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Scada-Lösungen für Windparks: Der Profit wird im Rechner erzeugt

Scada-Lösungen für Windparks
Der Profit wird im Rechner erzeugt

2016 lieferten in Deutschland Windkraftanlagen gut 12 % des gesamten Stroms. Meist werden mehrere Turbinen zu Windparks zusammengeschlossen. Deren Steuerung basiert auf einem komplexen Netzwerk.

Michael Grupp
Fachredakteur in Stuttgart

Deutschland erzeugt mit Windkraft jährlich über 50 000 MW Strom. Das ist fast ein Drittel der gesamten europäischen Windleistung. Auch bei Neuinstallationen ist Deutschland mit 44 % Spitzenreiter. Genau 28 217 Windkraftanlagen waren Ende 2016 am Netz. Sie stammen von unterschiedlichen Herstellern, nutzen inkompatible Software beziehungsweise Schnittstellen und speisen zahlreiche Netze. Selbst wenn Windpark-Manager konsequent auf einen einzigen Anbieter setzen, sammeln sich im Laufe der Jahre unterschiedliche Anlagen-Generationen an. Die Innovationsgeschwindigkeit der Branche ist rasant: Inzwischen lohnt sich manchmal schon der Austausch von Windrädern, die gerade einmal zehn Jahre auf dem Rotor haben, erklärt Dirk Briese, Geschäftsführer des Bremer Marktforschungsunternehmens Wind-Research. „Heute gibt es ganz andere Technologien als noch vor einem Jahrzehnt. Allein die Leistung der Turbinen hat sich vervielfacht.“ Das freut auch den deutschen Maschinen- und Anlagenbau. Hersteller, Zulieferer und Dienstleister der Windindustrie beschäftigen direkt und indirekt bereits 150 000 Mitarbeiter.

Konzertierte Windräder

Der Datenfluss beginnt mit Condition-Monitoring-Systemen (CMS) direkt an der Turbine. Sensoren erfassen hier neben den Wetterdaten beispielsweise die Leistung, den Verbrauch an Betriebsmitteln, die auftretenden Temperaturen und Vibrationen. Diese Informationen werden in einem Scada-System (Supervisory Control and Data Acquisition) gebündelt und visualisiert. Aus den gesammelten Daten lassen sich nicht nur Rückschlüsse auf den Zustand einzelner Komponenten ableiten, sondern auch Leistungs- und Wartungsprognosen. Bläst der Wind zu stark, wird automatisch der Anstellwinkel der Rotorblätter verändert. Das verringert den Auftrieb und die Drehzahl des Rotors fällt. Aus bestimmten Vibrationstypen können typische Fehler abgeleitet werden – zum Beispiel Haarrisse an den Zahnradflanken eines Getriebes. Der Betreiber kann auf dieser Basis abschätzen, wie lange das Bauteil noch hält und die auftretenden Lasten und Serviceeinsätze entsprechend steuern. Der Zugriff kann über Bedienelemente vor Ort, über Tablets oder von einer Leitzentrale aus erfolgen.

Inzwischen sind praxiserprobte Lösungen auf dem Markt, die neben den Zustands- und Ertragsdaten wie Drehzahl, Leistung, Windgeschwindigkeit und -richtung eine 360°-Überwachung unterstützen. Der Bundesverband Windenergie zählt in seinem aktuellen Jahrbuch beispielhaft zwei Lösungen auf: IBMs „AssetPad“ und der „Windpark Manager“ von HPE. Asset Pad verknüpft die Daten von CMS, Scada und Wartungsberichten mit Wetterdiensten und der maschinenlernenden Windenergie-Vorhersage HyREF. Die HPE-Software wiederum verbindet sich herstellerübergreifend mit der Steuerungssoftware der Windräder. So kann ein Windrad rechtzeitig auf halbe Kraft gesetzt werden, um einen drohenden Totalausfall zu verhindern. Auch Siemens setzt mit dem objektorientierten Scada-System Simatic WinCC auf offene Standards und steuert unterschiedliche Anlagentypen zentral von einer Leitstelle aus. Sinkt dabei die Ausfallrate nur um ein einziges Prozent, steigt erfahrungsgemäß im Gegenzug der Ertrag um drei Prozent.

Die Wirtschaftlichkeit einer Windmühle wird nicht nur durch die Turbine bestimmt. Mindestens ebenso entscheidend ist die übergeordnete Steuerung des gesamten Windparks: zum Beispiel die Einspeisung ins externe Netz. Digitalisierung ist damit für Windkraft-Manager ein unverzichtbares, effizienzsteigerndes Instrument. Dementsprechend weist die Branche im Vergleich zu anderen Bereichen die höchsten Digitalisierungsraten auf – noch vor den Finanzdienstleistern und dem Handel. Während im produzierenden Gewerbe wie dem Maschinenbau die Digitalisierung eher Richtung Industrie 4.0 zielt, dient die IT im Energiesektor vor allem der Fernwartung, der Nachfragelenkung in der Industrie sowie der intelligenten Speicherung und Verteilung des erzeugten Stroms.

Smart Grids

Eine Herausforderung für die geregelte Zuschaltung von Windkraftstrom ist dessen Produktion im windreichen Norden Deutschlands, auch und gerade Offshore auf See. Ein guter Teil der energieintensiven Industrien steht aber im Süden der Republik. Abhilfe soll mittelfristig der Bau neuer Stromtrassen schaffen. Langfristig sehen Experten eine Alternative, die sich stark auf das Management der Windparks auswirken wird: der Aufbau von Smart Grids. Sie werden in Zukunft das flexible Rückgrat der Stromverteilung und Erzeugung darstellen. Smart Grids kombinieren Erzeugung, Speicherung und Verbrauch auf regionaler Ebene. Eine zentrale Steuerung stimmt sie optimal aufeinander ab und gleicht damit Leistungsschwankungen – insbesondere durch die volatilen erneuerbaren Energien – im Netz aus. Dafür müssen die aktuelle Stromerzeugung sowie der Stromverbrauch aller angeschlossenen Anlagen bekannt sein.

Im Smart Grid werden deshalb nicht nur Energie, sondern auch Daten transportiert, damit die Netzbetreiber in Realtime Informationen zur Energieproduktion und dem -verbrauch erhalten. Die Scada-Lösung des österreichischen Anbieters Bachmann übernimmt beispielsweise diese Aufgabe im Rahmen einer modular aufgebauten IT-Architektur. Dazu zählen unter anderem Netzmessung und -schutz, die statische und dynamische Netzstützung sowie eine Netzüberwachung gemäß internationalen Grid-Codes. Denn an die Netzverträglichkeit von Windenergieanlagen werden hohe Anforderungen gestellt – Störungen oder ungeplante Ausfälle hätten im Fall der Unfälle direkte netzweite Auswirkungen.

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