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Ein Haus voller Ideensprudler

Mehr Produktivität mittels Prozessoptimierung
Ein Haus voller Ideensprudler

KVP I Bei dem technischen Bürstenhersteller Mink werden Mitarbeiter mit der Qualitätsmanagement-Methode KVP in der eigenen Akademie zur stetigen Verbesserung der Arbeitsprozesse angeregt. 2014 stieg so die Produktivität um 12 %. §

Autor: Nora Nuissl

Die meisten der 385 Mitarbeiter der August Mink KG, einem mittelständischen Familienunternehmen, das sich auf die Herstellung technischer Bürsten spezialisiert hat, haben in den vergangenen Jahren ihre eigenen Erfolgsmomente erlebt. Die Herstellung technischer Bürsten ist sehr komplex und umfasst von Daumennagel-großen Produkten bis hin zu meterlangen Bürstenwalzen alle Facetten. Dabei ist der Produktionszyklus kleiner Bürsten schneller und stärker an einen sehr gut organisierten beziehungsweise optimierten Arbeitsablauf gekoppelt. Wenn in der Vergangenheit Arbeitsabläufe an den Maschinen durch unterschiedliche Parameter teilweise nicht harmonierten, so sind die Arbeitsplätze heute nahezu optimal gestaltet. Unnötiges Bücken oder Laufen sowie das Vermeiden überflüssiger Arbeitsschritte gewährleisten nicht nur eine reibungslose und schnellere Produk- tion, sondern bieten auch ein deutlich entspannteres Arbeiten für die Mitarbeiter.

