Die energieadministrativen Verpflichtungen bei Energie-Eigenversorgungs-Strukturen haben sich in der Vergangenheit deutlich verändert: Meldepflichten an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und Hauptzollamt, an die Bundesnetzagentur und die Eichbehörde, an den Verteilnetz- oder Übertragungsnetzbetreiber müssen teilweise monatlich und mehrfach geleistet werden. Ein lückenhaftes Messkonzept oder die fehlerhafte Datenübermittlung kann dabei mit drastischen Folgen verbunden sein.
„Wenn früher durch Fristversäumnisse lediglich Erstattungen oder Fördermittel verloren gingen, drohen heute im schlimmsten Falle satte Nachforderungen“, mahnt Wilhelm Stock. Bei einem irrtümlich angenommenen oder aberkannten „Eigenversorger-Status“ zahlen Betroffene unter Umständen für viele Jahre die volle EEG-Umlage nach, deren Höhe leicht siebenstellige Eurobeträge erreichen könne. „In solchen Fällen drohen in Haftungsfragen auch persönliche Risiken für die Geschäftsleitungen“, weiß der Energierechtsexperte und warnt vor zahlreichen Fallstricken.
Finanzielle Risiken für Unternehmen entstehen insbesondere deshalb, weil die oftmals mit der Gesamtheit der Energiethemen betrauten Technischen Leiter für die zusätzlichen Aufgaben weder über den entsprechenden Ausbildungs- und Tätigkeitsschwerpunkt, und schon gar nicht über die notwendige zeitliche Ressourcen verfügen. Sie sollen neben ihrem Kerngeschäft komplexe Vertrags- und Verteilungsstrukturen im Blick behalten und die sich kontinuierlich verändernden Bestimmungen zuverlässig erfüllen.
Viele Fallstricke in Unternehmen
Dabei schlummern viele Fallstricke in Unternehmen, ohne dass diese davon wissen. So werde in der Regel selten die EEG-Umlage bei regelmäßigen Testläufen von Netzersatzanlagen abgeführt, weiß der Diplom-Ingenieur. Ein Unternehmen wird als Elektrizitätsversor- gungsunternehmen im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eingestuft, sobald es einen Dritten mit Strom versorgt, ohne dass es hierfür eines Antrages oder Bescheides bedarf. So entdecken Fachleute wie Wilhelm Stock regelmäßig fehlerhafte Angaben: Auch eine unentgeltliche Weitergabe von Strom stelle eine Stromlieferung dar, womit grundsätzlich der Status eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens vorliege. Vorsicht sei auch bei einer Holding-Struktur mit 100%igen Töchtern geboten. Dort liege keine Eigenversorgung im Verhältnis zwischen Mutter- und Tochterunternehmung vor, wenn die Unternehmen nicht die selben sind. Energierechtlich liegt nicht die gesellschaftsrechtliche Betrachtung zugrunde, sondern die formal-juristische – sobald eine der Töchter anders firmiert als die Mutter- oder Schwestergesellschaft, liegt eine „Energielieferung an Dritte“ vor und die EEG-Umlage wird in voller Höhe fällig.
Messtechnische Voraussetzungen oft nicht vorhanden
Häufig treten Verstöße gegen eichrechtliche Vorschriften auf, oder gegen energie- beziehungsweise stromsteuerliche Vorgaben – etwa wie die Nichtzahlung von Abgaben, die auch auf eigenerzeugte Strommengen abzuführen wären. Selbst bei kleineren Anlagen kann das im Laufe der Jahre zu hohen Nachzahlungen führen. Darüber hinaus haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Eigenversorgung mit dem EEG (2017) noch einmal verschärft, so dass die vorhandenen Messstrukturen oft nicht mehr ausreichen. „Eigenerzeugung und Eigenverbrauch müssen im selben Viertel-Stunden-Messzeitraum erfolgen“, bemerkt Wilhelm Stock. Diese messtechnischen Voraussetzungen zum Nachweis für die EEG-Befreiung seien aber oft gar nicht vorhanden. Viele Unternehmen mit Strom-Eigenversorgung stehen zudem vor großen Herausforderungen, weil sie energierechtlich mehrere Marktrollen besetzen. Diese können sein: Letztverbraucher, Lieferant, Messstellen- oder Netzbetreiber, Eigenerzeuger sowie Strom- und Energiesteuerschuldner.
Behörden schließen Datenlücken
Nach Ansicht der meisten Energierecht-Experten sollten insbesondere ältere – vor 2014 in Betrieb genommene – Eigen-Stromversorgungsstrukturen überprüft werden. Der Gesetzgeber schließt aktuell kontinuierlich Datenlücken. Dabei geht es um eine flächendeckende Erfassung von Stromerzeugungsanlagen und der Überprüfung von Eigenversorgungskonstellationen, die bis Mitte 2014 in der Regel EEG-Umlage frei waren.