3D-Druck bietet ein hohes Innovations- und Optimierungspotenzial weit über das Rapid Prototyping hinaus. Viele Unternehmen fragen sich heute deshalb, wie sie neue sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten identifizieren und das Potenzial der additiven Fertigung besser nutzen und können. Um neue Ansätze zu finden und mehr aus der Technologie herauszuholen, hilft es, sich an einer Reihe von Tipps zu orientieren.
1. Gesamtmehrwert vor Bauteilkosten
Bei der Suche nach neuen 3D-Druck-Anwendungen stehen oft die Frage im Mittelpunkt, ob es günstiger ist, ein Bauteil additiv oder konventionell zu fertigen. Diese Herangehensweise greift jedoch viel zu kurz, viele oft besonders sinnvolle Möglichkeiten bleiben so unentdeckt. Besser ist es, ganz allgemein nach Anwendungen zu suchen, in denen sich 3D-Druck möglich auszahlen könnte, und diese auf Basis des erzielbaren Gesamtmehrwerts zu bewerten. Oft zeigt sich dabei, dass die Vorteile früher oder später höhere Kosten pro Bauteil mehr als aufwiegen.
2. Designmöglichkeiten kennen
Dank der Designfreiheit, die der 3D-Druck bietet, lassen sich Teile hinsichtlich Form, Gewicht, Funktionalität, Haltbarkeit und anderen Merkmalen optimieren. Wer gerade erst anfängt, 3D-Druck-Teile zu entwerfen, tendiert jedoch häufig dazu, diese basierend auf konventionellen, ihm vertrauten Produktionsmethoden zu gestalten. Damit bleiben Optimierungspotenziale ungenutzt, der Mehrwert des Bauteils ist zum Teil deutlich geringer, als er sein könnte. Mitunter werden 3D-Druck-Projekte sogar verworfen, weil erhoffte Eigenschaften aufgrund schlechten Designs nicht erreicht werden.
Um das Potenzial besser zu nutzen, sollten Unternehmen daher darauf achten, dass alle am Design beteiligten Personen schon vor den ersten Entwürfen mit den Gestaltungsoptionen des 3D-Druck sicher vertraut sind.
3. Verteiltes Wissen nutzen
In vielen Unternehmen liegt der 3D-Druck in den Händen weniger Personen. Machen sich diese Personen allein auf die Suche nach neuen sinnvollen AM-Anwendungen, können sie leicht entscheidende Ansatzmöglichkeiten übersehen.
Aus diesem Grund empfiehlt es sich, Menschen aus verschiedenen Bereichen und Ebenen des Unternehmens bei der Suche miteinzubeziehen. Mit ihrer Detailkenntnis von Produkten, Prozessen und Problemen bringen sie oft gute Ideen in die Diskussion und helfen, Dinge aus einer neuen Perspektive zu sehen. Eine solche frühzeitige Beteiligung unterschiedlicher Personenkreise kann zudem dazu beitragen, wertvolle Unterstützung für neue 3D-Druck-Projekte zu generieren. Die Projektumsetzung wir so erleichtert und beschleunigt und in vielen Fällen ein besseres Ergebnis erzielt.
4. 3D-Druck in der Breite verankern
Viele Menschen haben Angst vor Veränderung, Neues sehen sie als Bedrohung an. Das gilt oft auch beim 3D-Druck. Wenn Unternehmen neue additive Anwendungen erschließen möchten, sollten sie gegenüber ihrem Personal daher immer wieder betonen, dess es nur eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von Dingen ist –- eine ergänzende Technologie, keine Ersatzlösung. Dies wird dazu beitragen, dass Mitarbeitende additive Fertigung schneller akzeptieren und in ihrem Denken verankern. Infolge sinken die Innovationskosten, zugleich wird das Entstehen von Ideen innerhalb der gesamten Belegschaft gefördert.
Akzeptanz und Ideenfindung werden noch forciert, wenn Unternehmen die Kenntnisvermittlung rund um den 3D-Druck aktiv gestalten, indem sie zum Beispiel informelle, konstengünstige Möglichkeiten der Wissensweitergabe unter Mitarbeitenden schaffen.
5. Probieren, probieren, probieren
Einer der größten Vorteile additiver Fertigung ist die Möglichkeit, schnell und relativ kostengünstig neue Teile zu erstellen. Beim Prototyping ist dies der entscheidende Grund, auf 3D-Druck zu setzen. Und auch bei der Entwicklung neuer additiv gefertigter Bauteile gilt es, diesen Vorteil zu nutzen. Konkret bedeutet dies, dass sich Unternehmen nur in Ausnahmefällen mit einem frühen Designentwurf zufriedengeben sollten, der ihre Anforderungen erfüllt. Stattdessen sollten sie ihre Entwicklungsteams dabei unterstützen, immer weiter auszuprobieren, ob und wie sich das Designergebnis noch optimieren lässt.
