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„Wir schaffen den Spagat zwischen robust und genau“

Zeiss-Manager Dr. Rainer Ohnheiser setzt auf die fertigungsnahe Messtechnik
„Wir schaffen den Spagat zwischen robust und genau“

Für Dr. Rainer Ohnheiser, Vorsitzender der Geschäftsführung Carl Zeiss Industrielle Messtechnik (IMT) GmbH in Oberkochen, rückt die Messtechnik näher an den Produktionsprozess heran. Gefragt sind robuste Messmaschinen, hohe Verfügbarkeit und kurze Messprozesse.

Herr Dr. Ohnheiser, bereitet Ihnen die Wirtschaftskrise Kopfzerbrechen?

Unsere Hauptabnehmermärkte sind die Automobilindustrie und deren Zulieferer. Diese sind eng verflochten mit der Automobilkonjunktur. Das sind externe Faktoren, die wir praktisch nicht beeinflussen können. Unsere Aufgabe ist es, die damit verbundenen Auswirkungen und Änderungen in unserem Geschäft bestmöglich zu bewältigen. Da sich die Carl Zeiss IMT in den letzten Jahren flexibel und breit aufgestellt hat, glauben wir, dass wir dafür präpariert sind.
Das neue Jahr ist noch jung. Welche Ziele haben Sie sich für 2009 gesteckt?
Wir werden unsere bisher erfolgreiche Strategie fortsetzen. Ein Kernelement ist dabei, uns mit technisch und preislich attraktiven Produkten einen größeren Anteil in der Mittelklasse zu sichern. Mit neuen Produkten, wie zum Beispiel dem Computertomographen Metrotom gehen wir in ganz neue Applikationsgebiete hinein. Darüber hinaus haben wir unsere Anstrengungen in den so genannten Emerging Markets intensiviert. Diese Ziele werden wir auch 2009 beibehalten und umsetzen.
Wie ist die wirtschaftliche Situation bei der Carl Zeiss IMT?
Die industrielle Messtechnik hat sich bei uns im letzten Jahr gut entwickelt. Das gilt für den Umsatz und insbesondere für die Stückzahlen. Wir konnten Marktanteile gewinnen und neue Kunden erreichen.
Wie positioniert sich die Carl Zeiss IMT im Markt der industriellen Messtechnik?
Wir sehen uns als Technologieführer in der Metrologie, insbesondere was Systemleistung, Performance, Sensorik und applikationsorientierte Software angeht. Darüber hinaus bieten wir als Lösungsanbieter ein breites Portfolio an. Hierzu zählen Dienstleistungen im klassischen, technischen Service, aber auch der Service in den Applikationen.
In welchen Regionen hat die Carl Zeiss IMT am meisten zugelegt? War das mehr in Asien oder mehr in Europa?
Insgesamt sind die Potentiale für Wachstum eindeutig am besten in Asien. Demgemäß hat sich Asien auch positiv entwickelt. Wir haben aber auch in allen anderen Regionen zugelegt.
Sie produzieren seit rund vier Jahren in China. Was war der Grund für einen weiteren Produktionsstandort in China?
Als globaler Anbieter ist es notwendig, in der Nähe der Hauptmärkte und Kundenzentren zu sein. Deshalb produzieren wir in Shanghai und sind damit im direkten Umfeld des dortigen Zentrums für die Automobil- und Zulieferindustrie. Wir können unsere Kunden schneller bedienen und marktbezogene Adaptionen oder Customizing durchführen. Natürlich erschließt man sich dadurch auch logistische Vorteile und hat geringere Transportkosten und Zölle.
Welche Produkte werden in China gefertigt? Lohnt sich das?
Wir fertigen das Koordinatenmessgerät Contura in China und konnten uns dadurch vor allem den lokalen Mittelklassemarkt erschließen. Eben nicht nur durch technische Leistung, sondern auch durch eine Preisgestaltung, die für chinesische Kunden attraktiv ist. Aber auch für uns.
Wie hat sich der Produktionsstandort in China entwickelt?
Wir haben unsere Kapazitäten dem Wachstum in China angepasst. Dieses Wachstum ist natürlich auch für uns gut. Wir können mit Stolz sagen, dass die in China gefertigten Produkte exakt nach den gleichen Qualitätskriterien produziert und abgenommen werden, wie das in unseren anderen Werken der Fall ist.
Wie beurteilen Sie die Marktentwicklung in China?
Die Automobilindustrie gibt uns den Benchmark. Die Entwicklung in diesem Bereich setzen wir als Untergrenze auch für uns an. Zudem erwarten wir, dass neben dem Bedarf für den lokalen Markt auch der Export chinesischer Produkte zunehmen wird. Diese müssen sich mit der Qualität am Weltmarkt messen.
