige Betriebsstörungen trägt. Ausnahmen gibt es wiederum bei einer Existenzgefährdung des Betriebes.
Häufig legen sich Arbeitnehmer auf eine bestimmte Schicht fest – gerade in Familien wechseln sich die Eltern manchmal auf diese Weise bei der Betreuung der Kinder ab. Doch Vorsicht: Ein Gewohnheitsrecht auf bestimmte Arbeitszeiten gibt es nicht! Ein Arbeitnehmer kann sich nicht darauf verlassen, dass er immer in einer speziellen Schicht eingeteilt ist, auch wenn dies bisher der Fall war. Die D.A.S.-Juristin weist jedoch auf eine Ausnahme hin: „Wird in einer Stellenanzeige ausdrücklich eine Tätigkeit in Nachtschicht ausgeschrieben und jahrelang vom Arbeitnehmer so fortgeführt, darf der Arbeitgeber diese nicht ohne vorherige Absprache mit dem Arbeitnehmer ändern!“
Quelle: D.A.S. Rechtsschutz
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