Ein PKD-Werkzeug für die Gussbearbeitung hat der Reibahlenspezialist Mapal aus Aalen entwickelt. Dr. Dieter Kress, Geschäftsführender Gesellschafter, erläutert Möglichkeiten und Nutzen des Tools.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Haider Willrett – haider.willrett@konradin.de
Herr Dr. Kress, vor kurzem haben Sie ein PKD-Werkzeug für die Guss-Bearbeitung als „heißeste Messeneuheit“ vorgestellt. Was ist das Besondere an diesem Tool?
Es ist damit erstmals möglich, Gusswerkstoffe mit einem Diamantwerkzeug wirtschaftlich zu bearbeiten. Entscheidend ist, an der Schneide unterhalb der kritischen Temperatur von 700 Grad Celsius zu bleiben. Wenn das gelingt, bleibt der Schneidstoff stabil und spielt all seine Vorteile aus. Wir erreichen mit diesem Werkzeug sehr hohe Oberflächengüten und Standzeiten. Nachbearbeitungen wie Honen oder Rollieren werden dadurch oft überflüssig.
Welche Bearbeitungsqualitäten und Standzeiten sind mit diesem Werkzeug zu erreichen?
Oberflächengüten mit Ra-Werten von 0,3 Mikrometer sind kein Problem. Bisher galt eine Rauheit um 0,8 Mikrometer bei spanend bearbeiteten Gussteilen als sehr gut. Und was die Standzeit angeht: In Versuchen hat sich gezeigt, dass der Durchmesser des Werkzeugs nach der Bearbeitung von 1000 Radbremszylindern lediglich um einen Mikrometer abnimmt.
Bei welchen Anwendungen kommen die Vorteile des Verfahren besonders zur Geltung?
Überall dort, wo Gleitreibung auftritt. Das Werkzeug eignet sich besonders für die Bearbeitung von Bohrungen, in denen Kolben laufen. Es entsteht nicht nur eine sehr glatte Oberfläche, sondern auch eine ganz spezielle Mikrostruktur. Bei vielen Anwendungen lässt sich so eine Verbesserung des Bauteils realisieren, die schlussendlich zu einer Leistungssteigerung einer ganzen Baugruppe führt. Beispielsweise können Hydraulikzylinder mit höheren Drücken gefahren werden.
Wie unterscheidet sich diese Mikrostruktur von den Oberflächen, die durch andere Verfahren entstehen?
Der positive Spanwinkel und die sehr scharfe Schneidkante bewirken einen sehr sauberen Schnitt. Das führt zu absolut ebenen Plateaus mit einem hohen Traganteil. Durch den im Guss eingelagerten Graphit entstehen mikroskopisch kleine Schmierstoff-Depots. Je nach Zusammensetzung des Gusses kann der Anwender die Schmierung und die Werkstückeigenschaften gezielt beeinflussen. Mit anderen Verfahren, etwa dem Rollieren, ist das nicht in dem Maß möglich, weil die Spitzen in der Oberfläche nicht geschnitten, sondern umgebogen werden. Tritt Gleitreibung auf, brechen sie ab, und die Oberflächengüte verschlechtert sich.
Wodurch wurde es möglich, Guss mit PKD wirtschaftlich zu zerspanen?
Das Geheimnis liegt in der Mikrozerspanung und in der Zufuhr des Kühlmittels. Den Kühlmittelfluss haben wir so gestaltet, dass die Emulsion fast direkt an der Schneide austritt und genau dort wirkt, wo sie gebraucht wird. Außerdem hat das Werkzeug zwei Schneiden, die unterschiedlich eingestellt sind. Eine Schneide übernimmt die Grobzerspanung mit einem ganz normalen Aufmaß von 0,2 bis 0,3 Millimetern. Die eigentliche Fertigbearbeitungsschneide zerspant nur noch wenige Hundertstel. Wichtig ist: Beides geschieht in einem Arbeitsschritt. Dadurch verkürzen sich Umrüst- und Durchlaufzeiten zum Teil erheblich, und der ganze Prozess läuft wirtschaftlicher ab.
Können Sie die Zeit- und Produktivitätsgewinne beziffern?
Das hängt von der Anwendung ab. Eine allgemeingültige Aussage ist nicht möglich.
Ersetzt Ihre Technik andere Verfahren?
Nicht generell. Sicher kann sie beispielsweise das Honen oder das Rollieren in vielen Fällen ersetzen. Aber auch diese Techniken haben weiter ihre Berechtigung. Welches Verfahren das für ihn wirtschaftlichste ist, muss der Kunde je nach Anwendung selbst entscheiden. Natürlich stehen wir ihm mit Rat und Tat zur Seite.
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