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Zulieferer nicht nur an den Finanzen messen

Chance für Mittelständler: Experten zeigen, was Technik wert ist
Zulieferer nicht nur an den Finanzen messen

Zulieferer nicht nur  an den Finanzen messen
Mikroskop, Laser oder Handhabung: Mit innovativer Technik haben die Mitarbeiter in den Laboren der Fraunhofer-Gesellschaft und in den Entwicklungsabteilungen der Unternehmen zu tun. Den Wert der Technik in einer einzigen Zahl zu beschreiben, haben sich die TEG-Mitarbeiter vorgenommen (Bild: TEG)
Welche Perspektiven ein Betrieb hat und ob er kreditwürdig ist, hängt von den Technologien ab, die er beherrscht oder entwickelt. Fraunhofer-Fachleute können diese Potenziale einschätzen und stellen ihr Wissen jetzt in den Dienst von Banken und Unternehmen.

Von unserem Redaktionsmitglied Dr. Birgit Oppermann birgit.oppermann@konradin.de

Wie gut steht ein Unternehmen da? Um die finanzielle Lage zu bewerten, sind die Fachleute bei den Banken gut ausgebildet. Im Zweifelsfall beauftragen sie eine Agentur, um durch ein Rating das Risiko eines Kredites einzuschätzen. Das technische Potenzial wird bei bisherigen Verfahren jedoch noch zu wenig berücksichtigt – sagen Mitarbeiter der Stuttgarter Fraunhofer-TEG und bieten ergänzende Informationen in Form eines Technologieratings.
„Gerade bei den innovativen Mittelständlern in Deutschland geht es darum, das Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter mit zu erfassen, genauso wie die Möglichkeiten, die im Maschinenpark oder in den Patenten stecken“, erläutert Dr. René Niethammer, Leiter Innovationsmanagement bei der TEG. Das könnten nur Techniker tun, die ihre Bewertung so kurz und verständlich wie möglich zusammenfassen müssen.
„Bisher beschrieben nur umfangreiche Gutachten, was ein Unternehmen leisten kann“, stellt TEG-Vertriebsleiter Peter Häfner fest. „Nur ist darin so viel Information enthalten, dass die Gutachten sehr teuer sind und sie bei der Bank niemand lesen will – weil es einen Laien zu viel Zeit kostet, sich mit Details zu befassen.“ Deshalb wollen die Fraunhofer-Mitarbeiter etwas erreichen, was sich im Banken-Rating bereits durchgesetzt hat. Am Ende sollte lediglich eine Zahl oder ein Buchstabe stehen. Sie muss sich mit der Einschätzung anderer Kriterien wie Management oder Eigenkapital – die sich bereits etabliert haben – kombinieren lassen.
Was die Sache bisher schwierig macht: Ein AA, B+ oder C, das von verschiedenen Rating-Agenturen vergeben wurde, bedeutet längst nicht das Gleiche. Denn ein standardisiertes Verfahren gibt es nicht. „Damit ist schon klar“, sagt Niethammer, „dass es auch nicht nur ein Technologierating geben kann, denn wir müssen unsere Einschätzung für alle unterschiedlichen Skalen eichen.“
Einen guten Teil des Weges dahin haben die TEG-Mitarbeiter bereits zurückgelegt. Im Bewerten der Technologien sind sie ihrer eigenen Einschätzung nach durch jahrelange Beratertätigkeit bereits geübt und greifen dafür auf rund 13 000 Mitarbeiter in den derzeit 58 Fraunhofer-Instituten zurück. „Wir finden für jede Branche einen Experten, der sich mit dem Stand der Technik sehr gut auskennt“, betont Innovationsfachmann Niethammer. Der qualifizierte Mitarbeiter besucht das zu bewertende Unternehmen, benötigt bei einer Betriebsgröße von rund 250 Mitarbeitern in der Regel vier bis sieben Tage, um sich ein Bild zu machen, und fasst seine Bewertung im „Innovationscheck“ zusammen – einem Papier von üblicherweise 10 bis 15 Seiten. „Was darin steht, setzen wir auf unserer TEG-internen zehnstufigen Skala zu einer Zahl um“, erläutert der promovierte Ingenieur weiter. Was noch fehlt, sind die Umrechnungsfaktoren, um dem Auftraggeber – ob Bank oder Unternehmen – passend zu den verschiedenen Rating-Systemen antworten zu können.
Darüber hinaus arbeiten die TEG-Fachleute an branchenspezifischen Kriterien, um einzelne Merkmale unterschiedlich zu gewichten. „Eigenkapital ist ein Kriterium, das Sie unabhängig von der Branche verwenden können. Schon bei den Patenten wird es aber schwierig“, hat Niethammer beobachtet. In der Handhabungsbranche beispielsweise seien die Entwicklungszyklen so kurz, dass kaum eine Erfindung mit Patenten geschützt werde. „Da sagt die Zahl der Schutzrechte also nichts aus.“
Mit jedem Auftrag zum Bewerten eines Unternehmens wollen die Rating-Pioniere nun einen Technik-Bereich bearbeiten und sich allmählich das gesamte Spektrum erschließen. Wettbewerber, die sich mit der gleichen Frage befassen, gebe es ihres Wissens nicht. „Im Zusammenhang mit Basel II gab es vor etwa zwei Jahren eine Reihe von Veröffentlichungen auch über die Möglichkeiten des Technologieratings“, berichtet Niethammer. Inzwischen sei es auf diesem Gebiet aber sehr still geworden.
Einen größeren Auftrag aus der Automobilindustrie haben die TEG-Mitarbeiter bereits in der Tasche. Die Erfahrungen aus diesem Projekt könnten das Technologierating bei Zulieferern für sie schon bald zur Routine werden lassen. „Wir verhandeln mit der Bank eines großen Herstellers, der eine Bewertung aller Zulieferunternehmen erstellen möchte“, sagt Häfner. So eine Aufgabe lasse sich sehr effizient erledigen, da die einmal erarbeiteten Kriterien immer wieder angewendet werden können.
Aufwendiger sei eine Bewertung, wenn ein einzelnes Unternehmen mit hochspezialisierter Technik zur Debatte stünde. „Das ist typisch für Mittelständler oder Start-ups“, stellt Häfner fest und betont, dass sich auch solche Betriebe das neutrale Statement von der Fraunhofer-TEG leisten könnten. In ihrem Interesse könnte neben einer allgemeinen Bewertung auch der Vergleich mit einem bekannten Unternehmen sein. „Wenn Sie neben einem renommierten Branchen-Primus gut abschneiden, ist das ein gutes Argument bei der Diskussion um einen Kredit“, sagt Niethammer. Ob dabei nur die deutschen Wettbewerber, der europäische oder der globale Markt betrachtet werden, hängt von den Produkten und der Technik selbst ab.
Trotz der Tendenz, komplexe Zusammenhänge in simplen Zahlen auszudrücken, hat Niethammer allerdings noch etwas anderes beobachtet: „Dass wir unsere Skala nicht schon längst auf die üblichen Ratings geeicht haben, liegt auch daran, dass die Entscheider bei Investitionssummen in zwei- oder dreistelliger Millionenhöhe immer noch auf Kommunikation setzen und nicht alles von einer einzigen Zahl abhängig machen wollen.“
Bewertung passt zu den gängigen Systemen des Banken-Rating
Auch für Einzelbetriebe soll das Technologierating erschwinglich sein
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