Finanzierung | Schuldscheindarlehen sind für viele mittelständische Unternehmen eine interessante Ergänzung zum Bankkredit. Gerade für diese Zielgruppe bieten sie überdies verschiedene Vorteile gegenüber Anleihen. Voraussetzungen sind ein Finanzierungsbedarf in ausreichender Höhe und eine gute Bonität.
Christoph Zender Leiter Corporate Capital Markets der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Stuttgart
Schuldscheindarlehen werden manchmal als entfernte Verwandte der Unternehmensanleihe bezeichnet. Die Verwandtschaft beschränkt sich aber im Wesentlichen darauf, dass es sich in beiden Fällen um Fremdkapitalinstrumente handelt, die kapitalmarktorientiert vermarktet werden.
Anders als Anleihen sind Schuldscheindarlehen nämlich ihrem Wesen nach keine Wertpapiere, sondern Kredite, deren Verträge mit einer Gruppe von Investoren abgeschlossen werden. Deshalb bestehen für den Emittenten keine Prospektpflicht und auch keine besonderen Veröffentlichungspflichten. Dagegen gehören bei Anleiheemittenten in der Regel eine Rechnungslegung nach IFRS sowie eine kapitalmarktorientierte Kommunikation zum Pflichtprogramm. Diese Anforderungen sehen viele Mittelständler nicht nur wegen der hohen Kosten, sondern auch wegen der geforderten Transparenz als problematisch an.
Beim Schuldscheindarlehen fertigen die arrangierenden Banken regelmäßig spezielle Unternehmensanalysen (sogenannte Emittentenporträts) im Rahmen des Informationspakets an, die den Investoren – häufig gegen besondere Vertraulichkeitsverpflichtungen – zur Verfügung gestellt werden. Diese „kontrollierte Transparenz“ ist für viele Schuldscheinemittenten eine wichtige Erfahrung und ein erster Schritt auf dem Weg zum Kapitalmarkt.
Obwohl hinter Schuldscheindarlehen ein standardisiertes Konzept steckt, das mit einer sehr einfachen und flexiblen Dokumentation den Aufwand der Emissionsvorbereitung gering hält, können die Emissionen sehr flexibel strukturiert werden. Dadurch eignet sich das Schuldscheindarlehen sowohl für die mittel- und langfris- tige Basisfinanzierung als auch für die Finanzierung künftigen Wachstums. So ist es beispiels- weise möglich, Emissionen in Tranchen mit fixer und variabler Verzinsung, verschiedenen Laufzeiten und sogar verschiedenen Währungen aufzuteilen. Bei den Volumen gelten Beträge im niedrigen zweistelligen Millionenbe-reich als Untergrenze.
Aufgrund der maßgeschneiderten Strukturierung dauert die Umsetzung einer Emission in der Regel rund zehn bis zwölf Wochen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktverhältnisse liegen die Zinsen bei Schuldscheindarlehen momentan leicht unter denen klassischer Kredite. Zudem gewinnen die Unternehmen Planbarkeit und Sicherheit durch mittel- bis langfristige Laufzeiten und erschließen sich neue Geldgeber, stellen also ihre Finanzierung auf eine breitere Basis. Nicht zuletzt müssen Unternehmen für Schuldscheindarlehen, anders als für einen Kredit, keine dinglichen Sicherheiten anbieten. Im Gegenzug wird von den Investoren allerdings meist eine hohe Bonität (optimalerweise Investment Grade) gefordert.
Aufgrund dieser besonderen Eigenschaften ist das Schuldscheindarlehen kein direkter Konkurrent zum Kredit oder zur Anleihe, sondern ein Komplementärprodukt. Vor allem aufgrund seiner Flexibilität kann es einen wichtigen Beitrag zu einem Finanzierungsmix leisten, der optimal zur Strategie des Unternehmens passt. •
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