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Comau-CEO Pietro Gorlier zu Technologien für Elektromobilität und Batterieproduktion

Automatisierung in der Automobilindustrie
Digital gesteuerte Automatisierungstechnologien für die E-Mobilität nutzen

Die Elektromobilität führt zu signifikanten Veränderungen im Transportsektor, darunter die Entwicklung fortschrittlicherer und effizienterer Antriebstechnologien. Dieser Wandel beeinflusst Produktionsprozesse und eröffnet Chancen für Automatisierungsexperten wie Comau. CEO Pietro Gorlier erläutert, welche Innovationen Hochleistungsfahrzeuge kosteneffizienter machen und damit die Verbreitung von Elektrofahrzeugen fördern – und wie sich die Technologien für die Batterieproduktion entwickeln.

» Alexander Gölz

Herr Gorlier, worin liegt Comaus Stärke?

Die klassische Stärke von Comau liegt in der „Automobilindustrie“, die durch die Elektromobilität vor einem großen Umbruch steht. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung in der Automobilindustrie ist Comau bereit, die Herausforderungen und Chancen der Elektromobilität anzunehmen und unsere Kunden und Partner bei diesem Übergang zu unterstützen. Dies ist eine Konstante in unserer Geschichte. Die Automobilindustrie als hochinnovativer Bereich hat uns aufgrund ihrer technischen Komplexität und Wettbewerbsfähigkeit immer wieder die Möglichkeit gegeben, mit den neuesten Technologien zu experimentieren und diese dann in anderen Sektoren anzuwenden.

Welchen Einfluss hat die nachhaltige Mobilität auf Ihre Geschäfte?

Der Übergang zur Elektromobilität revolutioniert den Verkehrssektor und führt zur Entwicklung immer fortschrittlicherer Antriebstechnologien und neuer Produktionsprozesse, die effizienter, sicherer und zunehmend nachhaltiger sind. In diesem Zusammenhang ist die technologische Innovation ein entscheidender Faktor, der die Entwicklung von Hochleistungsfahrzeugen zu immer erschwinglicheren Kosten ermöglicht – ein wesentliches Element für die Verbreitung von Elektrofahrzeugen (EV). Der technologische Wandel hin zu einer nachhaltigen Mobilität stellt auch eine wichtige Chance für Unternehmen wie Comau dar, die innovative Technologien entwickeln.

Wir erwarten, dass EV- und Hybridfahrzeuge bis 2030 etwa 60 % aller Leichtfahrzeuge ausmachen werden, so dass wir, wenn wir von Automobilen sprechen, auch von EVs sprechen müssen. Obwohl es in einigen Ländern Anzeichen für eine nachlassende Nachfrage gibt, verstärkt die EU ihre Anstrengungen bei der Entwicklung neuer Technologien, und China konzentriert sich zunehmend auf den wachsenden Export von EVs.

Mit welchen Technologien und Innovationen wollen Sie künftig im Bereich E-Mobilität punkten?

Unsere Innovationsstrategie im Bereich E-Mobilität ist vielschichtig und basiert zu einem großen Teil auf der Eigenentwicklung einzigartiger Technologien und mit Hilfe unserer Kompetenzzentren für Elektrifizierung. Ein weiterer wichtiger Teil dieser Strategie ist die Vernetzung, die die Zusammenarbeit mit führenden Universitäten und technischen Instituten, die Teilnahme an internationalen Konsortien und Verbänden sowie die Teilnahme an EU-Entwicklungsprojekten umfasst. Diese Kooperationen ermöglichen es uns, neue Technologien im Rahmen von Prozessvalidierungs- und Pilotlinienprojekten zu entwickeln. Im Rahmen der EU-Initiative Gigabat entwickelt Comau beispielsweise eine innovative Kammer zur Automatisierung des Zellaktivierungsprozesses nach der Montage.

Und wie sieht es bei den Batterien aus?

Was die Batterien der nächsten Generation betrifft, so zeigt der Markt eine steigende Nachfrage nach neuen Technologien, die die derzeit verwendeten Lithium-Ionen-Batterien ergänzen. Festkörperbatterien und Natrium-Metallchlorid-Batteriezellen sind zwei Beispiele. Comau trägt auch zum Aufbau einer vollständig europäischen Wertschöpfungskette bei, um die autonome und effiziente Produktion von Batterien der nächsten Generation zu erleichtern, und ist weltweit, einschließlich Asien, Europa und den USA, an zahlreichen Batterie- und Elektrifizierungsprojekten beteiligt.

