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Zahlenwerke nach HGB werden ein Auslaufmodell

Rechnungslegung: Standards nach IAS sind auf dem Vormarsch
Zahlenwerke nach HGB werden ein Auslaufmodell

Für viele Mittelständler wird es ratsam, sich mit den Bilanzrichtlinien nach IAS zu befassen. Sie sollen ab 2005 für börsennotierte Firmen Pflicht werden. Aber Kapitalgeber und Kunden könnten schon bald darauf drängen, dass auch kleinere Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage nach den international akzeptierten IAS-Regeln darstellen.

Von unserem Redaktionsmitglied Tilman Vögele-Ebering tilman.voegele@konradin.de

Die International Acounting Standards (IAS) sind auf dem Vormarsch. Es werden nicht nur Großunternehmen betroffen sein. „Die IAS-Verordnung wirft auch für den Mittelstand lange Schatten voraus“, ist sich beispielsweise Dr. Andreas Möhlenkamp, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) in Ratingen, sicher. Sein Ratschlag: „Mittelbar und zeitlich versetzt müssen sich auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit den neuen Standards vertraut machen.“
Der Druck werde dabei wohl nicht zuerst vom Gesetzgeber kommen, sondern vom Markt, meint Möhlenkamp, von den Anforderungen der Kunden, Investoren und Fremdkapitalgeber. Das gilt zumal im internationalen Geschäft: Wer dort aktiv ist, sollte sich ein Zahlenwerk zulegen, das von ausländischen Geschäftspartnern verstanden und akzeptiert wird.
Die Rechnungslegungsnormen nach IAS haben sich in den vergangenen Jahren in Europa zum führenden Standard entwickelt. Die US-amerikanischen Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) konnten sich in Europa kaum durchsetzen. Die deutsche HGB-Bilanz mit ihren Tugenden wie Gläubigerschutz und Vorsichtsprinzip gilt im internationalen Vergleich schon längst als ein kurioser, deutscher Sonderweg.
Seit vergangenem Jahr ist die so genannte IAS-Verordnung der Europäischen Union in Kraft. Alle kapitalmarktorientierten Unternehmen müssen demnach von 2005 an nach IAS bilanzieren. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union können zusätzlich wählen, ob sie anderen Unternehmen die Regeln ebenfalls vorschreiben oder ermöglichen wollen. Hinter verschlossenen Türen diskutieren Politik und Wirtschaft, inwieweit die Bilanzierungsvorschriften nach IAS vielleicht für alle Pflicht werden könnten. Empfehlenswert sei es, zumindest für alle nicht börsennotierten Konzerne IAS zuzulassen, so eine vorherrschende Meinung.
Bei größeren Mittelständlern ist die Botschaft angekommen. So planen laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Ernst & Young bereits 63 % der befragten Firmenchefs, die von der IAS-Verordnung noch gar nicht tangiert werden, in den nächsten Jahren neben der Bilanz nach Handelsgesetzbuch auch eine IAS-Bilanz aufzustellen.
Einer der wesentlichen Vorteile des IAS-Abschlusses wird in der Transparenz gesehen. In der deutschen HGB-Bilanz wird eine faire Unternehmensbewertung dem Vorsichtsprinzip, dem Gläubigerschutz und dem Schutz der Unternehmenssubstanz untergeordnet. Die IAS-Vorschriften versuchen hingegen, die finanzielle Lage, die Ertragskraft und die Substanz des Unternehmens möglichst objektiv darzustellen. IAS und US-GAAP sollen also eine Grundlage für wirtschaftliche Entscheidungen liefern – ein Anspruch, den die Bilanz nach HGB nicht erhebt.
Der deutsche Kaufmann lässt traditionell so manchen Vermögensgegenstand in der HGB-Bilanz als Stille Reserve verschwinden. Vorräte setzt er gewissenhaft zum Niederstwertprinzip an. Über allem schwebt dabei das Vorsichtsprinzip, das bei der Bewertung nach unten kaum Grenzen setzt. Die Obergrenze bilden die Anschaffungskosten. Nach IAS hingegen kann der Unternehmenschef für viele Vermögenswerte sogar Marktwerte ansetzen.
Wer auf IAS umstellt, wird fast immer eine höhere Eigenkapitalquote ausweisen können. Denn durch die nötige Auflösung der Stillen Reserven zaubern die Wirtschaftsprüfer manchen gut gehüteten Schatz hervor. Positiver Aspekt: Mehr Eigenmittel haben meist positive Auswirkungen auf das Bankenrating.
Doch WSM-Chef Möhlenkamp warnt gerade in diesem Zusammenhang vor übertriebenen Erwartungen. „Die Bilanz ist nur ein Faktor, der ins Rating einfließt“, erinnert er. Die weichen Faktoren, Qualifikation des Managements, die Unternehmensnachfolge oder die Ertragsaussichten der Branche, würden nicht tangiert: „Die Lage selbst verändert sich durch die Darstellung der Bilanz nicht.“
Außerdem darf der Aufwand der Umstellung nicht unterschätzt werden. Auf die Unternehmen werde in jedem Fall ein „hohes Maß an Bürokratie zukommen“, ist sich der Verbandslenker sicher. Ein weiterer Wermutstropfen ist, dass deutsche Firmen nach wie vor eine zusätzliche Steuerbilanz nach HGB erstellen müssen. Möhlenkamp rät Mittelständlern deshalb, vor einer Umstellung den oder die Berater besonders sorgfältig auszuwählen. So sei „die Qualität der Beratung noch sehr unterschiedlich“, obwohl es im Markt zahlreiche Angebote gibt.
Ob sich eine Umstellung schließlich lohnt, kann dann nur der Unternehmer selbst herausfinden. Er solle sich dabei nicht nur auf Ratschläge aus der Beratungsbranche verlassen, die – analog zur Jahr-2000-Umstellung – ein großes Geschäft wittert. Ganz wichtig sei die Diskussion mit Kunden, Lieferanten und Kapitalgebern. Möhlenkamp: „Der Unternehmer bekommt dann ein Gespür, ob das Unternehmensumfeld selbst auf IAS umschwenkt oder vielleicht sogar vom eigenen Unternehmen die Umstellung auf IAS erwartet.“
Faire Bewertung des Unternehmens steht im Mittelpunkt

Stichwort IAS
Die International Accounting Standards sind Normen der Bilanzierungsmethode des International Accounting Standards Committee (IASC), einer privatrechtlichen Organisation mit derzeit 116 Mitgliedern aus 86 Ländern. Ziel ist eine internationale Harmonisierung der Bilanzierung, damit Investoren oder Interessenten Unternehmen auf internationaler Ebene besser vergleichen können. Derzeit gelten 32 Standards. IAS ist in Europa weit verbreitet.
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