Welche Erfahrungen haben Sie im chinesischen Markt gemacht? Wie kommen Sie mit den chinesischen Geschäftspartnern klar? Was ist in China besonders zu beachten?
Chinesische Kunden sind einerseits sehr anspruchsvoll, was Technologie, Leistung und insbesondere Software anbelangt. Andererseits sehen wir auch, dass viele Kunden im Bereich der Metrologie oder Koordinatenmesstechnik noch unerfahren sind und sich gerade ihr erstes Gerät kaufen. Das bedeutet, dass sie nicht mit Erfahrung oder technischen Argumenten zu überzeugen sind, sondern primär nach Preis kaufen. Die Marke Zeiss ist jedoch in China breit bekannt und wird als qualitativ hochwertig und langlebig eingestuft. Dies wird auch von chinesischen Geschäftspartnern geschätzt.
Was ist derzeit der Trend in der Fertigungsmesstechnik?
Die Fertigungsmesstechnik muss die Forderungen nach Flexibilität und Produktivität nachhaltig erfüllen. Dazu rückt sie an den Produktionsprozess näher heran. Konkret bedeutet das: Der Kunde fordert robuste Messmaschinen, hohe Verfügbarkeit und kurze Messprozesse.
Warum will jeder in der Fertigung messen? Ist der klassische Messraum zu teuer?
Flexibilität und eine schnelle Rückmeldung der Ergebnisse in die Fertigung sind entscheidend. Der klassische Messraum ist zu weit weg und damit zu langsam. Dies sind aus unserer Sicht die wichtigsten Treiber für das fertigungsnahe Messen.
Sind Messräume ein Auslaufmodell?
Der moderne Messraum bietet üblicherweise ein breites Spektrum an Gerätschaften und damit vielfältige Messmöglichkeiten. Zudem ist das Messlabor für absolute Referenzessungen auch in Zukunft erforderlich und somit nicht wegzudenken. Viele Firmen erstellen in den Messräumen ihre Messtechnik-Programme, die später auf den produktionsnahen Messmaschinen laufen.
Auf was kommt es an beim Messen in der Fertigung?
Die Schlagworte sind Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Robustheit und Genauigkeit. Die Verfügbarkeit beispielsweise muss heute bei 98 Prozent liegen. Der Messmaschinen-Hersteller muss die gleichen Verfügbarkeitsgarantien abliefern wie die Hersteller der Produktionsmaschinen. Im Labor kann eine Messmaschine mal still stehen, wenn ein Teil ausgetauscht werden muss. In der Fertigung geht das nicht.
Schließen sich Robustheit und Genauigkeit nicht gegenseitig aus? Stimmt die Aussage: Je robuster ein Messgerät, desto ungenauer die Messreihe?
Das war früher so. Heute machen Design und Konstruktion der Messmaschine den Spagat zwischen Robustheit und Genauigkeit möglich. Mit unserem Modell Centermax können wir in der Produktion bei Temperaturen zwischen 22 und 30 Grad so genau messen wie mit einer herkömmlichen Maschine im Messraum, wo die Temperatur praktisch bei 21 Grad liegt und höchstens um ein Grad nach oben oder unten abweicht.
Das eben erwähnte Modell Centermax ist Mitglied ihrer so genannten Maxline. Was ist das besondere an dieser Produktlinie?
Die Maxline ist voll auf die Fertigung eingestellt und besitzt ein durchgängiges Konzept vom Aufbaugestell bis zum Tastkopf. Hier haben wir ein klares Alleinstellungsmerkmal. Dass die Technik funktioniert, haben wir in vielen Fällen in der Praxis und bei Kundenbenchmarks bewiesen.
Welchen Trend sehen Sie bei den Koordinatenmessmaschinen?
Zunächst einmal die angesprochenen Trends Fertigungsnähe und Robustheit. Außerdem sehen wir den zunehmenden Bedarf an Multisensorik, wobei auch in Zukunft der universellste Sensor der taktile Sensor sein wird. Darüber hinaus wächst der Bedarf an größeren bis großen Maschinen, vor allem durch die hohen Investitionen in die Energietechnik wie beispielsweise Windkraftanlagen. Bei der Software geht der Trend zu applikationsorientierten Programmen, die auf spezielle Werkstückfamilien zugeschnitten sind. Beispielhaft zu nennen sind hier Softwarepakete für Turbinenschaufeln oder Zahnräder.

Kosteneffizienz
Messen kostet Zeit und Zeit ist Geld. So ist es nur logisch, dass die Messtechnik näher an den Produktionsprozess heranrückt. Der klassische Messraum ist zu weit weg und damit zu langsam. Robuste und zugleich genaue Messtechnik ist gefragt. Inzwischen müssen die Hersteller von Messmaschinen die gleichen Verfügbarkeitsgarantien abliefern wie die Hersteller der Produktionsmaschinen.
Industrieanzeiger
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