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Auf den Gutachter kommt es an

Technikrechtliche Schiedsverfahren im Großanlagenbau – Teil 2
Auf den Gutachter kommt es an

Auf den Gutachter kommt es an
Im Großanlagenbau sind technikrechtliche Schiedsverfahren an der Tagesordnung. Diese Verfahren erfordern ebenso viel Fingerspitzengefühl wie besonderes Know-how. Neben der sorgfältig vorbereiteten Faktenlage, wie in Teil 1 beschrieben, fällt dem Parteigutachter eine wichtige Rolle zu.

In Schiedsverfahren besteht im Regelfall genauso wie in klassischen staatlichen Gerichtsverfahren die Möglichkeit, dass das Schiedsgericht einen Sachverständigen bestellt, der bestimmte, vom Schiedsgericht vorgegebene Aspekte begutachtet. In der Praxis ist es aber sehr weit verbreitet, dass die Parteien nicht abwarten, bis das Schiedsgericht einen Sachverständigen bestellt. Vielmehr ziehen sowohl die Kläger- als auch die Beklagtenseite von Beginn an einen Sachverständigen hinzu, der die jeweilige Position erläutert und bestätigt. Vorteil der Parteigutachter gegenüber den vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen ist, dass sie von der eigenen Partei instruiert werden und diese auch den konkreten Prüfungsumfang bestimmt: Die eigene Position gewinnt von Beginn an eine andere Autorität, wenn ein Experte sie in nachvollziehbarer Weise bestätigen kann. Die Parteigutachter sollten jedoch auch unabhängig sein, damit ihre Erkenntnisse nicht mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit angreifbar sind.

Die Auswahl des Parteigutachters muss mit großer Sorgfalt erfolgen. Dieser sollte über eine hervorragende Reputation in seinem Fachgebiet verfügen. Er muss allerdings nicht nur in der Lage sein, die eigene Position fachkundig zu bestätigen, sondern sein Ergebnis schriftlich und mündlich beim Schiedsgericht zu präsentieren. In Schiedsverfahren kommt es stärker als bei klassischen staatlichen Gerichten darauf an, dass der Parteigutachter im Außenauftritt überzeugend ist. Gerade in internationalen Schiedsverfahren wird der Parteigutachter nicht nur punktuell vom Schiedsgericht befragt. Angelehnt an anglo-amerikanische Einflüsse befragen vorrangig die Rechtsanwälte beider Seiten den Parteigutachter. Gerade bei der Befragung durch die Gegenseite kommt es darauf an, die gewonnenen Ergebnisse geschickt und glaubwürdig zu verteidigen.
Seit einigen Jahren ist außerdem ein Trend zu erkennen, Parteigutachter nicht nacheinander und einzeln zu befragen, sondern zusammen mit dem Parteigutachter der Gegenseite: Im „Expert Conferencing“ werden alle Parteigutachter dem Schiedsgericht gleichzeitig präsentiert. Jeder Parteigutachter hört die Ausführungen seines Kollegen und kann unmittelbar hierzu Anmerkungen machen. Diese Art der Befragung gilt gemeinhin als sehr effizient, weil sich häufig schnell herauskristallisiert, in welchen Punkten die Parteigutachter übereinstimmen oder divergieren. Neben der reinen Sachkunde kommt es dann gerade auf die kommunikative (Durchsetzungs-)Fähigkeit an.
Die Auswahl eines geeigneten Gutachters wird häufig dadurch erschwert, dass eine sehr spezielle Expertise benötigt wird, über die nur eine überschaubare Zahl von Personen verfügen. Zum Glück sind heutzutage gerade in technischen Bereichen solide Englischkenntnisse weit verbreitet. Man sollte dennoch nachhaken, ob diese auch für einen Auftritt vor dem Schiedsgericht ausreichen. Sprachliche Barrieren können in Schiedsverfahren viel stärker als in Verfahren vor staatlichen Gerichten zu einem gravierenden Nachteil werden. Bei komplexen Großprojekten ist es daher durchaus üblich geworden, vor einer Beauftragung Interviews mit den in Betracht kommenden Gutachtern zu führen.
Ein überzeugender Parteigutachter kann zweifelsfrei einen großen Beitrag dazu leisten, das Schiedsgericht von der eigenen technischen Position zu überzeugen. Ohne einen zuverlässigen Parteigutachter ist eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung oftmals schwierig. Der gute Parteigutachter allein ist aber noch kein Allheilmittel. Zunächst sind die Rechtsanwälte gefordert, den technischen Sachverhalt exakt aufzuarbeiten und überzeugend darzustellen. Auch wenn die Schiedsrichter über eine besondere technische Expertise verfügen, ist es unerlässlich, ihnen den Fall verständlich und anschaulich zu präsentieren. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
  • Prof. Dr. Thomas Klindt Honorarprofessor für technisches Sicherheitsrecht an der Universität Kassel und Partner der internationalen Kanzlei Noerr LLP, München
  • Dr. Anke Meier, LL.M. Associated Partner Noerr LLP, Frankfurt
Teil 1 über die Faktenlage ist in Ausgabe 31 vom 21.11.2011 erschienen; Bild: ThyssenKrupp

