Sind wir nicht alle ein bisschen Thomas Mann? Der Dichterfürst („Die Buddenbrooks“) klagte, dass ihm das Schreiben schwerfalle, er dies zeitweise sogar als quälend empfinde. Dabei hatte er keinerlei Ablenkung durch das Internet zu befürchten. Bestseller-Autor Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) weiß von Berufskollegen, die das Programm „Freedom“ benutzen und zehn Euro dafür bezahlt haben, um sich Zeit fürs Schreiben zu erkaufen und nicht von Internet, Facebook & Co. abgelenkt zu werden. In der Software stellt man ein, für wie lange man geblockt sein und konzentriert arbeiten will. Doch sich Zeit fürs Schreiben zu erkaufen, trägt das nicht den Keim des Untergangs in sich? Michael Ende („Momo“), ein Autor der Vor-Web-Generation, verpackte in seinem Buch die Zeitdiebe in Gestalt Grauer Herren. Vielleicht wird ja umgekehrt ein Schuh draus: Verwandeln wir die Oberflächen unserer Computer, iPads und Smartphones in triste Monochrom-Wüsten. Die Monotonie birgt die Chance, sich aus der Klammer der digitalen Zeiträuber zu befreien. Mitunter reicht es aber auch, nur das W-LAN-Kabel ziehen. dk
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