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Mobilfunk: 5G-Netze für industrielle Anwendungen

Mobilfunk
5 G-Netze für industrielle Anwendungen

5 G soll (fast) alles besser können als die bisherigen Mobilfunkstandards. Auch Industrieunternehmen setzen auf die neue Technik und präsentieren Ideen, wie sie 5 G rasch für ihre Produktionsprozesse nutzen wollen.

Hartmut Hammer
Journalist in Leutenbach

Unabhängig davon, wie die am 19. März gestartete Auktion um die 5G-Mobilfunkfrequenzen ausgeht, steht die Industrie bereits in den Startlöchern. Bosch will schon im Herbst 2019 5G-fähige Automatisierungstechnik für Kunden vorstellen. 2020 dürfte eine Welle von 5G-Applikationen für Industriekunden am Markt verfügbar sein, voraussichtlich 2022 für Privatkunden. Dann sollen Informationen zehnmal so schnell wie mit dem aktuellen LTE-Standard unterwegs sein, mit Bandbreiten von bis zu zehn Gbit pro Sekunde und einer Latenz von nur noch einer Millisekunde. Darüber hinaus soll 5 G höchste Verfügbarkeit bieten, die Anbindung von Tausenden von Maschinen und Sensoren in einer Funkzelle, sowie virtuelle Teilnetze mit angepassten Leistungsparametern. Für das produzierende Gewerbe besonders attraktiv ist, dass der Entwurf der Bundesnetzagentur erstmals die Vergabe eines Teils des Frequenzspektrums das Band zwischen 3,7 und 3,8 GHz explizit für regionale und lokale Anwendungen vorsieht.

Separate Kommunikation

Auf den Innovation Days von Nokia Ende letzten Jahres in Stuttgart gewährten zahlreiche Unternehmen einen Einblick in ihre 5G-Strategien und Anwendungsfälle. Dr. Andreas Müller, Leiter Communication and Network Technology im Zentralbereich Forschung und Vorausentwicklung bei Robert Bosch beschrieb, welche Maßstäbe Bosch an ein 5G-Netzwerk anlegt. So setze man auf separate „Campus-Netzwerke“ mit eigenen Frequenzen, um einem Zugriff auf sicherheitskritische Produktionsdaten aus dem öffentlichen Mobilfunknetz von Anfang an vorzubeugen. Eine weitere Forderung ist Autonomie, damit das Campus-Mobilfunknetz bei Störungen für eine gewisse Zeit auch offline funktioniere. Eine volle Kontrolle über Hardwarekomponenten und deren Lieferanten, die Algorithmen und Zugriffsrechte auf Daten sei ebenfalls ratsam. Ein Campus-Netzwerk empfehle sich auch bei Produktionsstandorten im ländlichen Raum, um nicht zu sehr von Netzausbauplänen der Mobilfunkbetreiber abhängig zu sein. Bosch hält eine Synchronität von weniger als einer Mikrosekunde, Latenzzeiten von weniger als einer Millisekunde zwischen zwei Geräten, sowie eine Verfügbarkeit von nahe 100 % bei 5 G für möglich.

Für die Unternehmens-Netzwerke gibt es eine Reihe von physischen Ausprägungen und Betreibermodellen. Ein Extrem ist das voll autonome Campus-Netzwerk mit eigener Frequenz sowie Hardware, Datenverkehr und Betrieb voll in Unternehmenskontrolle. Gegenpol ist ein virtuelles Netzwerk, welches in das 5G-Netz eines klassischen Netzwerkbetreibers im klassischen Frequenzspektrum eingebettet ist, aber per „Network Slicing“ eigene Leistungsparameter sowie den Schutz für Daten und Prozesse bietet.

Dazwischen sind verschiedene Mischformen mit geteilten Verantwortungsbereichen denkbar. Beispielsweise mit einer vom Netzwerkbetreiber installierten Basisstation im Werk, die das Unternehmen und das öffentliche Netzwerk mit jeweils separaten Frequenzen gemeinsam nutzen.

Mehr Sicherheit und Schnelligkeit mit 5 G

Einer der ersten Anwender von 5 G in der Produktion könnte Daimler sein. In der neuen Factory 56 in Sindelfingen sollen ab etwa 2021 die E- und S-Klasse sowie die ersten EQ-Elektromodelle und Robo-Taxis gebaut werden. Zusätzlich will Daimler dort in der Montage Pilotanwendungen innerhalb eines 5G-Mobilfunknetzes testen. Als potenzielle Anwendungen von 5 G hat man beispielsweise das autonome Einfahren eines Fahrzeugs auf den Prüfstand, die Einbindung von Montagezellen in das Produktionsnetzwerk, die Positionierung von Menschen und Fahrzeugen, die Materialanforderung per Kanban oder abschließende Software-Updates identifiziert. Auch die Unterstützung der Werker per Video und virtueller Realität sowie Trainings- und Schulungseinheiten könnten mit 5 G optimiert werden, heißt es bei Daimler.

Nokia hat auf seinem Innovation Day ebenfalls Pilotanwendungen mit 5 G präsentiert. Ein Projekt in Kooperation mit Bosch optimiert die Notausfunktionen bei Grenzraumverletzungen in Mensch-Roboter-Kollaborationen. Hier kann 5 G mit seinen sehr kurzen Latenzzeiten und der Fähigkeit, viele solcher Schutzvorrichtungen sicher und schnell zu managen (Ultra reliable low latency communications, URLLC), bessere Dienste leisten als die bisherigen Lösungsansätze auf Basis des LTE-Standards.

Ein weiteres Forschungsprojekt mit Bosch sieht die flexible Abstimmung von Produktionsprozessen mithilfe von 5 G vor. Etwa die Ansteuerung der Roboter per Werker mit mobilen Devices, um Prozessabläufe oder Werkzeuge zu ändern. Ein weiterer Schritt hin zur vollflexiblen Produktion wäre die vollautomatische Umorganisation der Produktionsanlage. Bei diesem Szenario würden sich die Roboter ohne menschliche Eingriffe auf die geforderten Produktionsvorgaben einstellen, inklusive eventuellem Positions-, Aufgaben und Werkzeugwechsel. Auch vor- und nachgelagerte Logistikprozesse mit autonomen Transportfahrzeugen würden dann per Mobilfunk gesteuert. Da in dieser vollautomatisierten Anlage trotzdem noch Menschen für Überwachungsaufgaben erforderlich wären, müsste eine sehr sichere URLLC-Kommunikation samt Lokalisierungsfunktion per 5 G gegeben sein.

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