Viele kleine und große Ideen wurden bei Mink bereits umgesetzt. Der Vorreiter moderner Faser- und Bürstentechnologie hat sich den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) zum Ziel gesetzt. KVP kann mit dem japanischen Kaizen verglichen werden, das aus den Qualitätsbewegungen der 1950er-Jahre entstanden ist. In Deutschland hat die Denkhaltung ursprünglich vor allem in der Fertigung und Montage in der Automobil-industrie eine Rolle gespielt, bis sie sich in alle Wirtschafts- und Arbeitsbereiche ausgebreitet hat. Heute ist KVP ein typisches Merkmal mitarbeiterorientierter Unternehmenskultur. Dabei durchleuchten Beschäftigte ihre täglichen Arbeitsprozesse und entdecken so Verbesserungspotenziale in den Bereichen Produkt-, Prozess- und Servicequalität. Mit stetigen kleinen Verbesserungen wird die Wettbewerbsfähigkeit und besonders das Qualitätsmanagement des Unternehmens gestärkt.
„Akzeptanz für KVP bei den Mitarbeitern zu schaffen, war anfangs nicht immer einfach“
Nach ersten Gesprächen mit einzelnen Mitarbeitern spürten die Verantwortlichen eine gewisse Skepsis gegenüber dem Vorhaben der kontinuierlichen Verbesserung, erinnert sich Michael Müller, Geschäftsführer für Technik und Einkauf. Daraufhin wurde die Belegschaft durch unterschiedliche Informationsveranstaltungen von der Chance zur Kosten- und Zeitersparnis sowie der Möglichkeit zur Verbesserung ihres eigenen Arbeitsplatzes überzeugt. Mithilfe des Versprechens der Geschäftsleitung, durch die KVP-Maßnahmen keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, wurden auch die letzten Zweifel ausgeräumt. Bei Mink wird KVP seit 2006 intensiv und erfolgreich gelebt.
Der Bürstenhersteller aus Göppingen bietet heute ein vielfältiges Sortiment von mehr als 250 000 Bürsten- varianten für unterschiedliche Anwendungen und Branchen an: von der schonenden Reinigungs- und Fixier- lösung für die Möbelindustrie oder Werkzeugmaschine bis hin zur Transportbürste und Designelementen. Rund 80 % der Bürsten sind Sonderanfertigungen. Deshalb ist es laut Müller wichtig, dass sich jeder Mitarbeiter in der Produktion Gedanken macht, wie er Prozesse und im Idealfall das Produkt selbst effizienter gestalten kann. „Es geht nicht nur darum, Arbeitsabläufe im Unternehmen zu verbessern, sondern wir wollen den Mitarbeitern die Arbeit auch vereinfachen“, betont Christian Ott, Leiter Prozessoptimierung und der Mink-Akademie.
2007 entstand aus KVP in der Fertigung der Gedanke zur Verankerung des Ideenmanagements in allen Bereichen. „Wir haben erkannt, dass unnötige Verschwendung in der Verwaltung und der Produktion vermieden werden kann, vor allem aber Weiterbildungsangebote wesentliche Faktoren für den Erfolg von Mink sein werden“, begründet Daniel Zimmermann, Geschäftsführer und zuständig für den Bereich Personal und Finanzen. Daher wurde eine Plattform zur Qualifizierung und Sensibilisierung der Belegschaft gegründet: die Mink Akademie. Christian Ott leitet heute die unternehmenseigene Ausbildungsstätte, in der interne und externe Weiterbildungsseminare sowie projektbezogene Workshops in regelmäßigen Abständen für alle Mitarbeiter angeboten werden.
„Schulungen sind das Mittel, um die Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern“, erklärt Ott. Jeder Neubeschäftigte, auch Zeitarbeiter, wird in die Mink-Kultur eingebunden. Im ersten Halbjahr der Beschäftigung durchläuft jeder Mitarbeiter mindestens ein Standardseminar zu den Themen Qualitätsmanagement und KVP/Unternehmenskultur. Insgesamt werden im Unternehmen 50 bis 60 Seminare pro Jahr angeboten und erreichen jährlich etwa die Hälfte der Mitarbeiterschaft. Zur Auswahl stehen Einweisungen in Arbeitsprozesse und IT-Systeme, spezielle Produktionsworkshops, Kurse zur Qualitätssicherung oder Teamleiter- und Führungskräfteentwicklung, Seminare zur Kundenorientierung, aber auch Umfangsformen im Berufsalltag werden gelehrt. Der Praxisbezug steht bei den Schulungen im Vordergrund. „Wir wollen in der Akademie ein Verständnis füreinander schaffen. Daher bringen wir Mitarbeiter zusammen, die nicht täglich miteinander zu tun haben, etwa Mitarbeiter aus der Produktion und der Verwaltung. Dann werden Probleme konkret angesprochen und wir finden schnell und einfach Lösungen – ohne Bürokratie“, erläutert Ott.
Ein besonderes Highlight ist die Plattform „Mink Plus“, die dieses Jahr eingeführt wurde. Dort können Mitarbeiter von Mitarbeitern lernen. Beispielsweise bieten Excel-erfahrene Arbeitskräfte Schulungen für das Office-Programm an. Die Akademie promotet diese Seminare intern und stellt den Arbeitsraum zur Verfügung. Auch Freizeitveranstaltungen wie ein Staplercup oder der B2Run-Firmenlauf zählen zum Repertoire der Plattform. „Damit werden vor allem die Zusammenarbeit und Teambildung gefördert, was ebenfalls sehr wichtig ist“, weiß der Akademieleiter.
KVP zahlt sich aus: 12 % mehr Produktivität in 2014 bei einer Reklamationsquote von weniger als 0,2 %
Das Konzept geht auf – für das Unternehmen wie die Mitarbeiter. Geschäftsführer Daniel Zimmermann ist stolz auf das bisher Erreichte: „Seit der Einführung der Mink Akademie und KVP konnte die Reklamations- quote auf weniger als 0,2 % des Umsatzes reduziert werden.“ Außerdem habe sich die Liefertermintreue von rund 85 % im Jahr 2006 auf heutige 98 % gesteigert. Allein im Jahr 2014 hat die Produktivität um 12 % zugenommen. Die Motivation der Mitarbeiter habe sich außerdem deutlich gesteigert, obwohl die jeweiligen Verbesserungsvorschläge nicht zusätzlich honoriert werden.
„Es ist wichtig, fair zu bleiben. Und während es in manchen Bereichen des Unternehmens viel Verbesserungspotenzial und dementsprechend viele Ideen von Mitarbeitern zur Verbesserung gibt, werden andere Prozesse bereits sehr gut umgesetzt und es gibt kaum Möglichkeiten zur Steigerung“, erklärt Ott. Vorschläge von Mitarbeitern werden auf Infoboards in den Besprechungsräumen ausgehängt. Die Räume sind voller Tafeln,gespickt mit bereits umgesetzten und künftigen Verbesserungsideen für jeden Unternehmensbereich sowie mit Statistiken und den aktuellen Bearbeitungsständen der laufenden Projekte. Zum einfachen Vergleich zeigen Smileys, wie gut die eigens gesetzten Ziele erfüllt werden. „Ein wenig Druck für Innovationen soll da sein“, schmunzelt Müller.
Das Ideensprudeln der Mink-Mitarbeiter wurde 2014 mit dem Bildungspreis der deutschen Industrie- und Handelskammern ausgezeichnet. In der Kategorie „50 bis 500 Mitarbeiter“ wählte die Preisjury das Unternehmen August Mink auf den ersten Platz. Zukünftig sieht Zimmermann noch viel Potenzial in der Mink Plus-Plattform. „Auch die Individualisierung von Standardseminaren wird wichtiger werden. Wir wollen einzelne Schwachstellen noch besser erkennen und in Spezial- seminaren zusammenführen“, prognostiziert Ott. •

Hinter die Bürste geschaut
Die August Mink KG, bekannt unter dem Markennamen Mink Bürsten, ist laut eigenen Angaben Weltmarktführer in dem Bereich der Bündelbeborstung. Das Unternehmen:
  • wurde 1845 als Bürstenbinderei von August Mink in Stuttgart gegründet.
  • ist eine mittelständische Kommanditgesellschaft mit drei Werken am heutigen Stammsitz in Göppingen-Jebenhausen.
  • wird, mit derzeit 385 Mitarbeitern (12 % Auszubildende), von dem Geschäftsführer-Trio Andreas Fuchs, Michael Müller und Daniel Zimmermann geleitet. Geschäftsführender Gesellschafter ist Peter Zimmermann.
  • erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2014 einen Netto-Jahresumsatz von mehr als 43 Mio. Euro, 8,5 % des Umsatzes flossen in F&E.
  • beliefert mehr als 23 000 Kunden weltweit in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau sowie im verarbeitenden Gewerbe mit jährlich rund 8 Mio. Bürsten.
  • hat 2007 seine eigene Akademie gegründet, in der die Mitarbeiter mit Fokus auf kontinuierliche Verbesserungsprozesse intern qualifiziert werden. Das Ziel eines jeden Workshops sind fünf bis zehn Verbesserungsvorschläge, die von den Mitarbeitern im Anschluss direkt umgesetzt werden. (nu)

  • Schulungen sind das Mittel, um die Mitarbeiter zu motivieren und zu begeistern.“
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