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Fachfremde Ingenieure brauchen Andock-Punkte

arbeitsmarkt: alternativen zum maschinenbauer
Fachfremde Ingenieure brauchen Andock-Punkte

Fachfremde Ingenieure brauchen Andock-Punkte
Die Ingenieursausbildung kennt viele Fachdisziplinen. In der Automobilindustrie etwa haben fachfremde Absolventen mit Affinität zum Fahrzeugbau Einstiegschancen Bild: Volkswagen Im Oktober 2008 zeigte sich bundesweit eine Lücke von insgesamt 74 127 Ingenieuren. Am stärksten betroffen sind Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern Bild: VDI, BA
Breit ist die Spanne der Fachrichtungen im Ingenieurstudium. Das Hütten- und Gießereiwesen ist eine weniger bekannte Disziplin, die Medizintechnik schon eher. Fachfremde Ingenieure haben jetzt durchaus Chancen, weil der Markt für Maschinenbauer leergefegt ist.

Das Statistische Bundesamt ist immer wieder für eine Überraschung gut. Dass Maschinenbau-, Elektrotechnik- und Wirtschaftsingenieure zu den begehrtesten Fachrichtungen gehören, ist keine große Neuigkeit. Das erleben Unternehmen und Ingenieure dieser Fachrichtungen Tag für Tag. Wenngleich Maschinenbau-Ingenieure die größte Gruppe sind, so gibt es doch viele andere Spezialisierungsrichtungen – die eventuell eine Alternative für diejenigen sind, die ohnehin alle suchen. Auf Anfrage nach Studenten- und Absolventenzahlen nennt das Statistische Bundesamt auf Anhieb mehr als 50 unterschiedliche Ingenieurdisziplinen. Wahrscheinlich gibt es sogar noch mehr.

Eine davon ist die Ingenieurarchäologie. Sie gehört mit ihren 56 Studenten im Wintersemester 2007/2008 zu den ganz kleinen Fachrichtungen. Im Hütten- und Gießereiwesen sind es schon 700, in der Kunststofftechnik 1300 und in der Gesundheitstechnik fast 5000. Gegen die 77 500 Studenten, die im Maschinenbau eingeschrieben waren, sind das wenig. Das Spiegelbild zu den Studentenzahlen ist der Bedarf in der Wirtschaft. Siemens hat im vergangenen Jahr in Deutschland rund 2000 Ingenieure eingestellt. Ein Viertel davon hatte einen Abschluss in der Elektrotechnik, 17 % im Maschinenbau und die drittstärkste Gruppe mit 13 % waren schon die ‚Sonstigen’. Das bedeutet: bei Siemens haben auch diejenigen aus weniger bekannten Ingenieursfachrichtungen gute Chancen auf einen Job. Allerdings brauchen sie einen „Andock-Punkt“, wie das Dr. Frank Stefan Becker formuliert. Er ist bei Siemens für Hochschulthemen zuständig.
Rund 2000 offene Stellen für Ingenieure und Naturwissenschaftler hat Siemens derzeit allein in Deutschland. In den Bereichen Technical-Service, Engineering sowie Sales und Marketing sind die meisten Jobs zu vergeben. Medizintechnik ist einer der Siemens-Geschäftsbereiche, allein schon deshalb haben Ingenieure der Medizintechnik gute Einstellungschancen. Dasselbe gilt für Bauingenieure, also die Fachrichtung, mit der höchsten Arbeitslosenquote unter den Ingenieuren. Sie werden beispielsweise für das interne Gebäudemanagement oder im Kraftwerksbau eingesetzt. „In dem Fall sollten sie allerdings zumindest grundsätzliche Ahnung von der Energiegewinnung in Kraftwerken haben, was für den Bau der Anlagen unerlässlich ist“, so Becker. Das ist ein Beispiel dafür, wie fachfremde Ingenieure sich andocken können.
In einem Konzern wie Siemens, der ein breites Produktportfolio abdeckt und weltweit 130 000 Ingenieure beschäftigt, sind die Chancen für Absolventen nicht so bekannter Ingenieursfachrichtungen logischerweise deutlich höher, als in kleinen Firmen oder in Unternehmen, die ausschließlich für eine Branche arbeiten. Michael Hampel ist Leiter Personal und Organisation bei German Intec in Heilbronn. German Intec ist ein Anbieter für Produkt-, Prozess- und Produktions-Leistungen in der Automobilindustrie und hat rund 170 Mitarbeiter. „In unseren Rekrutierungsbemühungen stoßen wir auch immer wieder auf Bauingenieure, die allerdings aufgrund fehlender spezifischer Produktkenntnisse regelmäßig abgelehnt werden“, sagt Hampel. Ingenieure der Luft- und Raumfahrtechnik seien dahingegen willkommen. „Die fachspezifischen Erfordernisse aus den Bereichen Luft- und Raumfahrt sind oftmals mit Fahrzeugtechnik in hohem Maße identisch“, begründet er. Weil German Intec auf Kunststoff spezialisiert ist, haben auch Ingenieure der Kunststofftechnik mit Affinität zum Fahrzeugbau durchaus Einstiegschancen.
Da ist er wieder, der von Siemens bereits bekannte Andock-Punkt, der auch auf Vermessungsingenieure zutreffen kann, die bei einem Hersteller von Navigationssystemen unterkommen können oder Ingenieure der Nachrichtentechnik, die in einer Firma einsteigen wollen, die Unterwasserkabel für die Meere entwickelt und produziert. Laut VDI sind übrigens Spezialisten für die Nachrichtenübermittlung am leichtesten zu finden.
Dr. Michael Schanz, der im Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) für die Ingenieurausbildung zuständig ist, meint, dass jeder Ingenieur aufgrund seiner Ausbildung prinzipiell in der Lage ist, sich in ein benachbartes Ingenieurfach hineinzufinden: „Eine Voraussetzung, dass Ingenieure sich in die Aufgabengebiete anderer Disziplinen einarbeiten können, ist das Fundament der höheren Mathematik und Physik, was in den meisten Disziplinen im Studium gelegt wird und zu ähnlichen Denkweisen und Systematiken führt.“ Für ihn gibt es viele Andockpunkte unter den fachfremden Ingenieurskollegen in den Grundlagen und auch welche in den Anwendungen.
„Wenn es darum geht, Maschinen zu konstruieren, dann muss man das von Grund auf gelernt haben“, meint Dr. Susanne Krebs aus dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) Jedoch könnten Bauingenieure ihrer Meinung nach auch durchaus für Unternehmen interessant sein, die Baumaschinen entwickeln und produzieren. Für sie ist klar: „Die Vertreter von weniger bekannten Fachrichtungen haben vor allem in großen Unternehmen eine Chance, über Zusatzqualifikationen eine Anstellung zu finden. Kleine Betriebe können es sich kaum leisten, Fachfremde zeit- und kostenintensiv einzuarbeiten oder umzuschulen.“
Peter Ilg Journalist in Ellwangen
Ingenieure für Luft- und Raumfahrt sind willkommen
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