Es stellt sich aber natürlich auch die Frage der Kreislaufführung und des Recyclings. Hochleistungs-Autobatterien, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, können immer noch wiederverwendet oder recycelt werden, wodurch ihre Auswirkungen auf die Umwelt begrenzt werden. Es ist daher unerlässlich, Technologien zu entwickeln, die die Wiederverwendung oder das Recycling von Altbatterien ermöglichen. Wir nutzen beispielsweise unser Know-how in der Industrieautomation, um robotergestützte Prozesse für die automatisierte Demontage von Batterien für die anschließende Wiederverwendung oder Entsorgung zu entwickeln.

Wie wichtig ist der Bereich E-Mobilität für Comau?

Die E-Mobilität macht etwa 40 Prozent unseres Gesamtgeschäfts aus. 2022 sind wir in diesem Bereich um 25 Prozent gewachsen. Betrachtet man insbesondere die Wertschöpfungskette für Lithium-Ionen-Batterien, glauben wir, dass sie bedeutende Umsatzmöglichkeiten bieten wird, die bis 2030 auf über 400 Milliarden US-Dollar ansteigen könnten, also fünfmal mehr als 2022. Zellen, Verpackungen und Recycling machen 51 Prozent der Wertschöpfungskette aus. Unsere Erfahrung wurde dabei durch die Zusammenarbeit mit einigen der wichtigsten Hersteller im Bereich der Elektromobilität gestärkt.

Können Sie dafür Beispiele nennen?

Ja, in Zusammenarbeit mit der ACC Automotive Cells Company, einem Joint Venture zwischen Stellantis, TotalEnergies/Saft und Mercedes-Benz, haben wir beispielsweise eine flexible Produktionslinie für Batteriemodule der nächsten Generation für ihre neue Gigafactory in Billy-Berclau Douvrin in Nordfrankreich entwickelt und gebaut. Heute decken wir alle Phasen des Batterieherstellungsprozesses ab, managen die Montage aller Arten von Packs und Modulen, vom Prototyp bis zur Großserie, und bieten auch Lösungen für die Zellproduktion selbst an. Wir sind außerdem stark in die Produktion von Elektromotoren der nächsten Generation involviert, wie unsere Zusammenarbeit mit Nio in China zeigt. Unser Engagement für Innovation baut dabei stark auf dem Know-how unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf.

Welche neuen Märkte stehen bei Ihnen im Fokus?

Comau treibt die Innovation über den Automobil- und Elektromobilitätsmarkt hinaus voran, indem es fortschrittliche, digital gesteuerte Automatisierungstechnologien in verschiedenen Branchen einführt, darunter Logistik, Solarenergie und erneuerbare Wasserstoffenergie, Luft- und Raumfahrt und andere. Dazu gehören leistungsfähige mobile Robotik für unstrukturierte Umgebungen, wie in unserem gemeinsamen Projekt mit Fincantieri, einem mobilen Roboterschweißsystem für Schiffe, sowie leistungsfähige Lösungen, um die Einführung von Wasserstoff und Windenergie zu beschleunigen.

Was speziell den Wasserstoff betrifft, so besteht kaum ein Zweifel daran, dass die Erhöhung der Wasserstoffproduktionskapazität mit Brennstoffzellen und Elektrolyseuren einer der wichtigsten Wege ist, um die Einführung und Akzeptanz nachhaltiger Mobilität weltweit zu fördern. Wir wissen auch, dass für eine solche Masseneinführung der Produktionsprozess skalierbar werden und der Preis sinken muss. Comau hat sich verpflichtet, beides zu erreichen. Wir arbeiten daran, die Produktion zu industrialisieren, indem wir unser eigenes Portfolio an Lösungen anbieten, die in der Lage sind, wichtige Produktionsschritte wie Zellvorbereitung, Stapeln, Komprimieren, Schweißen, Lecktests und vieles mehr zu automatisieren. Dies wird es den Energieversorgern ermöglichen, die Produktionsmengen zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität des hochpräzisen Prozesses zu verbessern.

Nochmal kurz zurück zu Fincantieri. Was steckt hinter der Zusammenarbeit?

