Die Nachfrage nach industriellen Gütern entwickelt sich dynamisch. Für viele Vorprodukte und Bauteile sind OEMs und Zulieferer der Branchen Automobil, Maschinenbau und Automatisierung auf Lieferanten in Fernost angewiesen. Doch die globalen Lieferketten bergen ein Risiko: Wenn Herstellerkapazitäten wie derzeit bei der Chipfertigung immer knapper werden, Versorgungswege wie der Suezkanal blockiert sind oder eine Halbleiterfabrik wie in Japan brennt, führen solche Ereignisse zu massiven Lieferengpässen bei elektronischen Bauteilen und Problemen bei der Materialversorgung der hiesigen Abnehmer. Immer öfter avancieren solche Szenarien zur Produktionsbremse. Autofabriken gehen in Kurzarbeit oder Bänder stehen still wie bei Daimler, VW, Audi und BMW. Und Ford stellt wegen Chipmangel die Produktion vorläufig komplett ein. Überdies treibt die Teile -und Rohmaterialknappheit bei gleichzeitig erhöhten Frachtraten die Preise auf Rekordhöhen.
Keine Frage: Für den Weg aus der Misere muss die Materialversorgung krisenfester werden. Die neulich überarbeitete EU-Industriestrategie zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Wirtschaftsräumen wie Asien und somit von internationalen Lieferketten verstärkt zu verringern. Dass heikle Abhängigkeiten hinterfragt werden, ist legitim. Autonomie hingegen ist kein realistisches Ziel. Vielmehr sollten Lieferketten weltweit diversifiziert und Lagerkapazitäten für bestimmte Materialien verstärkt aufgebaut werden – bis hin zur Produktion von Komponenten wie strategisch wichtiger Halbleiter und Batteriezellen in Europa. Gerade eine führende Exportnation wie Deutschland ist auf international funktionierende Lieferketten angewiesen. Umso mehr wäre es eine Gratwanderung, sich einerseits von Zulieferländern mittels massiver staatlicher Subventionen unabhängiger machen zu wollen, andererseits aber von offenen Exportmärkten und Freihandel verstärkt zu profitieren.