Schlüssel zum Erfolg

In der überwiegenden Zahl der Fälle gibt es zwei Schlüssel zum Erfolg in komplexen, technisch komplizierten Schiedsverfahren.
  • Die Sachlage muss gleich zu Beginn mit technischem Verstand gründlich aufgearbeitet und dem Schiedsgericht so anschaulich präsentiert werden, dass die Schiedsrichter in kurzer Zeit die wesentlichen Streitpunkte erfassen können und überzeugt werden.
  • Um die eigene Position zu den technischen Streitpunkten zu belegen, müssen Parteigutachter eingesetzt werden, die nicht nur fachlich, sondern auch kommunikativ überzeugen, zugeschnitten auf die speziellen Anforderungen im Schiedsverfahren.

  • Stolperfalle Scheinselbstständigkeit

    Recht

    Ein unerwarteter Großauftrag kann mittelständische Unternehmen schnell in die Bredouille bringen: Mit den Angestellten ist die Arbeit nicht zu schaffen, doch neue Mitarbeiter wollen viele auch nicht gleich einstellen. Zu hoch sind die Kosten, zu unsicher ist die Konjunktur. Eine Lösung ist die Beschäftigung von Selbstständigen. Hierbei ist jedoch zu rechnen, sagt Anne Kronzucker, Juristin bei der D.A.S. Rechtsschutzversicherung, dass die Sozialkassen prüfen, ob die freien Mitarbeiter nicht in Wahrheit Scheinselbstständige sind. Dann kann es teuer werden: Im schlimmsten Fall muss der Arbeitgeber für das laufende Beitragsjahr und bis zu vier Jahre rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer plus Säumniszuschläge und Zinsen nachzahlen und außerdem noch mit saftigen Bußgeldern rechnen. Zudem kann sich der Arbeitgeber nach § 266a Strafgesetzbuch strafbar gemacht haben (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt).
    Indes ist es in der Praxis gar nicht so einfach, für Rechtssicherheit zu sorgen. Denn juristisch gibt es keine klare Definition, was genau ein Selbstständiger ist. Stattdessen entscheiden die Sozialgerichte mittels einer ganzen Reihe von Kriterien: Kann sich der Mitarbeiter seine Arbeitszeit selbst einteilen? Handelt er wie ein Unternehmer, trifft er also eigene Entscheidungen und trägt ein Unternehmerrisiko? „Selbstständige sind in der Regel für mehrere Auftraggeber tätig“, erklärt Kronzucker. „Es gibt allerdings auch Freie, die überwiegend von nur einer Firma abhängig sind.“ Diese Mitarbeiter werden als arbeitnehmerähnliche Selbstständige bezeichnet (2 S. 1 Nr. 9 SGB VI), sofern sie selbst keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, die mehr als 400 Euro im Monat verdienen. Bei den Arbeitnehmerähnlichen gelten besondere Bestimmungen: Sie haben im Gegensatz zu den „richtigen“ Freien Anspruch auf bezahlten Urlaub (§2 Bundesurlaubsgesetz). Zudem sind sie in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig.
    Ein Scheinselbstständiger dagegen ist ein Mitarbeiter, der seinem Vertrag zufolge selbstständige Arbeitsleistungen erbringt, tatsächlich aber wie ein abhängig Beschäftigter arbeitet. „Die Grenze zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit verläuft fließend“, meint die D.A.S.-Juristin. Eine Möglichkeit ist es, das Beschäftigungsverhältnis ungefähr einen Monat nach Arbeitsantritt des Selbstständigen zu klären. Dazu können die Beteiligten gemäß § 7a SGB IV ein Anfrageverfahren, teilweise auch als Statusfeststellungsverfahren bezeichnet, beantragen. Diese Anfrage ist jedoch nur möglich, solange die Sozialkassen ihrerseits noch kein Verfahren eingeleitet haben.
    Deshalb empfiehlt sich schon bei der Gestaltung des Vertrages über die Zusammenarbeit große Sorgfalt. Vermieden werden sollten alle Formulierungen, die auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis schließen lassen. Dazu gehört vor allem das Weisungsrecht des Arbeitgebers, aber auch die Pflicht zur Anwesenheit im Betrieb während der Arbeitszeiten oder ein Wettbewerbsverbot. (Bild: Franjo/Fotolia)
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