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„Wir benötigen unbedingt RP-Teile, die Serieneigenschaften haben“

Dr. Rudolf Meyer von der Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping
„Wir benötigen unbedingt RP-Teile, die Serieneigenschaften haben“

„Wir benötigen unbedingt RP-Teile, die Serieneigenschaften haben“
Dr. Rudolf Meyer, Koordinator der Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping: „Es reicht nicht mehr aus, das Modell nach zwei Tagen in der Hand zu haben. Rapid Prototyping muss in den Fertigungsprozess integriert werden.“
Seit Oktober letzten Jahres ist Dr. Rudolf Meyer Koordinator der Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping. Im Interview spricht er über den Entwicklungsbedarf von RP-Teilen mit seriennahen Eigenschaften und seine Ziele mit der Allianz.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Norbert Berger

?Herr Dr. Meyer, Sie sind Koordinator der Fraunhofer-Allianz Rapid Prototyping. Welche Aufgabe hat der Verbund?
!Derzeit arbeiten in der Allianz etwa 100 Mitarbeiter von zwölf Fraunhofer-Instituten an Aufgaben unterschiedlicher Art rund um Rapid Prototyping (RP) und Rapid Tooling (RT). Je nach Institutskompetenz reichen die Leistungsangebote von der Produktgestaltung und -modellierung sowie virtuellen Planung bis zur Material- und Verfahrensentwicklung für RP und RT. Die Aufgabe der Allianz ist es, die vorhandenen Kompetenzen zu bündeln, um dadurch komplexe Entwicklungen überhaupt und besser durchführen zu können. Letztlich wollen wir dadurch längerfristig die Forschungswirksamkeit der Fraunhofer-Gesellschaft auf dem Gebiet der RP-Technologien erhöhen. Schließlich sind wir kein RP-Dienstleister, sondern sehen unsere vorrangige Aufgabe darin, Methoden und Lösungen für die rasche und effiziente Umsetzung von Produktinnovationen zu schaffen.
?Ihr Vorgänger im Amt war Ulrich Clemens. Wie wollen Sie seine Arbeit fortsetzen?
!Ulrich Clemens war mehr als fünf Jahre dabei, hat viel geleistet und Fraunhofer gute Impulse verliehen. Mein Ziel wird es sein, dass sich die Allianz mehr strategischen Entwicklungen widmet. Wir müssen Anstöße für neue Werkstoffe und Anlagen geben und haben dabei nicht nur die Verbesserung bekannter RP-Modelleigenschaften, sondern vor allem die Erschließung neuer Anwendungsfelder im Auge. Im Bereich RP-Tooling sind wir zur Zeit weit voraus und sollten dies ausnützen können. Es werden dringend Anwendungsverfahren benötigt, die momentan noch nicht verfügbar sind.
?Dazu zählen bestimmt auch die serienidentischen Prototypen. Wie nahe ist man an der Lösung dieses Problems?
!Es ist richtig, wir brauchen Teile mit finalen Eigenschaften, die anspruchsvoller sind, als die heute normal verfügbaren. Der beste Kenner der Szene, Terry Wohlers, schreibt, dass 75% aller Anlagen noch reine Anschauungs- und Designmodelle produzieren. Dieser Wert muss und wird deutlich sinken, wenn sich RP anspruchsvolleren Verfahren zuwendet. Im Moment sind Teile mit höherwertigen serienidentischen, stofflichen und geometrischen Eigenschaften nur schwer zu fertigen, im Regelfall nur über RP-Prozesskombinationen auf indirektem Weg.
?Worin liegt der Grund dafür? Einige Anbieter sind der Meinung, dass sie schon sehr nah an Serienteilen sind.
