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Emotionen sind die Schnellstraßen im Gehirn

Verkaufsförderung: Schritte zu mehr Umsatz
Emotionen sind die Schnellstraßen im Gehirn

Verkäufer erklärungsbedürftiger Industrieprodukte und -anlagen begehen immer wieder dieselben Fehler. Wer sie abstellt, erhöht seine Auftragschancen um bis zu 30 Prozent. „Verkaufen über Visionen oder Emotionen“ ist die Zauberformel. Denn nur wenige Kunden interessieren sich in Wahrheit für technische Details. Menschen wollen Probleme lösen.

Edmund Grandl ist deprimiert. Erneut hat der Chef-Verkäufer eines Solarmodulherstellers einen sicher geglaubten Auftrag verloren. Immer häufiger erlebt der Ingenieur, dass seine Angebote zwar preislich attraktiv sind – er landet immer unter den letzten drei Anbietern. Doch zum Vertragsabschluss kommt es nicht. Wie ihm geht es vielen Verkäufern.

Gerade Hightech-Unternehmen haben oft Defizite, wenn es darum geht, Waren und Dienstleistungen an den Mann zu bringen. Weil hochtechnologische Anlagen, Maschinen und Werkzeuge äußerst komplex in Aufbau und Verarbeitung sind und oft individuell entwickelt und hergestellt werden, neigen Firmen dazu, beim Kunden nur auf die technischen Aspekte der Produkte abzuheben. Ein Fehler. Das sagt zumindest Jürgen Frey. Der Vertriebsexperte und Buchautor aus Giengen an der Brenz berät seit zehn Jahren Unternehmen und beobachtet, dass Verkäufer von erklärungsbedürftigen Industrieprodukten und -anlagen immer wieder dieselben Fehler begehen. Wer sie abstellt, erhöht seine Auftragschancen um bis zu 30 Prozent.
Frey nennt das „Verkaufen über Visionen“. Nur wenige Kunden interessieren sich in Wahrheit für technische Details. Menschen wollen Probleme lösen. Auf den Alltag übersetzt bedeute das: Entscheider wollen den Umsatz steigern, Arbeitsabläufe effektiver gestalten, Kosten senken oder sich selbst profilieren. „Ein guter Verkäufer muss herausstellen, wo und wie seine Ware dem Kunden hilft, besser zu werden“, verdeutlicht der Wirtschaftsingenieur.
Das Spritzgießunternehmen PVS aus Niedernhall hat dies durch den Einsatz des Managementwerkzeuges „Temp-Methode“ erkannt. Statt bis ins letzte Detail ausgefeilte Angebote zu tippen, veranstaltet PVS einen Kundenworkshop. „Wir hören genau hin, was unsere Kunden wirklich brauchen, um effektiver zu arbeiten oder ihr Image zu verbessern“, erzählt Geschäftsführerin Christina Bauer. Im April trafen sich PVS-Ingenieure mit Einkäufern und Technikern eines Großkunden. Im Workshop stellte sich heraus, der Ventilatorenhersteller verspricht sich mit moderner „Green Technology“ wichtige Wettbewerbsvorteile. Für PVS bedeutet diese Entwicklung hin zu einem grüneren Image, nach umweltfreundlichen Rohstoffen zu suchen, statt wie bisher Thermoplaste einzusetzen. „Der Auftrag lautete: Weg vom Öl als Ausgangsprodukt“, sagt Jürgen Frank, der als technischer Geschäftsführer die Entwicklung verantwortet. Diese Entscheidung des Kunden hätte PVS so schnell nicht erfahren, hätte nicht der direkte Dialog stattgefunden.
Vertriebsprofi Frey sieht noch einen zweiten Ansatz. Neben PVS denke auch der Lüftungsspezialist über neue Vertriebsstrategien nach. „Besetzt das Unternehmen als erster das Feld des umweltfreundlichen Herstellers, verkauft er über Emotionen“, erklärt der Berater. Emotionen seien die Schnellstraße im Gehirn. Verknüpft mit Bildern oder Erfahrungen verankere sich ein Produkt viel eher im Kopf von Einkäufern. Maschinen- und Anlagenbauer sollten hier von Vorbildern, etwa aus der Automobilindustrie, lernen: Porsche verkauft keine PS, sondern Status und Macht, so der Buchautor.
Gelungen ist dies der Robert Bürkle GmbH aus Freudenstadt. In der 90-jährigen Firmengeschichte baute der Spezialist für Pressen- und Laminieranlagen bereits vor Jahrzehnten Maschinen für die Holz-, Plastikkarten- und Leiterplattenindustrie. Als Mitte dieses Jahrzehnts das Geschäft mit der Sonnenenergie los ging, war Bürkle mit einem gelben Mehretagen-Laminator am Start. Die Anlagen stellen Solarmodule her. Das besondere daran: Neben der ausgefeilten Produktionstechnologie sorgte die von einem Industriedesigner gestaltete Verkleidung branchenweit für Furore. Heute gilt Bürkle mit seiner sonnengelben Maschine als Pionier der Mehretagentechnologie und erzielt ein Drittel seines Umsatzes im Photovoltaikmarkt.
Michael Sudahl Journalist in Stuttgart

Weitere Tipps für mehr Umsatz

  • Der moralische Vorvertrag: Frage den Interessenten, welches Produkt er genau für wie viel Euro zu welchem Termin geliefert haben möchte. Wiederhole seine Aussage und frage, wenn alles erfüllt ist: „Bekomme ich einen Probeauftrag?“ Schreibe ihm daraufhin ein Angebot, das exakt seinen Vorstellungen entspricht und wie eine Auftragsbestätigung wirkt. Und die Auftragschancen steigen, weil sich der Kunde verpflichtet fühlt.
  • Sprich die Sprache des Kunden: Weg mit Standard-Angeboten. Wer einen Juristen überzeugen will, muss die Rechtssprechung kennen. Wer ein Werkzeug verkaufen will, muss um die Belange des Facharbeiters wissen. Fachchinesisch ist verboten. Nur wenn der Interessent fühlt, dass der Verkäufer ihn und seine Wünsche ernst nimmt, wird er kaufen.
  • Folgen des Nichtkaufens: Wer eine Maschine nicht anschafft, kann nicht von der Produktivitätssteigerung profitieren. Wer Leitungen nicht erneuert, schadet der Maschinenelektronik. Verpasste Chancen gibt es unzählige, zeige Konsequenzen auf.
  • Fordere zum Handeln auf: Wer nur ein Angebot abgibt, erreicht nichts. Fordere den Kunden zum Handeln auf. Etwa ein Muster zu bestellen, sich anzumelden, eine Probelieferung zu testen, ein Dokument herunterladen. Tritt dann mit ihm in den Dialog, der Pfad ist aktiviert, weil er durch seine Aktion Interesse signalisiert. Quelle: Jürgen Frey
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