Häufig kann der Mehrwert des jeweiligen Bauteils dadurch erheblich erhöht werden. In jedem Fall aber werden durch die immer wieder leicht veränderten und neu gedruckten Modelle wichtige Erfahrungen gesammelt und Lerneffekte erzielt, die in späteren Designprozessen schneller zu besseren Ergebnissen führen.
6. Im Zweifel mit Partnern
Das effiziente Identifizieren möglicher neuer 3D-Druck-Anwendungen erfordert einen besonderen Blick, eine Art additives Denken mit dem Gefühl, was machbar und sinnvoll sein könnte. Auch für die anschließende Bewertung, ob sich der Einsatz der Technologie tatsächlich lohnt und ob die Fertigung inhouse oder durch Dritte erfolgen sollte, ist in der Regel einige Erfahrung nötig. Und natürlich ist auch nicht jedes Konstruktions- und Entwicklungsteam so gut mit den Möglichkeiten der additiven Fertigung und dem Einsatz von 3D-Druck-Software vertraut, dass optimale Ergebnisse garantiert sind.
Damit ist klar: Unternehmen, die sich hier überfordert fühlen und kein neues, entsprechend ausgebildetes Personal einstellen möchten, sollten keine Hemmungen haben, auf externe Beratungsanbieter zurückzugreifen. Bei einem technologieneutralen Unternehmen wie Materialise können sie zum Beispiel maßgeschneiderte Serviceangebote von der Statrategieberatung über partnerschaftliche Produktentwicklung bis hin zur additiven Fertigung erhalten.
7. Mit kleinen Schritten zum großen Ziel
Um unternehmensweit das Maximum aus den Möglichkeiten additiver Fertigung herauszuholen, sollte die Suche nach sinnvollen 3D-Druck-Anwendungen und deren Umsetzung strategisch angegangen werden. Es braucht eine Vision, welche Rolle im Unternehmen die Technologie in einigen Jahren spielen soll und welche strategischen Ziele mit ihrem Einsatz verfolgt werden sollen. Was ist alles möglich, was ist realistisch, wie soll vorgegangen, wie ein neuer 3D-Druck-Ansatz bewertet werden?
Sind diese Fragen geklärt, gilt es, konsequent mit kleinen Schritten voranzugehen. Das begrenzt das Risiko von Fehlentscheidungen und -investitionen, gibt Fach- und Führungskräften Zeit zum Lernen und zur Weiterentwicklung und schafft so eine solide, nachhaltige Basis für weitere Verbesserungen.
3 Beispiele
Drei Beispiele zeigen, welcher Mehrwert sich mit dem 3D-Druck ergeben kann, wenn die richtigen Fragen gestellt werden und Bauteile unter konsequenter Ausnutzung der Designfreiheit optimiert werden:
Signify, vormals Philips Lighting, kam 2017 mit der Frage zu Materialise, ob der 3D-Druck helfen könnte, die Ausfallrate bestimmter Komponenten auf ihrer Montagelinie zu verbessern. Die Zusammenarbeit führte zur Neugestaltung einer Lampenhalterung und eines Sauggreifers, die vier Jahre lang ohne einen einzigen Ausfall funktionierten und jährlich Kosten von rund 89.000 Euro einsparten. Gemessen an den Bauteilkosten hätte es diese Lösungen nie gegeben. So aber konnte Signify den Wartungsbedarf beseitigen und über eine Viertelmillion Euro einsparen.
Bei einem neu gestalteten Satelliteneinsatz von ATOS konnte das Gewicht des Bauteils mittels Toplogieoptimierung und Gitterstrukturen um 66 Prozent gesenkt werden, sodass sich mehr wertvolle Geräte in den Satelliten verwenden und erhebliche Kosten beim Start einsparen lassen. Gleichzeitig ließen sich Probleme mit der thermoelastischen Beanspruchung des alten Designs lösen. Dadurch konnte die Haltbarkeit des Bauteils erhöht und die Lastverteilung verbessert werden.
Der Bau- und Argarmaschinenhersteller CNH Industrial setzt strategisch auf den 3D-Druck: Wurde die Technologie zunächst zur Herstellung von Prototypen und Produktionswerkzeugen genutzt, kommt sie seit einigen Jahren auch bei der Fertigung von Ersatz- und Funktionsteilen zum Einsatz. In der Bewertung neuer Anwendungen spielt der Gesamtmehrwert, der sich zum Beispiel durch Kosteneinsparungen in der Lagerhaltung, Risikominderung in der Lieferkette und gesteigerte Kundenzufriedenheit ergibt, die entscheidende Rolle. Materialise hilft beim Entdecken neuer 3D-Druck-Potenziale und der Realisierung.