!Das ist sicher eine Frage der Interpretation. Wenn wir grob eine Anspruchsgrenze für praktikable, serienwürdige Eigenschaften definieren, werden Maßhaltigkeiten nahe 1/100 mm und Oberflächengüten besser als 10 µm gefordert. RP-Verfahren bieten aber heute kaum bessere Rauheiten als 30 bis 40 µm, und die Maßgenauigkeit kommt selten an 1/10 mm. Das sind jedoch Zielansprüche, die mit herkömmlichen Verfahren problemlos unterboten werden können. Ähnlich sieht es mit den Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Profilen bei stofflichen Ansprüchen, vor allem Festigkeitsmerkmalen, aus.
?Welche Konsequenzen ergeben sich für den Anwender?
!Er soll sich immer die Frage stellen, wie genau ein Teil ausgeführt sein muss. Ein weiterer Aspekt ist, ab welcher Stückzahl von einer Serie gesprochen werden kann. Im Automobilbereich spricht man jenseits der 200 000 von einer Serie, bei modischen Produkten wie Handys reichen schon 30 bis 40 Teile. Und da liegt der Vorteil von RP: in der individuellen Fertigung. Bei komplexen Modellen sind schon einmal der Einsatz einer 5-Achsen-Maschine oder aufwendige Nacharbeit nötig, während dies bei RP entfällt.
?Wie stellen Sie sich die Erzeugung von Teilen mit serienwürdigen Eigenschaften vor?
!Die Daten gelangen aus dem CAD-System in die Anlage. Per Knopfdruck wird ohne zusätzliche Arbeitsschritte das Teil oder das Werkzeug generiert.
?Wo liegen die aktuellen Trends im Bereich Rapid Prototyping?
!Diese gehen ganz klar in Richtung einer Ausweitung der Anwendungsgebiete. Eine wesentliche Voraussetzung ist die bereits angesprochene Verbesserung der RP-Teileeigenschaften, die zu herkömmlichen Verfahrens- und Prozess-Substitutionen führen können. Früher war der Einsatz von RP nur in finanzstarken oder High-Tech-Bereichen möglich. Heute ist er wesentlich weitgefächerter. Nicht zu unterschätzen ist auch der regionale Aspekt. Trotz neuer Medien wie Internet bleibt der Servicegedanke bei den Anwendern ein entscheidender Faktor, oft so wichtig wie das Produkt selbst. Weiterhin besteht die Gefahr der Verdrängung von RP durch andere Technologieentwicklungen wie Virtual Reality.
?Apropos virtuelle Produktplanung: Wird sie das stoffliche Rapid Prototypng überflüssig machen?
!Ich meine, dass diese Fragestellung mitunter zu polemisch diskutiert wird. Vielmehr spricht Vieles dafür, dass es zu einer anderen Funktionsteilung innerhalb der Pozesse der Produktentwicklung kommt. In dem Maße, in dem virtuelle Planungsverfahren eine befriedigende Realitätsnähe bei der Ausprägung und Bewertung nicht nur geometrischer sondern auch stofflicher Features abbilden können, wird das heutige RP zurückgehen. Wenn man mit RP-Verfahren vorteilhaft Teile mit Final- oder Werkzeugeigenschaften erzeugen kann, wird man auch künftig nicht auf sie verzichten können.
?Vom 29. bis zum 31. Mai findet in Berlin die zweite u-Rapid-Konferenz statt. Was erwartet die Besucher?
!Kurz gesagt: Praktiker, Systemanbieter, Dienstleister und Entwickler skizzieren den aktuellen Stand und den Fortschritt des Einsatzes der Technologien. Die Veranstaltung ist international ausgerichtet. Die Konferenzsprache wird Englisch sein, mit Simultanübersetzung in Deutsch. Begleitet wird die Veranstaltung von etwa 30 Ausstellern. Diese zeigen ihre neuen RP-Technologieentwicklungen und -anwendungen. Wir werden ein attraktives Abendprogramm anbieten mit einer Spreedampferfahrt und einem Gala-Diner in der Nähe des Brandenburger Tores. Bis Mitte Mai nehmen wir noch Anmeldungen entgegen. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.urapid2000.iff.fhg.de.
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