Unsere Zusammenarbeit mit Fincantieri begann im Jahr 2021 mit dem Ziel, Produktionsprozesse zu verbessern und gleichzeitig auf den weltweiten Mangel an Fachkräften zu reagieren; beispielsweise an Schweißern. Dazu setzen wir Technologie und Innovation ein, um die Produktionsgeschwindigkeit, Qualität und Sicherheit bei arbeitsintensiven Schweißarbeiten zu erhöhen, wie unser gemeinsam entwickelter mobiler Schweißroboter MR4Weld zeigt. MR4Weld ist das erste, aber bei weitem nicht das letzte Ergebnis dieser Zusammenarbeit und stellt einen einzigartigen mobilen Roboter dar, der in der Lage ist, automatisierte Stahlschweißarbeiten an Yachten unterschiedlicher Größe in den Werften von Fincantieri durchzuführen. Diese Zusammenarbeit spiegelt unseren wachsenden Fokus auf hochmoderne mobile Robotik für unstrukturierte Umgebungen und die Bereitstellung hochmoderner und hochflexibler Lösungen für komplexe Produktionsszenarien wider. All dies resultiert aus unserer Überzeugung, dass es ein großes Potenzial für innovative Lösungen im Bereich der mobilen Robotik gibt.

Comau war außerdem Pilotpartner von Intrinsic bei der Entwicklung von Flowstate: Welche Vorteile hat die Zusammenarbeit für Sie und Ihre Kunden?

Die Zusammenarbeit mit Intrinsic basiert auf einer gemeinsamen Vision: die Entwicklung und den Einsatz von Robotik zu vereinfachen. Unsere Partnerschaft basiert auf dem gemeinsamen Ziel, die Reichweite der Robotik durch ein modernes Automatisierungsparadigma zu erweitern, das Robotikern und Entwicklern die Leistungsfähigkeit von KI und Software zur Verfügung stellt. Comau und Intrinsic ergänzen sich hervorragend und wir arbeiten gemeinsam daran, anspruchsvolle Roboteranwendungen für reale Kunden zu identifizieren, zu entwerfen, zu validieren und zu implementieren. Die Kombination unserer Expertise in Robotik, Systemintegration, Automatisierungssoftware und KI hat unsere Innovationsinitiativen beschleunigt und zu Flowstate geführt, dem ersten Produkt von Intrinsic für Entwickler und Lösungsanbieter. Was die Vorteile betrifft, so glauben wir, dass die Intrinsic-Plattform das Design, die Programmierung und die Neuprogrammierung von Roboterzellen erheblich beschleunigen wird, wodurch Unternehmen Hunderte von Stunden manueller Programmierung pro Projekt einsparen können.

Wie sehen hier die weiteren Pläne aus?

Wir werden unsere Synergien mit Intrinsic auch in Zukunft nutzen. Zunächst werden wir unser Know-how in der Weiterentwicklung der Robotik durch den Einsatz von Software und künstlicher Intelligenz weiter kombinieren, was für alle Branchen unerlässlich ist, insbesondere für jene, in denen der Automatisierungsgrad noch gering ist. Unser Ziel ist es, die Anwendung der Robotik in allen Märkten auszuweiten, in denen ein Roboter eine Aufgabe sicherer, für den Menschen weniger anstrengend, nachhaltiger und produktiver machen kann.

Was sind die Ziele von Comau für das laufende Jahr? Wie sehen die Zukunftsaussichten aus?

Wir wollen von dem schnell wachsenden Sektor der Industrieautomation profitieren, der derzeit ein jährliches Wachstum von mehr als 10 Prozent verzeichnet, wobei das Wachstum im Non-Automotive-Bereich noch stärker ausfällt. In dieser Hinsicht konzentriert sich Comau hauptsächlich auf drei Bereiche: Elektrofahrzeuge innerhalb und außerhalb des Automobilsektors, Wasserstoff und Lagerhaltung.

Ich glaube, dass wir sehr gut positioniert sind, um diese neuen Chancen zu nutzen, dank einer Reihe von Aspekten, die größtenteils einzigartig für Comau sind: unsere strategische Expertise in der Automatisierung für die Automobilindustrie, unsere Vorreiterrolle in der Elektrifizierung, die die gesamte Wertschöpfungskette umfasst, und unser unerschütterliches Engagement für Innovation. All dies, kombiniert mit unserem globalen Netzwerk von Niederlassungen, Kompetenzzentren und externen Einheiten wie Universitäten und Forschungszentren, ermöglicht es uns, unsere Kompetenzen nahtlos auf Wachstums- und Zukunftsmärkte auszuweiten.

Zudem wird Comau weiterhin interne und externe Schulungsinitiativen für Fachkräfte, junge Talente und Studierende über die Comau-Akademie anbieten, als Teil unseres Engagements, zukünftige Schulungsbedürfnisse zu antizipieren und innovative und stimulierende Bildungsprojekte zu entwickeln. Dazu gehören zielgerichtete, praxisorientierte Programme, die darauf ausgerichtet sind, den Bedarf an qualifizierten Fachkräften als Beschleuniger für Industrie 4.0 zu decken.

Weitere Informationen: www.comau.com

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